Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
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Название: Handbuch des Aktienrechts

Автор: Hans-Peter Schwintowski

Издательство: Bookwire

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Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht

isbn: 9783811443150

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СКАЧАТЬ – Wenn internationaler Streubesitz an die Stelle herkömmlicher Kontrollmechanismen (durch industrielle Beteiligungen, Banken) tritt, verschärft sich das Principal Agent-Problem, es entsteht ein Macht-Vakuum, das in der sog. Deutschland-AG nicht bestand. Dieses Vakuum kann zu einem Kontrolldefizit gegenüber Vorständen führen, es kann aber auch von aktiven Investoren genutzt werden, die mit begrenztem Aufwand großen Einfluss zu erzielen suchen. – Aufgrund der Internationalisierung der Finanzmärkte stehen die deutschen Gesellschaften bei der Nachfrage nach Risikokapital im Wettbewerb mit Anlagealternativen. – Die ausländischen Anleger erwarten die Erfüllung international üblicher Benchmarks von den Unternehmensergebnissen (Eigenkapitalrendite). Überdies erwarten sie die ihnen gewohnten Regelungsmuster auch vom deutschen Aktienrecht, wobei die Frage danach, welche die bessere Regelung ist, keine entscheidende Rolle spielt (z.B. erleichterte Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss, Eigenerwerb von Aktien, Stock-Options-Programme, nennwertlose Aktien (Stückaktien), Namensaktien, Audit Committee, CEO statt Vorstand,[70] TransPuG: Sachdividenden, Corporate Governance Kodex: Cromme Kodex[71] etc.). – Dadurch bedingt verlief und verläuft insbesondere die Corporate Governance-Diskussion nach ausländischem Muster[72] (Aufwertung des Aufsichtsrats, Unabhängigkeit der AR-Mitglieder, Qualität der Abschlussprüfung, Erhöhung der Pflicht zur Transparenz gegenüber den Aktionären und dem Kapitalmarkt, Einführung eines Corporate Governance Kodex). – Angesichts wiederkehrender Krisen (2001/02 und 2008 f.) tun die Jurisdiktionen gut daran, sich um „restoring confidence“, um Wiederherstellung des Vertrauens der weltweiten Anleger, zu bemühen. Eine solide Corporate Governance vermittelt Vertrauen und: Vertrauen ist ein Mechanismus zur Reduktion von sozialer Komplexität (Niklas Luhmann). – Der Einfluss des Kapitalmarktes auf das Aktienrecht der Publikumsgesellschaften hat insgesamt zugenommen (z.B. kleine AG: Trennung zwischen nichtbörsennotierten und börsennotierten AG (1994); WpHG (1994), WpÜG (2001) – Übernahmerecht, SpruchG (2003), KapMuG (2012), Delisting-Neuregelung (2015) u.v.m.). – Bei international operierenden Konzernen mit mehrheitlicher Belegschaft im Ausland stellen sich Fragen der Internationalisierung der Organe einschließlich der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat, also auch für die deutsche Mitbestimmung.[73] – Angesichts der hohen Zahl von Aktionären in großen Gesellschaften (bis zu einer Mio.) und ihrer internationalen Streuung, sowie angesichts des Massengeschäfts der Wertpapiertransaktionen nahm der Druck zum Einsatz neuer Kommunikations-Medien im Gesellschaftsrecht und auf Verbesserung der Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Ausübung von Aktionärsrechten zu[74] (Herunterfahren von Schriftformerfordernissen, Einführung des elektronischen Aktienregisters, elektronische Stimmrechtsausübung, Zulässigkeit elektronischer Aufsichtsratssitzungen, record date, Hauptversammlung im Internet, elektronische Bekanntmachung, Aufgabe der „Gesellschaftsblätter“, elektronisches Handels- und Unternehmensregister, Aktionärsrechte-Richtlinie der EU usw.). Insbesondere gerät auch die herkömmliche Präsenz-Hauptversammlung in eine Sinnkrise, die physischen Teilnehmer vor Ort repräsentieren in keiner Weise mehr die tatsächliche Aktionärsstruktur, die HV-Präsenzen sinken, das Medium Internet gewinnt an Boden (Bsp. Online-HV, virtuelle HV,[75] Übertragung der Hauptversammlung im Internet, Herausverlagerung von Informationen aus der Präsenz-HV in das Internet). Die EU-KOM plant in 2016/2017 ein Projekt „Digitalisierung des Gesellschaftsrechts“. – Nach der Finanzkrise 2008/2009 ist das Regelungskorsett im regulierten Bereich (Banken, Versicherungen) nahezu erstickend geworden. Das allgemeine Gesellschaftsrecht wird zunehmend von einem Sondergesellschaftsrecht überlagert.[76] – Seit der Jahrtausendwende ist der Shareholder-Value-Gedanke aus der politischen Mode gekommen und der Stakeholder-Value-Doktrin gewichen. Es fließen verstärkt gesellschaftspolitische Einflüsse in das Gesellschaftsrecht ein[77] (VorstOG – Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz (2005), VorstAG – Vorstandsvergütungsangemessenheitsgesetz [78] (2009), Gesetz[79] für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) (2015); Corporate Social Responsibility (CSR), Compliance, Nachhaltigkeit etc.).

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      Die genannten Veränderungen der Systemgrundlagen und die daraus folgenden Wirkungen haben das bisherige Reformprogramm diktiert und bestimmen dieses auch in Zukunft:

Die Verantwortlichkeit des Vorstands sowie seine Ausrichtung auf nachhaltige Ertragskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens müssen verstärkt werden.
Der Aufsichtsrat musste revitalisiert und als effektives und qualifiziertes Kontrollgremium mobilisiert werden. Das ist auch mit der Mitbestimmung möglich und nötig. Das bedeutet freilich eine Machtverschiebung vom Vorstand zum Aufsichtsrat.
Die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats vor allem vom Vorstand war zu sichern.
Ebenso war die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers vom Vorstand zu sichern, er war stärker an den Aufsichtsrat als dessen Hilfsorgan anzukoppeln.
Die Hauptversammlung als physische Präsenzversammlung muss mit neuen Inhalten gefüllt oder in ihrer Funktion gänzlich überdacht werden.
Die Kompetenzen der Hauptversammlung und die Rechte der Klein- und Minderheitsaktionäre in der Hauptversammlung sind tendenziell nicht auszubauen, die Bedeutung der Rechte des Einzelaktionärs nimmt ab, der aufrechte Kleinaktionär ist ein Auslaufmodell, das Auftreten des Kleinaktionärs als Wächter der Interessen der Mitaktionäre ist eine pia fraus; aktive Finanzinvestoren und institutionelle Investoren weltweit treten an dessen Stelle.
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