Der Held von Garika. Adolf Mützelburg
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Название: Der Held von Garika

Автор: Adolf Mützelburg

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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      »Da sieht man, wie konsequent die Männer in ihren Behauptungen sind!« sagte Sophia achselzuckend. »Noch vor kurzem hörte ich Sie sagen, Sie möchten Ihre Garnison in Kureli mit keiner andern vertauschen.«

      »Ich könnte bei dem Wortlaut meiner Behauptung beharren«, antwortete der Major lächelnd. »Eine andere Garnison wünsche ich mir nicht. Aber die kämpfende Armee ist keine Garnison. Übrigens kann man nicht wissen, ob wir nicht bald mit Schamyl zu tun haben werden. Dann würden auch Sie Ihren Säbel schleifen lassen müssen, Prinz!«

      »Der ist noch geschliffen von der Zeit her, wo ich als Fähnrich gegen die Tschetschenzen kämpfte«, antwortete Daniel Garika mürrisch. »Und wenn ich mich nicht darum bewerbe, unter Orbeliani oder Andronikow in die aktive Armee aufgenommen zu werden, so liegt der Grund· nur darin, dass ich nicht das Interesse wie Sie bei diesem Kriege habe.«

      Es zeigte sich Erstaunen auf dem Gesichte des Majors und der Gräfin. Es war das erste Mal, dass der Fürst eine Äußerung gemacht, die oppositionell klang.

      »Ich will nicht weiter in Sie dringen«, sagte Ombrazowitsch, »aber Ihre Andeutung ist zu kurz, um mir verständlich zu sein.«

      »Nun, ich meine, dass ich, obgleich ein russischer Untertan, doch die Vergangenheit noch nicht vergessen kann«, sagte Daniel mit derselben düstern Miene. »Es fällt mir nicht ein, mich Russland feindlich zu zeigen, ich erkenne die Macht und Oberhoheit des Zaren bereitwillig an und füge mich ergeben in mein Schicksal; davon habe ich Beweise genug gegeben. Aber so begeistert wie ein Altrusse kann ich mich nicht gegen diejenigen schlagen, die mir ein Königreich bieten!«

      Sophia sah mit dem höchsten Befremden auf den Fürsten. Das war eine Äußerung, die, wenn sie in der gehörigen Form und vielleicht mit kleinen Abänderungen nach Petersburg berichtet wurde, dem Fürsten einen Pass nach Sibirien eintragen konnte. Schlummerte in diesem Manne, der in Garika ein untätiges und erschlaffendes Leben führte, wirklich noch etwas von dem Mute seines Vaters und seiner Großmutter? Sophia kannte als Familienmitglied die Geschichte der Garikas gut genug.

      Der Großvater Daniels war ein entnervter, willensschwacher Mann gewesen, dem Russland ohne viele Mühe das Zepter aus den Händen genommen; anders aber die Großmutter, die einen russischen Offizier, der ihr den Gehorsam verweigerte und sie mit Gewalt nach Tiflis führen wollte, mit dem gezückten Dolch aus ihrem Zimmer vertrieben hatte, und erst später mit List und Gewalt nach Petersburg gebracht worden war, wo sie bald starb; anders auch der Vater Daniels, der überwiesen worden, dass er einen Aufstand der Bergvölker nicht nur heimlich unterstützt, sondern auch im Begriff gewesen, sich demselben anzuschließen. Man hatte ihn nach Sibirien geschickt; er war auf der Reise dorthin oder kurz nach der Ankunft gestorben. Auch die Mutter war bald darauf verschieden. Die drei Kinder, Daniel, Giorgi und Nina, hatte man in Petersburg erzogen. Dort war Giorgi verschwunden; es hieß, er sei beim Baden in der Newa ertrunken. Seit jener Zeit hatte, wie wir wissen, Daniel Garika dem russischen Gouvernement eine unbedingte Ergebenheit gezeigt, und die Heirat Ninas mit Michael Brazow, einem Altrussen von erprobter Treue, schien das Band zwischen den Kindern der früheren Könige von Garika und Russland so fest geknüpft zu haben, dass niemand mehr an eine Lösung desselben dachte.

      »Altrusse oder Neurusse«, sagte der Major ernst, aber doch in ganz ruhigem Tone, »Sie sind immer Russe und müssen für die Ehre des großen Vaterlandes einstehen.«

      »Das weiß ich«, antwortete Daniel kurz ablehnend. »Und dennoch wäre es zu viel verlangt, bei mir dieselben Sympathien für Russland vorauszusetzen wie bei einem Petersburger oder Moskauer, oder auch nur bei den Kosaken, die ja schon seit längerer Zeit die Untertanen, Russlands sind.«

      »Haben Ihnen denn die Türken Anerbietungen gemacht, Prinz?« rief Sophia ungläubig.

      »Nicht mir«, antwortete Daniel kurz ausweichend. »Ich habe nur von Versprechungen gehört, die sie ihren Bundesgenossen gemacht.«

      »Hm – türkische Versprechungen!« sagte der Major lächelnd. »Wollen Sie sich mit den Kurden auf eine Linie stellen? Das sind auch Bundesgenossen der Türken.«

      »Sie sind nicht schlimmer als die Baschkiren und –«

      Daniel unterbrach sich. Er hatte sagen wollen: die Kosaken.

      »Die Mongolen zum Beispiel!« fuhr er dann langsam fort. »Doch brechen wir davon ab. Sie kennen meine Gesinnungen. Ich bin dem Kaiser ergeben, wie es nur einer sein kann, und wenn er mich ruft, stehe ich ihm zu Diensten. Aber drängen werde ich mich zu diesem Kriege nicht.«

      Man sah es den Augen und den Zügen Sophias an, dass sie verwundert überlegte. Woher plötzlich diese Missstimmung bei einem Manne, der bisher seine Milizuniform mit demselben Stolze und mit mehr Eitelkeit vielleicht getragen hatte, wie jeder russische Offizier? Erriet ihr kluges Köpfchen, dass Daniel Garika sich nur interessant machen, dass er andeuten wolle, die Umstände könnten ihn zu etwas anderem erheben, als er jetzt war, ja dass er sich vielleicht zu dem gefährlichen Wagestück, entschlossen habe, der russischen Regierung gegenüber den Missvergnügten zu spielen, um dadurch einige Konzessionen zu erlangen, Konzessionen, die sich möglicher weise selbst auf Sophia Brazow erstrecken konnten?

      Denn Zar Nikolaus zog auch die Heirat liebenswürdiger Frauen in den Bereich seiner Politik, und wenn es rätlich erschien, Daniel Garika durch eine Heirat mit der Comtesse fester an das russische Interesse zu binden, so ließ sich voraussehen, dass der entsprechende Wink von Petersburg nicht ausbleiben würde.

      »Machen wir einen kleinen Spaziergang! Die Luft ist kühl«, sagte sie mit einiger Ungeduld.

      Sie erhob sich, und die beiden Herren gingen neben ihr dem Walde zu. Das Gespräch wandte sich auf andere Dinge. Man sprach von Tiflis, wohin sich die Gräfin während der nächsten Monate begeben wollte, und beide Herren gaben ziemlich deutlich ihre Absicht zu erkennen, ihr dorthin zu folgen.

      So gelangte man in den Wald, der von dem Park nur durch ein sehr einfaches Gitter getrennt war. Hier, an einem reizenden Platze, gebot Sophia Halt und setzte sich auf einen breiten Stein, der eigens zu diesem Zwecke hierher gerollt zu sein schien. Die beiden Herren blieben stehend neben ihr. Es war eine natürliche Rotunde, wie sie die Natur kaum schöner hervorbringen konnte. Sechs Säulen von den verschiedenartigsten Schlingpflanzen, unter sich durch schwankende Blättergewebe verbunden, bildeten fast einen Kreis und schlossen sich oben in einer Höhe von mehr als fünfzig Fuß zu einer farbenglühenden Kuppel zusammen, durch welche das Blau des Himmels nur wie Teile einer großartigen Mosaik hindurchschimmerte. Die fortwährende leichte Bewegung dieser Blätter, welche bei jedem Windhauch erzitterten, erhöhte den Farbenschimmer dieser aus Gold, Purpur und Smaragd geflochtenen Säulen und Wölbungen. Nur wenn das Auge scharf die Überfülle der Schlingpflanzen durchdrang, oder auch die suchende Hand das Auge unterstützte, entdeckte man, dass die sechs Säulen von alten, längst vermoderten Stämmen gebildet waren, die durch die tausendfachen Verschlingungen der Efeu-, Winden-, Brombeer-, Hopfen- und Rebenranken gestützt und zugleich mit einem glänzenden, aber trügerischen Schimmer jugendlichen Lebens geschmückt waren. Die Vegetation ist in diesem feuchten Erdreich so gewaltig, dass viele Stämme absterben, ehe sie die ganze Fülle und Kraft ihres Daseins erreicht haben, weil die Schmarotzergewächse ihnen Licht und Luft entziehen; dennoch bleiben sie oft noch jahrelang aufrecht, gestützt durch die Ranken der Schlingpflanzen, bis ein Sturm sie niederstürzt und sie dann den Boden zu noch größerer Fruchtbarkeit düngen. Diese Wälder sind oft selbst in der Nähe bewohnter Orte noch wirkliche Urwälder. Nur ihre Ränder sind gelichtet; in das Innere dringt selten der Fuß und noch seltener die Axt des Menschen.

      Was den Reiz dieses natürlichen Kuppelbaus erhöhte, war die Öffnung nach der einen Seite hin, die durch eine natürliche Lichtung einen Blick in die weite, weite Ferne, bis zu den bläulichen Bergen des südlichen Kaukasus, bot – eine dufterfüllte Landschaft, СКАЧАТЬ