Der Mime. Wilhelm Walloth
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Название: Der Mime

Автор: Wilhelm Walloth

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ der Herrscher Roms, auf seinem Lager, das ihm heute keinen Schlummer gewähren wollte und vergrub die nackten Füße tief in die Zotteln des Löwenfells, das auf dem Mosaikfußboden ausgebreitet lag. Schon mehrmals hatte seine zitternde Hand den Schlaftrunk an die Lippen geführt, der auf dem Seitentisch unter dem schweren Purpurvorhang stand, vergebens, der Trank wirkte nicht mehr, ärgerlich goß er ihn auf das Löwenfell und griff sich seufzend an die brennende Stirn. Dann starrte er ausdruckslos in die kränkliche Flamme des Candelabers, die ihren traurigen Glanz über die prächtige Bettstatt, den goldschweren Vorhang streute und deren leichte Rauchsäule an der mattschimmernden Marmorwand vorbei nach dem Fenster hinschwebte. Der Vorhang bewegte sich leise im Nachtwind und des Kaisers mißtrauischer Blick ruhte zuweilen auf ihm, als traue er seinen Falten zu, daß sie die Hand eines Mörders verbergen könnten. Die Sklaven schliefen in ihren Zellen, der eintönige Schritt der Wache hallte auf dem Corridor wieder, in der Ferne rieselte, an die Stimme eines wimmernden Kindes gemahnend, der Brunnen eines der Vorgemächer. In dem weiten Palast wachte nur der Besitzer der stummen todten Pracht, die gleichgültig von Wänden und Decken herabglänzte auf die Qual des Gebieters. Das kleine geöffnete Fenster zeigte die im Sternenlichte fahlschimmernden Dächer Roms, über die in der Ferne die Tempelsäulen des Capitols geisterbleich aufragten. Der Kaiser warf einen geblümten Mantel um, schlüpfte gähnend in ein Paar bereitstehende Pantoffel und schritt schwerfällig zum Fenster. Nachdem er das zitternde Sternengewimmel, die unter ihm schlummernde von einem leichten violetten Nebel überdeckte Riesenstadt mit müdem gebrochenen Auge betrachtet, fielen seine Lider ein wenig über die Augen herab, indeß seine Athemzüge ruhiger gingen, als genösse er mit Behagen wie im Traume die kühle Nachtluft, den milden Sternenglanz und den Anblick der in mattsilbernen Duft gehüllten Stadt.

      Plötzlich, als ein etwas heftigerer Windhauch seine Stirne berührte, zuckte er zusammen, sah mit gerunzelter Stirne hinter sich und eilte dann, so gut es ihm seine etwas dünnen Beine und der Umfang seines Körpers erlauben wollten, nach dem Thürvorhang, den er aufhob. »Antonius,« rief er in das Gemach. Da noch keine Antwort erfolgte, man aber eine Bettstatt erknirschen hörte, rief er noch einmal: »Antonius!«

      Hierauf erfolgte ein verdrießliches Geseufze und erst als der Kaiser zum dritten Male rief, gab eine scharfe Fistelstimme zur Antwort: »Ja Herr.«

      »Stehe auf!«

      »Es ist ja noch völlige Nacht, Herr,« krähte die Kinderstimme schläfrig aus der Dunkelheit hervor.

      »Zu was eine solche Nacht nur überhaupt da ist,« brummte Domitian in den Bart. »Begreifst du es, Antonius?«

      »Beim Zeus, Herr,« erwiderte die dünne Stimme, »man sagt, die Armen und Müden hätten sie nöthig – die müssen schlafen.«

      Als sich nun Domitian von der Thür entfernte schob sich hinter dem Vorhang eine Zwerggestalt hervor, blieb stehen, kratzte sich gähnend den großen dichtbehaarten Kopf und rieb sich dann mit ärgerlicher Miene die Augen. Domitian setzte sich wieder auf sein Bett und winkte den Verwachsenen heran, dem er mit einer fast liebevollen Sorgfalt das Löwenfell zurechtrückte. »Der Schlaf gehört nicht zum Dienstpersonal,« sagte der Herrscher mit ernster, fast weicher Stimme, »er kommt und flieht wie es seiner Laune behagt. Heute floh er mich bereits nach drei Stunden; die Götter sind deinem Kaiser ungnädig, nun aber, so leiste du mir ein wenig Gesellschaft, Antonius!«

      »Ach Herr, was hast du an der Gesellschaft eines Buckligen?« gähnte der Kleine herbeihinkend und sich mit wackelndem Kopfe auf das Löwenfell kauernd. Domitian wühlte in den struppigen Haaren seines Lieblings, streichelte ihm die runzelige Wange und sah, wie in böse Träume verloren, vor sich hin. Dann plötzlich sein Haupt erhebend, lächelte er trübe vor sich hin und sagte freundlich: »Siehst du? wir gehören zu einander Du bist verwachsen – das ist eine Krankheit, mir fehlt der Schlaf, das ist auch eine Krankheit.«

      »Ja Herr, ich trage einen Buckel und du trägst die Krone, beides sind Verunstaltungen,« seufzte der Zwerg, den Kopf auf die Kniee seines Herrn legend, schloß dann die Augen und fügte weinerlich hinzu: »Ich wollte, du ließest mich noch ein wenig schlafen, meine Verunstaltung hindert mich nicht daran.«

      Domitian hörte nicht auf die Bitten des Ermüdeten, versprach ihm aber die köstlichsten Leckerbissen, wenn er ihn jetzt ein wenig unterhielte, seine Seele sei heute Nacht ungewöhnlich beunruhigt.

      »Ist das der Fall,« murmelte der Zwerg, »so hast du ein altes gutes Mittel, dich aufzuheitern. Hier liegt dein Schreibgriffel – hier sitzt eine Fliege« . . .

      Domitian, hierdurch an seine Lieblingsbeschäftigung, die Jagd auf Fliegen erinnert, lachte vor sich hin und indem er das Haupt seines Verwachsenen zwischen den Händen rieb, sagte er scherzhaft: »Oder ich könnte dir zur Unterhaltung auch die Haare jedes einzeln auszupfen – was meinst du? – Doch fürchte nichts – ich bin heute nicht in meiner Fliegenstimmung und du bist mein getreuester Diener. Wen hätte ich auch sonst außer dir, Antonius?« setzte er mit fast väterlicher Freundlichkeit hinzu. »Außer dir habe ich keinen, dem ich ganz vertrauen könnte.«

      »Oho,« stöhnte der Zwerg.

      »Bezweifelst du dies?« frug Domitian, »weißt du nicht, daß ein Herrscher immer von Schurken umgeben ist? Ja, mein Lieber, die Lage der Fürsten ist höchst beklagenswerth, weil man ihnen betreffs ihrer sichren Kunde einer Verschwörung nicht eher Glauben schenkt, als bis sie ermordet sind.«

      »Ich bin also dein einziger Freund?« frug der Zwerg und beschloß seinen Herrn zu ärgern.

      »Der einzige, dem ich nicht mißtraue,« sagte der Kaiser.

      »Nun, du hast doch Domitia, deine Frau!« sagte der Zwerg höhnisch lächelnd und befreite seine Ohren von den liebkosenden Fingern des Gebieters.

      Domitian, als diese Antwort an sein Ohr schlug, zog seine Kniee so rasch unter der Wange seines Lieblings hinweg, daß sich dieser den Kopf heftig an der metallenen Bettstatt aufstieß. Die Hände an die verletzte Wange drückend, begann er laut zu stöhnen, den kläglichen Blick zu Domitian emporschlagend. Kaum aber hatte er dessen starres, unheimlich auf ihn gerichtetes Auge und den zusammengekniffenen Mund wahrgenommen, als er zugleich aufhörte zu seufzen. Er nahm die Hände von der Wange und beugte beklommen vor sich hinsehend den Kopf tief herab. Jetzt wußte er, was seinen Herrn nicht schlafen ließ; dieser Blick, diese heftige Bewegung sagte es ihm, daß das allgemeine Stadtgespräch bis zu Domitianʼs Ohr gedrungen war und daß gewisse düstere Befürchtungen in Beziehung auf Domitiaʼs Treue den Herrscher veranlaßten, nächtlicherweile Trost bei seinem verhätschelten Liebling zu suchen. Jetzt kannte er auch das Mittel, durch das er sich an seinem Herrn für die gestörte Nachtruhe rächen konnte, und als Domitian sich jetzt langsam, fast schleppend erhob, in dem Gemach auf und ab zu wandeln, machte sichʼs der Kleine auf dem Boden bequem.

      »Zürnst du mir, Herr?« frug er, einestheils von der Begierde zu quälen getrieben, anderntheils ängstlich nach einem Ausweg spähend, wenn es gefährlich werden sollte, den Löwen gereizt zu haben.

      »Wer heißt dich von Domitia reden?« flüsterte der Kaiser, und griff, indem er neben dem Candelaber stehen blieb, mit der rechten Hand krallenartig in die Falten des Vorhanges. Der Zwerg lächelte verschmitzt.

      »Von Domitia reden?« lächelte er, »du hättest viel zu thun, wenn du in den Kneipen Roms verbieten wolltest, daß von Domitia die Rede ist, denn – am Ende, Herr, gestehe selbst, was nützen Geheimnisse, Herr,« fügte er gleichgültig die Hand vor den gähnenden Mund drückend hinzu, »Geheimnisse, die doch schließlich keine sind.«

      Er seufzte, schnickte nachlässig mit der Hand, dann sah er, indem er das eine Auge boshaft zupreßte, mit dem andern, dessen durchdringende Pupille hastig hin und her rann, zu dem Herrscher empor.

      Domitian, der jetzt vor dem Candelaber stand, schaute, das finstere Gesicht zur СКАЧАТЬ