Название: Handbuch IT-Outsourcing
Автор: Joachim Schrey
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811438064
isbn:
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Beim ASP/SaaS übernimmt der ASP-Anbieter i.d.R. das Hosting/Operating der Applikationen sowie sämtliche notwendige Application-Management-Services (AMS), häufig inkl. der WAN-Anbindung hin zum Outsourcing-/ASP-/SaaS-Kunden. Im Vordergrund des ASP/SaaS steht eigentlich das Vergütungsmodell. Der ASP/SaaS-Kunde zahlt nicht mehr für die einzelne Lizenz einer Applikation, sondern nur die temporäre Nutzung dieser Applikationen über das Netz. Er bezieht quasi die Nutzung der Applikation wie Strom aus der Steckdose (wird auch als „Strommodell“ bezeichnet); ASP/SaaS stellt somit ein IT-Service-on-demand-Produkt dar.
Abb. 22:
Application Service Providing
d) Rechtliche Betrachtung
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Die rechtliche Betrachtung eines ASP-Modells basiert im Wesentlichen auf der vertraglichen Beziehung, da die gesetzlichen Regelungen i.d.R. nicht ausreichend sind, um ein ASP-Modell wirksam zu regeln.
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In der Regel hat der Application Service Provider seine Applikationen nicht selbst entwickelt und programmiert. Meist erwirbt der Provider die Lizenzen für diese Applikationen im Rahmen eines schuldrechtlichen Kaufvertrags nach §§ 433 ff. BGB vom Hersteller (1. Vertragsverhältnis) und einer Übertragung nach § 31 UrhG, um sie später im Rahmen eines ASP/SaaS an seine Kunden zu vermieten (2. Vertragsverhältnis: das eigentliche ASP/Saas). Ein ASP/SaaS Modell besteht somit aus zwei Vertragsverhältnissen. Das erste Vertragsverhältnis besteht zwischen dem Hersteller der Applikation oder Händler der Applikation und dem Application Service Provider/SaaS Anbieter. Das zweite Vertragsverhältnis besteht zwischen dem Application Service Provider/SaaS Anbieter und seinem Kunden. Diese vertraglichen Beziehungen und die eindeutige vertragstypologische Zuordnung[343] nach dem Gesetz stellen die wesentlichen Fragen beim ASP/SaaS in der Vergangenheit dar. Im Vertragsverhältnis #1 spielen eher lizenzrechtliche Fragen eine Rolle, sprich welche Nutzungsrechte überträgt der Hersteller dem Application Service Provider. Beim Vertragsverhältnis #2 wird das eigentliche ASP-Modell vertraglich definiert. Neben den vertragstypologischen und nutzungsrechtlichen Fragen spielen im Vertragsverhältnis #2 auch die Definition von Service-Level-Agreements (SLA) eine erhebliche Rolle.
Abb. 23:
Vertragsverhältnisse
aa) Vertragsverhältnis 1: Softwareproduzent und Application Service Provider
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Will der Application Service Provider/SaaS Anbieter seinem Kunden ein ASP/SaaS-Modell im Rahmen des Vertragsverhältnis #2 anbieten, so muss er seine Intention für das ASP/SaaS -Modell bereits im Kaufvertrag des Vertragsverhältnisses #1 berücksichtigen. Der Application Service Provider muss beim Erwerb der Lizenzen deutlich darauf achten, dass im Lizenzvertrag zwischen ihm und dem Hersteller eine Erlaubnis zur Nutzung der Applikationen in einem ASP-Modell enthalten ist. Denn die Vermietung der Applikationen/der Software an den ASP-Kunden ist nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Produzenten zulässig.[344] Das Vertragsverhältnis #1 muss das zwingende Recht zur Unterlizenzierung sowie ggf. eine erlaubte Mehrplatznutzung beinhalten.
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Ohne die rechtliche Betrachtung im Vertragsverhältnis #2 vorweg zunehmen, wird es sich hierbei nach der gängigen Rechtsprechung des BGH[345] um ein Mietverhältnis handeln. Damit also der Application Service Provider/SaaS Anbieter sein Geschäftsmodell im Vertragsverhältnis #2 anbieten kann, muss er nicht nur die reinen Lizenzen, sprich das einfache Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 UrhG erwerben, sondern benötigt gem. § 69c Nr. 3 UrhG auch das Vermietrecht. Der Einwand, dass erworbene Gegenstände auch vermietet werden dürfen, greift nur bei Sachen und nicht bei Rechten.[346] Zwar wird vertreten, dass Software auch als Sache angesehen wird.[347] Aber bei urheberrechtlich geschützten Werken wie Software/Nutzungsrechten erschöpft sich gem. § 69c Nr. 3 UrhG das Verbreitungsrecht in Bezug auf das Vervielfältigungsstück nur mit der Ausnahme des Vermietrechts.
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Dem wiederum wird entgegen gehalten, dass kein Gleichlauf zwischen dem bürgerlichrechtlichen und dem urheberrechtlichen Begriff des Vermietens besteht.[348] Während das BGB eine Besitzverschaffung nicht zwingend voraussetzt, sondern lediglich eine Gebrauchsgewährung erfordert,[349] folgt aus der Zuordnung des Vermietrechts als Unterfall des Verbreitungsrechts zur Gruppe der körperlichen Werkvertretungen i.S. § 15 Abs. 1 UrhG, dass eine Vermietung i.S.d. des Urheberrechts die körperliche Überlassung eines Werkstücks an den Nutzer erfordert.[350] Eine urheberrechtsrelevante Vermietung nimmt der Anbieter von ASP/SaaS nach dieser Ansicht nicht vor.[351]
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In der Praxis bieten große Softwarehersteller wie SAP oder Mircosoft immer auch sog. ASP-Lizenzen an, welche ca. 133 % bis 150 % mehr kosten als einfache Lizenzen (sprich ohne dass der Lizenzgeber das Vermietrecht gem. § 69c Nr. 3 UrhG mitüberträgt). Die Sichtweise von Softwareherstellern oder Softwarehändlern wird mit der Ansicht untermauert, dass ASP/SaaS Anbieter generell eine Erlaubnis zur Verbreitung der Lizenzen gem. § 69c UrhG benötigen.[352]
bb) Vertragsverhältnis 2: Application Service Provider und ASP-Kunde
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Mit der grundlegenden Entscheidung zum ASP hat der BGH[353] das Vertragsverhältnis #2 grundsätzlich dem Mietrecht nach §§ 535 ff. BGB zugeordnet. Die Miete zeichnet sich dadurch aus, dass der Vermieter dem Mieter eine Sache, d.h. einen körperlichen Gegenstand, gegen Entgelt überlässt (§ 535 BGB i.V.m. § 90 BGB) und für die Dauer der Nutzung die Sache im vertragsgemäßen Zustand erhält. Beim ASP-Vertrag (Vertragsverhältnis #2) ist das die Bereitstellung/Gestattung von Nutzungsmöglichkeiten an Software. Bei der juristischen Einordnung eines ASP-Vertrages zwischen Application Service Provider und ASP-Kunde steht die Verschaffung einer Möglichkeit zur Nutzung der Applikation durch den ASP-Kunden im Vordergrund. Die Nutzungsmöglichkeit der Applikation ist dabei nicht auf Dauer, sondern auf temporäre Einheiten i.d.R. begrenzt, daher liegt es nahe, dass das Application Service Providing auch in der Literatur mehrheitlich dem Mietvertrag zugeordnet wird.[354]
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Grundsätzlich stellt sich noch die Frage, inwieweit die zusätzlichen Leistungen wie Pflege der Applikationen und User Help Desk aus dem Bereich der Application-Management-Services (AMS) oder die WAN-Leistungen beim ASP zu berücksichtigen sind. Betrachtet man diese AMS- und WAN-Leistungen gesondert, so müssen diese nicht unbedingt wie das ASP dem Mietrecht zugeordnet werden. Betrachtet man diese zusätzlichen Leistungen als notwendige Leistungen, um ein ASP überhaupt zu ermöglichen, wird man den ASP inkl. AMS- und WAN-Leistungen als einen zusammengesetzten oder auch typenkumulierten Vertrag betrachten können. Hierbei kann jeder Teil nach dem für sich zutreffenden Vorschriften beurteilt werden.[355]
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