Название: Armadale
Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
isbn:
isbn:
Eine Reihe heftiger Windstöße hatte den Curs des im Anzuge begriffenen Sturmes von Süden nach Norden umgelegt, und der Kapitän hatte die Jacht vom Winde abfallen lassen, um auf den Sturm gefaßt zu sein, der denn auch, noch ehe der Letzte unserer Leute wieder an Bord war, mit der Wuth eines Orkans über uns losbrach. Unser Boot ward vom Wasser verschlungen, doch kein einziges Menschenleben ging dabei verloren. Und abermals flogen wir, der Gewalt des Windes preisgegeben, in südlicher Richtung vor diesem dahin. Ich stand mit den Uebrigen auf dem Verdeck und beobachtete den einzigen Fetzen von Segel, den wir auszuspannen wagen durften, bereit, dasselbe durch ein frisches zu ersetzen, falls der Wind es aus den Segelsäumen riß. Da trat der Steuermann hart an mich heran und durch das Sturmgetöse brüllte er mir ins Ohr: »Sie ist in der Kajüte wieder zu sich gekommen und fragt nach ihrem Gatten; wo ist er?« Kein Mensch an Bord wußte dies. Man durchsuchte die Jacht von einem Ende zum andern, ohne ihn zu finden. Die Leute wurden, trotz des Unwetters, gemustert; er befand sich nicht unter ihnen. Die Mannschaften der beiden Boote wurden befragt. Aber alles, was die Mannschaft des ersten Bootes zu sagen vermochte, war, daß sie, als die Leute vom Wrack auf das Boot losgestürzt, fort gerudert sei und nicht wisse, wen sie aufgenommen und wen zurückgelassen habe. Die Mannschaft des zweiten Bootes konnte nur berichten, daß sie jede lebende Seele, die das erste Boot auf dem Verdeck des Schiffes zurückgelassen, nach der Jacht zurückgebracht hatte. Niemand traf ein Tadel; aber gleichwohl blieb es eine Thatsache, daß der Mann fehlte.
Der Sturm, welcher den ganzen Tag nicht zu toben aufhörte, schnitt uns jede Möglichkeit ab, zu dem Wrack zurückzukehren und dasselbe zu durchsuchen. War doch unsre eigne Jacht gezwungen, sich einfach vom Winde treiben zu lassen. Erst gegen Abend ließ der Sturm, der uns südlich von Madeira hinab gejagt, ein wenig nach, und da der Wind jetzt umsprang, konnten wir der Insel zusteuern. Am folgenden Morgen früh langten wir wieder im Hafen an. Mr. Blanchard und seine Tochter wurden ans Land gesetzt, und der Kapitän begleitete sie, nachdem er uns angekündigt, daß er bei seiner Rückkehr uns etwas zu sagen habe, das die ganze Mannschaft nahe angehe.
Nach der Rückkehr des Kapitäns wurden wir auf dem Verdeck gemustert und von ihm angeredet. Er habe Befehl von Mr. Blanchard, unverzüglich nach der Grace de Dieu zurückzukehren und den Fehlenden aufzusuchen. Dies seien wir Mr. Blanchard und namentlich seiner Tochter schuldig, welche, wie die Aerzte befürchteten, den Verstand verlieren würde, falls nichts geschehe, sie zu beruhigen. Wir dürften fast überzeugt sein, das Schiff noch über Wasser zu finden, denn die Holzladung desselben müsse es, solange der Rumpf nicht geborsten sei, schwimmend erhalten. Der Mann müsse aufgesucht und, falls er sich an Bord befinde, todt oder lebendig, zurückgebracht werden. Wenn der Sturm nachzulassen fortfahre, so sei kein Grund vorhanden, weshalb die Leute, mit angemessenem Beistande, nicht das Schiff ebenfalls mit zurückbringen und, da er, der Kapitäm hierzu völlig bereit sei, den Bergelohn mit den Offizieren der Jacht theilen sollten.
Diese Rede ward von den Leuten mit einem dreimaligen Hurrah beantwortet, und sie machten sich augenblicklich ans Werk, um wieder mit dem Schooner in See zu stechen. Ich war der Einzige unter ihnen, der sich von dem Unternehmen zurückzog, indem ich erklärte, daß ich in Folge des Sturmes krank sei und der Ruhe bedürfe. Wie ich die Jacht verließ, schauten sie mir Mann für Mann ins Gesicht und kein Einziger von ihnen sprach ein Wort mit mir.
Während jenes ganzen Tages wartete ich in einem Wirthshause am Hafen auf Nachricht von dem Wrack, bis endlich gegen Abend ein Lootsenboot, das an der Rettung des verlassenen Schiffes theilgenommen, mit der Meldung anlangte, La Gráce de Dieu sei noch über Wasser und Ingleby’s Leichnam in der Kajüte gefunden worden, wo er ertrunken sein müsse. Am folgenden Morgen ward der Todte bei Tagesanbruch auf die Jacht gebracht und noch an demselben Tage am dem protestantischen Friedhofe beerdigt.«
»Halt!« rief die Stimme vom Bette her, ehe der Leser umwenden und einen neuen Absatz beginnen konnte.
Fünftes Kapitel
Seit Mr. Neal das letzte Mal von seiner Lectüre aufgeblickt, hatten in dem Zimmer und unter seinen Zuhörern einige Veränderungen stattgefunden. Ein Sonnenstrahl fiel aus das Sterbelager, und das Kind, von Müdigkeit überwältigt, lag friedlich schlummernd in dem goldenen Licht. Das Gesicht des Vaters hatte sich merklich verändert; durch den gequälten Geist zur Thätigkeit gezwungen, hatten die bisher bewegungslosen unteren Gesichtsmuskeln jetzt sich zu verzerren angefangen. Der dichte Schweiß aus der Stirn des Sterbenden hatte den Arzt veranlaßt, sich zu erheben, um diesem ein Stärkungsmittel zu geben. Auf der andern Seite des Bettes stand der leere Sessel der Gattin, welche in dem Augenblick wo Mr. Armadale den Leser unterbrochen, hinter das Kopfende des Bettes zurückgetreten war, um seinen Blicken zu eingehen. Dort stand sie, sich versteckend, an die Wand gelehnt und heftete die Augen in gieriger Erwartung auf das Manuscript in Mr. Neal’s Händen.
Eine Minute später ward die Stille abermals durch Mr. Armadale unterbrochen.
»Wo ist sie?« frug er, indem er zornig auf den leeren Sessel blickte. Der Doctor deutete auf die Stelle, wo sie stand, und so blieb ihr nichts weiter übrig, als vorzutreten. Sie kam langsam und stellte sich vor ihn hin.
»Du versprachst zu gehen, wenn ich es Dir heißen würde«, sagte er. »Geh’ jetzt!«
Mr. Neal gab sich alle Mühe, seine Hand zu beherrschen, die zwischen den Blättern des Manuscripts die Stelle anmerkte; gleichwohl konnte er ein Zittern derselben nicht unterdrücken. Ein Verdacht, der inzwischen langsam in seinem Geiste aufgestiegen war, ward ihm zur Gewißheit, als er jene Worte hörte. Der Brief war von einer Enthüllung zur andern fortgeschritten, bis derselbe jetzt endlich bei einer letzten Offenbarung angelangt war, welche der Sohn erst in späteren Jahren, das Weib aber nie erfahren sollte. Deshalb hatte der Sterbende, noch bevor er seiner Gattin erlaubt hatte, die Erzählung mit anzuhören, bei sich beschlossen, der Stimme des Vorlesers Schweigen zu gebieten, wenn er zu dieser Stelle käme; und daß ihn in diesem Entschlusse die zärtlichsten Bitten seiner Gattin um keinen Zoll wanken gemacht hatten, dies erfuhr sie jetzt von seinen eigenen Lippen.
Ohne ein Wort zu erwidern stand sie da und blickte ihn an; mit ihren Blicken sprach sie ihr letztes Flehen aus – vielleicht ihr letztes Lebewohl. Seine Augen hatten keinen Blick der Erwiderung für sie, sondern wanderten erbarmungslos von ihr fort nach dem schlafenden Knaben. Sprachlos wandte sie sich vom Bette ab, und ohne einen Blick auf das Kind, ohne ein Wort zu den beiden Fremden, die sie athemlos beobachteten, verließ sie, ihrem gegebenen Versprechen getreu, in tiefem Schweigen das Zimmer.
Es lag etwas in der Art und Weise ihres Fortgehens, das die Selbstbeherrschung der beiden Männer erschütterte, welche Zeugen desselben waren. Als die Thür sich hinter ihr schloß, fühlten sie ein instinctmäßiges Widerstreben, sich noch ferner mit einer Sache zu befassen, deren Tragweite sie nicht СКАЧАТЬ