Der Mime. Wilhelm Walloth
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Название: Der Mime

Автор: Wilhelm Walloth

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ fiel sodann auf den grinsenden Zwerg und huschte von dieser widerlichen Fratze hinüber nach dem Fenster das so einladend draußen die Freiheit, die mondblaue Nacht, den tiefen Frieden der Natur zeigte. Welcher Gegensatz! Wer jetzt da draußen weilen dürfte! Wer Flügel hätte, um durch das Fenster zu entkommen!

      Erst nach einer längeren Pause erhob sich der Kaiser, ließ einen Sklaven kommen, dem er die Flamme des Candelabers zu schüren befahl und setzte sich dann auf den neben dem Bette stehenden Sessel.

      Der Sklave war gegangen, der Zwerg lehnte sich an die Bettstelle, der Kaiser saß noch immer schweigend, als habe er vergessen, daß sich Paris im Gemach befinde. Endlich, nachdem er einige Zeit nach Worten gesucht, sagte er, den Kopf tief zur Erde gebückt: »Du bist stolz, Paris!«

      Paris, der sich allmälig wiedergefunden, war erstaunt über die Milde des Herrschers. Er athmete erleichtert auf.

      »Hoher Herr, was ist der Mensch, wenn du ihm alle Achtung vor sich selbst nimmst? Gleicht er alsdann nicht dem Thiere?«

      Domitian nickte. Die Art, in der der Mime sprach, nöthigte ihm unwillkürlich Achtung ab, er fühlte, daß er es hier nicht mit einem verblasenen Schwindler, sondern mit einem Manne zu thun hatte, der im Gefühl seines Werthes fest auf seinen Füßen steht und dem deshalb mit Strenge nicht beizukommen ist. Grade die Mischung von anschmiegender Weichheit und herber Festigkeit gefiel dem düstern, menschenscheuen Fürsten.

      »Ich sage auch nicht, daß ich dir deine ablehnende Antwort verüble,« erwiderte er ruhig, fast träumerisch, »ich müßte lügen, wollte ich nicht gestehen, daß mir dein Trotz in gewissem Sinne gefällt. Ich verachte freilich dein Handwerk, du selbst scheinst mir indeß nicht verächtlich.«

      Domitian erhob sich, nachdem er dies gesagt und schritt, den Thürvorhang hebend, ohne sich zu entschuldigen, in das nächstfolgende Gemach, in welchem Silius, der Hauptmann, Wache hielt. Sein Plan war entworfen, dies mußte ihm, wenn auch nicht völlige Gewißheit, doch einen klaren Einblick in das Verhältniß der beiden verschaffen.

      »Silius,« flüsterte der Kaiser.

      Silius trat auf den Zehen herzu.

      »Ich hoffe, du bist verschwiegen,« flüsterte der Kaiser ein wenig erregt. Der Hauptmann legte die Hand auf die Brust und wollte seine Verschwiegenheit betheuern. Domitian unterbrach ihn jedoch.

      »Gehe! Gieb im linken Flügel des Palastes sofort den Befehl, daß Domitia geweckt werde,« hauchte er dem erstaunten Soldaten inʼs Ohr. »Gründe giebst du keine an! Domitia solle vor mir erscheinen, ich wünsche es.«

      Der Hauptmann entfernte sich sogleich, indeß ihm der Kaiser noch einige Schritte folgte.

      Während dieses kurzen Zwiegesprächs hatte sich der Zwerg Antonius dem Tänzer zu nähern gesucht. Paris, aus seinen Gedanken gerissen, sah fast erschrocken auf den Verwachsenen herab, der zu ihm hingekrochen war und ihm allerlei zuflüsterte, auf das er nicht hörte, sondern es zerstreut mit. Kopfnicken beantwortete.

      Nun, da Domitian wieder in dem Gemach erschien, zog sich der Zwerg zurück, indeß Paris überlegte, was wohl das Geflüster im anstoßenden Gemache bedeuten werde.

      »Will er mir wohl oder haßt er mich?« frug sich der Tänzer, »und wird er wohl bald den wahren Grund meines Hierseins berühren?«

      Als jetzt der Kaiser, die Hände auf dem Rücken, im Gemache auf- und niederschritt, ahnte Paris, auf welche Gegenstände sich nunmehr das Gespräch lenken werde und bereitete sich einstweilen im Geiste vor, Domitian ja keine anstößigen Antworten zu geben.

      »Gestehe mir eins,« begann der Kaiser in leutseligem Tone, im Gemache auf- und abschreitend, »bist du wirklich den Weibern so gefährlich, Paris?«

      »Ah! nun kommtʼs,« dachte der Mime, hustete einmal erregt und machte mit dem Fuße eine hastige Bewegung.

      »Ich glaube, hoher Herr,« entgegnete er mit feiner Betonung. »ich glaube, es verhält sich umgekehrt, die Weiber werden mir gefährlich.«

      Domitian streifte ihn mit einem verwunderten Seitenblick und fuhr sich über die kahle Stirn.

      »Beim Zeus!« sagte er lachend, »du triffst das Richtige. Aber sprich! Wie viele Liebesabenteuer bestehst du monatlich?«

      Paris, der hinter der humoristischen Behandlungsweise dieses Gegenstands den tiefen Ernst des Kaisers wohl herausklingen hörte, nahm sich zusammen.

      »Herr,« sagte er, unwillkürlich seiner Eitelkeit ein wenig nachgebend, »wollte ich allen Anerbietungen folgen, beim Zeus! ich müßte ein Gott sein, denn meiner Menschlichkeit würde es übel ergehen, aber wisse, daß ich die Weiber nicht nur verachte, sondern geradezu fürchte.«

      »Aber sie schwärmen doch alle für dich,« warf der Kaiser ein, »warum fürchtest du sie?«

      »Nun, hoher Herr,« entgegnete Paris möglichst unbefangen, »die Klugheit ist mächtiger denn die Liebe. Wir Künstler sind keine Helden, unsere Waffe ist das Wort, der Ton, der Pinsel, der Meißel, nicht das Schwert, und, wenn wir genießen wollen, so vermeiden wir gern die Gefahr, die dem gewöhnlichen Sterblichen das Vergnügen würzt. Wir lieben das Bequeme. Glaubst du, ich wollte mir den Haß aller jener Ehemänner zuziehen, deren Frauen zuweilen Gefallen an mir finden?«

      »So bringst du es über dich, auch Bitten abzuschlagen?« frug Domitian, das letzte Wort stark betonend.

      »Hoher Herr,« sagte Paris mit aufrichtigem Ernst, »ich kann kein Weib lieben, das bereits von einem Zweiten geliebt wird.«

      Domitian, der sogleich bemerkte, welchen geheimen Sinn Paris dieser Phrase unterlegte, erröthete flüchtig und betrachtete mit Wohlwollen die schöne, stolze, nur wenig an die Bühne erinnernde Haltung des Schauspielers.

      »Und was beginnst du, wenn dich ein solches Weib liebt, dir wohl gar nachstellt?« fragte er, sich schwerfällig in seinen Sessel niederlassend, mit leiser, fast ein wenig scheuer Stimme.

      »Es ist sehr leicht, einem liebenden Weibe, sehr schwer, einem hassenden Manne auszuweichen!« entgegnete der Tänzer bedächtig.

      Zum ersten Male war Domitian mit sich selbst nicht einig, ob er hier mißtrauen oder Glauben schenken sollte, zum ersten Male trat im hier ein Mensch gegenüber, der so frei von der Seele wegsprach, daß es eine Freude war, ihm zuzuhören, und daß man gezwungen wurde, jeden Zweifel betreffs seiner Empfindungen zu zerstreuen.

      Er nickte und sagte dann langsam mit zwar ernster, aber freundlicher Stimme: »An deiner Stelle würde ich mir diesen deinen Ausspruch, der so sehr treffend ist, tief in meine Seele prägen. Wahrlich, es wäre mir leid, dich dem Zorn eines Ehegatten zum Opfer fallen zu sehen! Weiche den Begehrlichen aus, du weißt, für ein paar Denare bewaffnet sich leicht eine Schurkenfaust, die zu allem fähig ist. Hinter dem Lächeln der Weiber fürchte stets den lauernden Dolch!«

      Paris, der vor innerer Anspannung, das richtige Wort zu finden, Vertrauen zu erwecken, zitterte, verstand die Winke seines Kaisers sehr wohl.

      »Nur müßten,« gab er seinerseits zu verstehen. »die Ehemänner der Möglichkeit des Ausweichens in die Hände arbeiten.«

      »Ich verstehe,« murmelte Domitian, »es giebt in Rom, willst du sagen, viele unbedachte Gatten, die dich in deinen edeln Bestrebungen nicht unterstützen!«

      »Auch die Rache einer Zurückgewiesenen ist gefährlich,« flüsterte Paris ganz leise, fast hauchend vor sich hin, und schloß das zitternde Augenlid.

      Domitianʼs СКАЧАТЬ