Название: Unternehmensnachfolge
Автор: Manzur Esskandari
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811440234
isbn:
288
Ist für den eintretenden Versicherungsfall kein Bezugsberechtigter bestimmt, fällt die Versicherungsleistung in den Nachlass des Versicherungsnehmers und wird folglich mit ihrem vollen Auszahlungswert in die Bemessungsgrundlage von etwaigen Pflichtteilsansprüchen eingerechnet.[387]
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Räumt der Erblasser ein Bezugsrecht auf den Erlebensfall ein und verstirbt der Erblasser innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 2325 BGB nach Auszahlung der Versicherungssumme, können Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen einer lebzeitigen Schenkung in Betracht kommen. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich parallel zu einer (un)widerruflichen Bezugsberechtigung. Wurde also eine widerrufliche Bezugsberechtigung vereinbart, gilt der fiktive Rückkaufswert in der juristischen Sekunde vor Eintritt des Erlebensfalls. Bei einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung wird auf den fiktiven Rückkaufswert im Zeitpunkt der entsprechenden Vereinbarung abgestellt.[388]
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Bei reinen Risikolebensversicherungen (keine Ansparkomponente, Leistung der Versicherung nur im Todesfall) ist der Verkehrswert des aufschiebend bedingten Anspruchs auf die Todesfallleistung sehr gering.[389]
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Pflichtteilsergänzungsansprüche scheiden gänzlich aus, wenn nicht der spätere Erblasser, sondern der zu Begünstigende unmittelbar einen Lebensversicherungsvertrag auf das Leben des Erblassers abschließt (vgl. hierzu aus erbschaftsteuerlichen Gründen Rn. 386 ff.), § 150 Abs. 1, 2 VVG. Auf diese Weise gebühren die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag von vornherein vollumfänglich dem zu Begünstigenden. Es bedarf keines Zuwendungsaktes, der Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen könnte.[390] Allenfalls die durch den Erblasser gezahlten Prämien können Pflichtteilsergänzungsansprüche begründen, wobei man hier oftmals wird argumentieren können, dass die Versicherung der Altersabsicherung des Begünstigten dient. Problematisch ist freilich, dass der Erblasser die Kontrolle über den Lebensversicherungsvertrag verliert und keine Handhabe gegen Unwägbarkeiten auf Seiten des zu Begünstigenden (z.B. Insolvenz, Scheidung, Vorversterben etc.) hat. Um dem Erblasser hier eine der widerruflichen Bezugsberechtigung vergleichbare Rechtsposition zu verschaffen, kann sich der Erblasser die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag aufschiebend bedingt abtreten lassen.[391]
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Praxishinweis:
Durch seine Rechtsprechungsänderung hat der BGH die Attraktivität von Kapitallebensversicherungen als Mittel der Pflichtteilsreduzierung verringert. Während unter der alten Rechtslage lediglich die Summe der in den letzten zehn Jahren eingezahlten Versicherungsprämien ergänzungspflichtig war, wird nunmehr der höhere Rückkaufswert der Lebensversicherung nach § 169 VVG der Pflichtteilsergänzung zugrunde gelegt. Gleichwohl wird in vielen Fällen der Rückkaufswert bedeutend geringer sein als die auszuzahlende Versicherungssumme, so dass die Lebensversicherung weiterhin ein Instrument zur Pflichtteilsreduzierung darstellen kann.[392]
gg) Gesellschaftsrecht
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Das Gesellschaftsrecht bietet zwei Anknüpfungspunkte, um Pflichtteilsansprüche zu minimieren: zum einen durch Aufnahme eines Dritten in die (gegebenenfalls neu zu gründende) Gesellschaft (nachfolgend unter Rn. 298), zum anderen durch Ausschluss eines mit dem Todesfall entstehenden Abfindungsanspruchs.
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Nach h.M. kommt dem allseitigen[393] Ausschluss der Abfindung bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer Personengesellschaft im Todesfall entgeltlicher Charakter zu, da nicht absehbar ist, wem der Abfindungsausschluss zugute kommt („aleatorisches Element“).[394] Jeder Gesellschafter trägt das Risiko, den eigenen Anteil abfindungslos zu verlieren, hat aber demgegenüber die Chance, einen anderen Gesellschaftsanteil hinzuzuerwerben.[395] Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 BGB scheiden damit dem Grunde nach aus. Das gilt auch für Ansprüche nach § 2303 BGB (die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist keine Verfügung von Todes wegen), § 2306 Abs. 1 (gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sind nicht genannt) sowie § 2305 BGB (der Gesellschaftsanteil fällt nicht in den Nachlass).
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Diese Ansicht erfährt jedoch zwei wesentliche Ausnahmen: (1) Der Abfindungsausschluss wird aufgrund einer bestehenden „Risikodisparität“ (z.B. großer Altersunterschied der Gesellschafter, schwere Erkrankung eines Gesellschafters, „Unsterblichkeit“ einer juristischen Person), vermutlich nur dem anderen Gesellschafter zugute kommen. In diesem Fall fehlt der Vereinbarung das vorbeschriebene aleatorische Element. Die Erhöhung der Beteiligung der anderen Gesellschafter aufgrund des Abfindungsausschlusses führt damit zu einer ergänzungspflichtigen Schenkung gemäß § 2325 BGB.[396]
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(2) Bei einer rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt der allseitige Abfindungsausschluss mit Anwachsung beim längerlebenden Gesellschafter im wirtschaftlichen Ergebnis zu einer bindenden gegenseitigen Erbeinsetzung.[397] Haben etwa Ehegatten gemeinsam Grundbesitz und setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein, würde diese Konstruktion selbstverständlich Pflichtteilsansprüche auslösen. Dies muss aber auch dann gelten, wenn die Ehegatten den gemeinsamen Grundbesitz in eine Personengesellschaft einbringen, deren alleiniger Zweck das Halten dieses Vermögens ist, und einen allseitigen Abfindungsausschluss mit Anwachsung beim längerlebenden Gesellschafter vereinbaren. Der Abfindungsausschluss bei vermögensverwaltenden Gesellschaften ist demnach als unentgeltliche Zuwendung zu werten.
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Praxishinweis:
Derjenige, der einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht, hat darzulegen und zu beweisen, dass der allseitige Abfindungsausschluss und damit die Erhöhung der Beteiligung der verbleibenden Gesellschafter unentgeltlich erfolgt ist.[398] Dies wird ihm oftmals nicht gelingen. Daher wird bei einem ausschließlich aus nahestehenden Personen bestehenden Gesellschafterkreis einer vermögensverwaltenden Gesellschaft die Unentgeltlichkeit des Vorgangs vermutet.[399] Im Übrigen beginnt die Frist des § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB nicht vor dem Tod des Erblassers.
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Grundsätzlich löst die Aufnahme eines persönlich haftenden Gesellschafters in eine (gegebenenfalls neu СКАЧАТЬ