Название: Unternehmensnachfolge
Автор: Manzur Esskandari
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811440234
isbn:
281
Pflichtteilsergänzungsansprüche scheiden von vornherein aus, sofern und soweit keine Schenkung i.S.d. § 2325 Abs. 1 BGB vorliegt. Dies gilt für die Ausstattung nach § 1624 BGB, die allerdings über §§ 2316 i.V.m. 2050 Abs. 1 BGB zu einer pflichtteilsrelevanten Ausgleichung unter Abkömmlingen führt (auch nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB). Im Übrigen kann generell durch die Vereinbarung von Gegenleistungen das Entstehen einer Schenkung i.S.d. § 2325 BGB verhindert werden. Bei einer Abfindung für einen Erbverzicht hat der BGH entschieden, dass den anderen Abkömmlingen insoweit kein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht, als „sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie erbracht wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichtenden hält“.[373] Die anderen Abkömmlinge seien über die Erhöhung ihrer Pflichtteilsquote nach § 2310 S. 2 BGB ausreichend kompensiert. Die zusätzliche Gewährung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs würde sie doppelt begünstigen. Diese Argumentation muss konsequenterweise dazu führen, dass die Abfindung für einen Pflichtteilsverzicht als ausgleichungspflichtige Schenkung betrachtet wird, da der Pflichtteilsverzicht zu keiner Erhöhung der Pflichtteilsquote der anderen Abkömmlinge führt.[374]
282
Steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Ergänzungsanspruch zu, kann sich schließlich eine Reduzierung des Anspruchs nach dem Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB ergeben. Danach wird nicht generell auf den Wert des Zuwendungsgegenstandes im Zeitpunkt des Erbfalls abgestellt. Sofern der Wert des Geschenkes (inflationsbereinigt) im Zeitpunkt der Zuwendung geringer war als im Zeitpunkt des Erbfalls, wird der Wert vorbehaltener Nutzungen (z.B. Nießbrauch) abgezogen.[375]
dd) Verlagerung von Vermögen ins Ausland
283
Hinzuweisen ist auch auf die Möglichkeit, Vermögen ins Ausland zu verlagern. Kommt es nach IPR zu einer Nachlassspaltung bei Immobilien und kennt das ausländische Recht kein Pflichtteilsrecht, werden die entsprechenden Vermögenswerte nicht zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs herangezogen.[376] Unter Umständen kann ein solches Vorgehen jedoch einen Verstoß gegen den deutschen ordre public darstellen.
ee) Güterrechtliche Vereinbarungen
284
Im gesetzlichen Güterstand beträgt der gesetzliche Ehegattenerbteil ½ neben Abkömmlingen. Leben die Ehegatten in Gütertrennung beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehegatten nach § 1931 Abs. 4 BGB bei einem Abkömmling ½, bei zwei Abkömmlingen 1/3 und bei drei und mehr Abkömmlingen 1/4, § 1931 Abs. 1 BGB. Sofern der Erblasser also die Pflichtteilsansprüche von Abkömmlingen reduzieren möchte, ist der gesetzliche Güterstand ab zwei Abkömmlingen gegenüber einer Gütertrennung vorzugswürdig.
285
Praxishinweis:
Wünschen die Beteiligten, dass im Scheidungsfall – entsprechend der Gütertrennung – kein Zugewinnausgleich vorgenommen wird, können die Ehegatten die Zugewinngemeinschaft dahingehend modifizieren, dass ein Zugewinn nur im Todesfall, nicht aber im Scheidungsfall gezahlt werden muss.[377] Dies führt neben erbschaftsteuerlichen Vorteilen, § 5 ErbStG, dazu, dass der Erbanteil des Ehegatten neben Abkömmlingen unverändert bei ½ bleibt.
Wechseln Ehegatten in den Güterstand der Gütertrennung, stellt die Erfüllung der dadurch entstehenden Zugewinnausgleichsforderung keine Schenkung i.S.d. § 2325 BGB dar.[378] Mangels Unentgeltlichkeit fällt auch keine Schenkungsteuer an, § 5 Abs. 2 ErbStG. Um die vorgenannten pflichtteils- und schenkungsteuerlichen Vorteile des gesetzlichen Güterstandes wieder zu erlangen, können die Ehegatten wieder in diesen zurückkehren (Güterstandsschaukel).[379] Ob die Güterstandsschaukel allerdings zu einer Reduzierung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen führt, ist noch nicht abschließend geklärt. Bezwecken die Ehegatten mit der Güterstandsschaukel ausschließlich die Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen, behandelt der BGH die Vermögensübertragung in Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung als ergänzungspflichtige Schenkung.[380] Indizien hierfür sind die kurze zeitliche Abfolge von zwei Güterstandswechseln (im entschiedenen Fall fünf Tage) sowie ein vorgefasster Gesamtplan. Ein solcher Gesamtplan kann widerlegt werden, wenn die Ehegatten andere Ziele (etwa die Altersversorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatten oder Herstellung der wirtschaftlichen Parität zwischen den Ehegatten) darlegen können.
ff) Lebensversicherungen
286
Verträge zugunsten Dritter, insbesondere Lebensversicherungen, fallen nicht in den Nachlass, § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB, da der Anspruch kraft Bezugsrecht originär in der Person des Begünstigten entsteht, § 159 Abs. 2 und 3 VVG.[381] Sie erhöhen damit nicht die pflichtteilsrelevante Bemessungsgrundlage, § 2311 BGB. Inwieweit eine Kapitallebensversicherung jedoch Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen kann, muss unterschieden werden:
Bei jederzeit einseitig widerruflicher Bezugsberechtigung seitens des künftigen Erblassers, § 159 Abs. 2 VVG, berechnet sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 Abs. 1 BGB weder nach der ausgezahlten Versicherungsleistung noch nach der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien.[382] Die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs richtet sich vielmehr nach dem Wert, den der Erblasser durch eine Verwertung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag zum Zeitpunkt seines Ablebens selbst noch hätte realisieren können. In aller Regel ist dabei auf den Rückkaufswert abzustellen (d.h. auf den Wert, den der Erblasser durch eine Kündigung ohne Weiteres hätte erzielen können). Gegebenenfalls kann auch ein höherer Veräußerungswert herangezogen werden, insbesondere wenn der Erblasser die Ansprüche aus der Lebensversicherung zu einem höheren Preis an einen gewerblichen Ankäufer hätte verkaufen können. Dabei ist der objektive Marktwert aufgrund abstrakter und genereller Maßstäbe entscheidend, individuelle Umstände bleiben außer Betracht. Die hohe Streitanfälligkeit der neuen Bewertungsmethode liegt auf der Hand. Da das Bezugsrecht erst zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers entsteht, § 159 Abs. 2 VVG, kann naturgemäß auch die Zehn-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht zu laufen beginnen.[383]
287
Räumt der Erblasser dem Begünstigten ein unwiderrufliches Bezugsrecht ein, ist die Schenkung mit Einräumung des Rechts bereits vollzogen. § 159 Abs. 3 VVG regelt hierzu ausdrücklich, dass ein „unwiderruflich als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter (…) das Recht СКАЧАТЬ