Der Pferdestricker. Thomas Hölscher
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Читать онлайн книгу Der Pferdestricker - Thomas Hölscher страница 33

Название: Der Pferdestricker

Автор: Thomas Hölscher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750219397

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СКАЧАТЬ hast ja keine Ahnung“, kam es prompt zurück. „Wer nicht hier herkommt, der kann das doch gar nicht beurteilen!“ Und noch bevor Westermann endgültig beurteilen konnte, ob diese Bemerkung besonders aggressiv oder als erster Versuch in Richtung Versöhnung gemeint war, meldete sich Gottseidank die Einsatzleitstelle in Buer.

      Sie sollten auf das Gelände der ehemaligen Zeche Bismarck fahren; der Zugang sei nur über die Kneebuschstraße gegenüber dem Ruhr-Zoo möglich. Dort habe ein Mann ein Stück Grund von der Ruhrkohle gepachtet. Er habe von dort angerufen und sei wahrscheinlich das Opfer eines Einbruchs geworden. Der Mann sei sehr aufgeregt gewesen und habe einen angetrunkenen Eindruck gemacht. Man solle da mal nach dem Rechten sehen. Der Mann habe etwas von einem abgeschlachteten Tier erzählt.

      Es war 3 Uhr 46.

      Mit eingeschaltetem Blaulicht fuhren sie los. Der gemeldete Tatort lag nicht einmal einen Kilometer nördlich von ihnen, aber dort gab es nichts als Industriebrache, die sie im großen Bogen umfahren mussten. Als sie in Höhe der Überführung der A42 die Münsterstraße und den Bahnhof Zoo erreicht hatten, bogen sie nach links. In Höhe des Ruhrzoos bogen sie noch einmal nach links ab in die Kneebuschstraße, durchquerten eine alte Zechensiedlung und bremsten dann ziemlich abrupt vor einem massiven Stahltor, das die Straße versperrte.

      „Ich glaube, ich werde verrückt!“, sagte Westermann, aber Gerber schien keine Lust auf lange Diskussionen zu haben. „Steig schon aus! Das Tor muss offen sein, wenn sie das Gelände verpachten.“

      Das Tor war tatsächlich nicht verschlossen, ließ sich in quietschenden Angeln zur Seite drehen, und anschließend fuhren sie ein paar hundert Meter durch eine Gegend, die man vielleicht in der abgelegensten Wildnis irgendeines dünn besiedelten Landes vermutete, aber bestimmt nicht inmitten einer Großstadt in Westeuropa.

      Und dann sahen sie den Mann schon von weitem mitten auf der Straße stehen. Mit beiden Armen fuchtelte er in der Luft herum, als habe er Angst, der von ihm gerufene Streifenwagen könne ihn in dieser gottverlassenen Wildnis übersehen und vorbeirasen.

      Der Mann war tatsächlich betrunken. Westermann waren sofort die Fahne und die glasigen Augen des Mannes aufgefallen. Auch Gerber musste den Zustand des Kerls schnell durchschaut haben; denn er ging auf den Mann zu in einer Art, die sich doch immer mehr Menschen von einem Polizisten nicht mehr gefallen ließen: „Na, Meister, wir sind aber ganz schön abgefüllt!"

      Der Mann schien aber gar kein Interesse daran zu haben, über Gerbers rüde Art irgendwelche Gedanken zu verschwenden. „Dat habt ihr noch nich gesehen!", rief er aufgebracht. „So wat habt ihr noch nich gesehen!" Und noch bevor die beiden Beamten weitere Fragen stellen konnten, lief der Mann auf das neben der Straße liegende Grundstück, überquerte eine mit altem Gerümpel und irgendwelchen Ersatzteilen übersäte Wiese vor einer heruntergekommenen Baubude, zwängte sich mit für seinen Zustand erstaunlicher Geschwindigkeit durch die Drähte eines Zauns im Hintergrund und war den Blicken der beiden Beamten entschwunden.

      „Warte mal", hielt Westermmann seinen Kollegen zurück. „Ich hol eine Lampe. Man sieht doch die Hand vor Augen nicht." Er nahm eine Stablampe aus dem Streifenwagen und dann liefen die beiden in die Richtung, in der der Mann verschwunden war. Auch Gerber zwängte sich zwischen den Drähten hindurch, und als er mit der Jacke an einem der Stacheln hängen blieb, beschloss Westermann, doch lieber über den Zaun zu steigen: „Drück mal den Draht nach unten! Ich bin schließlich noch im biologisch wertvollen Alter."

      Es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit ringsum gewöhnt hatten und in etwa fünfzig Metern Entfernung schemenhaft die Umrisse des Mannes zu erkennen waren. „Hier müsst ihr hinkommen!", rief er mit sich überschlagender Stimme. „Hierhin! Aber macht euch auf wat gefasst!"

      „Der macht doch wohl kein krummes Ding mit uns", sagte Westermann leise und umklammerte mit der rechten Hand das Halfter seiner Dienstwaffe.

      „Hat er schon!", rief Gerber ärgerlich. Sein rechter Fuß stand mitten in einem großen Pferdeapfel. „So eine verdammte Scheiße!"

      „Nu macht doch endlich!"

      Westermann richtete den Schein der Stablampe auf den Mann und lief voraus. Als er den Mann fast erreicht hatte, hob der die Hände schützend vor seine Augen. „Leuchte mir doch nicht so in die Visage!", rief er aufgebracht. „Hier musse hin gucken!" Mit der linken Hand deutete er neben sich.

      Westermann ließ den Lichtschein in die angegebene Richtung wandern, und dann erstarrte er. „Das darf doch nicht wahr sein!"

      Der gleichen Meinung war auch Gerber, als er wenig später, immer noch über Pferdescheiße an seinem Schuh fluchend, am Ort des Geschehens eintraf. „So was habe ich ja noch nie gesehen!"

      Vor ihnen lag der blutige Kadaver eines weißen Pferdes. „Eins von meinen Ponys", rief der Mann ganz außer sich. „Einfach abgeschlachtet! Kannße mir vielleicht mal sagen, wer so wat macht?"

      Zumindest Westermann konnte nicht. Er lief ein paar Schritte zurück in die Dunkelheit und kotzte wie ein Reiher. Die weiteren Ermittlungen musste er seinem Kollegen überlassen.

      Und obschon der gerne den durch gar nichts zu beeindruckenden Macho nach außen kehrte, war auch ihm der Schrecken noch anzumerken, als sie nach über einer Stunde wieder im Wagen saßen und losfuhren.

      „So was habe ich wirklich noch nie gesehen", meinte Westermann.

      „Ich auch nicht", stimmte Gerber zu. „War schon ekelhaft." Aber schon als sie die Bismarckstraße erreichten, schienen ihn ganz andere Gedanken zu bewegen. „Schreibst du den Bericht?", fragte er.

      Noch immer schien Westermann ganz andere Probleme zu haben. „Im Augenblick bestimmt nicht."

      „Hab ich mir schon gedacht." Gerber sah seinen Kollegen von der Seite an. „Sag mal, wie schreibt man denn eigentlich, wenn einer so was macht? Du weißt doch sonst immer alles. Ist das nun Sachbeschädigung oder was?"

      „Weiß ich doch nicht", murmelte Westermann und dann ließ er die Seitenscheibe des Streifenwagens nach unten gleiten. „Hör endlich auf!"

      Gerber lachte plötzlich los. „Kotz mir hier bloß nicht den Wagen voll!", rief er fast übermütig. Mit einem erneuten Seitenblick auf Westermann lachte er noch einmal. „Du sagst mir doch früh genug Bescheid, wenn du noch mal kotzen musst?"

      Das versprach Westermann und musste sich nur wenig später dazu durchringen, sein Versprechen auch einzuhalten.

      2

      Polizeihauptmeister Gerber hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Es wartete dort ohnehin niemand auf ihn.

      Auch auf die beiden freien Tage nach der Nachtschicht freute er sich nicht. Es war schwer, soviel Zeit totzuschlagen.

      Schlafen konnte er ohnehin kaum noch. Früher hatte er nach der Nachtschicht das ganze Wochenende verschlafen können und war trotzdem nach Ende des Fernsehprogramms wieder ins Bett gegangen und neben Elke eingeschlafen. Am Montagmorgen hatte die Welt für ihn schon wieder so ausgesehen, als wenn es eine Nachtschicht nie gegeben hatte.

      Am Kiosk kaufte er sich eine Tageszeitung. Früher hatte das Ding jeden Morgen im Hausflur gelegen, aber seit Elke nicht mehr da war, gab es auch keine Tageszeitung mehr.

      „Na Schorsch, wie isset?"

      „Gut СКАЧАТЬ