Der Pferdestricker. Thomas Hölscher
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Pferdestricker - Thomas Hölscher страница 35

Название: Der Pferdestricker

Автор: Thomas Hölscher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750219397

isbn:

СКАЧАТЬ der dritten Flasche Bier glaubte er, sich etwas beruhigt zu haben. Es war einfach nicht zu fassen! Da lief einem die eigene Frau so mir nichts dir nichts weg und räumte einem in einer Nacht- und Nebelaktion auch noch die ganze Bude leer. Mit der Bierflasche in der Hand lief er durch die Wohnung, als komme es nun darauf an, den gemeldeten Schaden genau zu bestimmen. Und je länger die Liste in seinem Kopf wurde, um so fassungsloser wurde er. Diese Dinge gehörten doch ihm! Er hatte schließlich das Geld nach Hause gebracht.

      Auf dem Teppichboden des Kinderzimmers war deutlich zu sehen, wo das Bett des Jungen gestanden hatte. Dort war der Boden sauber, während der Rest schmuddelig aussah. Er spürte, wie die Wut wieder in ihm hochstieg. Der Junge hatte einfach nichts getaugt und eine harte Hand gebraucht. Und indirekt hatte er dem eigenen Sohn den peinlichen Auftritt bei seinem Dienstgruppenleiter zu verdanken.

      „Sag mal Schorsch, da ist noch was. Deine Frau hat uns erzählt, dass du im Rausch euren Jungen halbtot geschlagen hast."

      „So ein Quatsch! Halbtot geschlagen! Der Bengel ist im Augenblick in einer schlimmen Phase und braucht ab und zu was um die Ohren."

      „Sie hat gesagt, du hast ihn mit einem Ledergürtel blutig geschlagen."

      „Unsinn! Ich habe ihm den Hintern versohlt, weil das mal wieder fällig war."

      „Pass auf, Schorsch. Ich will davon nichts mehr hören. Du meldest dich bei deinem SAP und siehst zu, dass du wieder in Ordnung kommst."

      „Mensch, Werner, was soll ich denn bei dem? Die ganze Sache ...."

      „Ich habe dir gesagt, ich will davon nichts mehr hören. Du unternimmst jetzt sofort bestimmte Schritte, oder aber du trägst die Konsequenzen. Wir können uns so etwas hier nicht erlauben."

      Erneut wollte er einen tiefen Schluck aus der Flasche nehmen, als er feststellte, dass sie bereits leer war. Mit voller Wucht warf er die Flasche gegen die Wand, wo sie in tausend Stücke zersprang.

      Es war doch alles ganz anders gewesen, ganz anders. Was hatte er denn mit irgendwelchen Statistiken zu tun, aus denen angeblich hervorging, dass Kindesmisshandlung in Polizistenfamilien übermäßig häufig vorkam?

      An dem Samstagabend hatte er sich das Sportstudio angesehen, und schon den ganzen Abend hatte Elke ihn genervt, wo denn der Junge nur bleibe. Angeblich war er bei der Geburtstagsfeier eines Schulfreundes und sollte spätestens um neun Uhr zu Hause sein. Ralf war erst um kurz nach halb elf nach Hause gekommen.

      „Wo kommst du jetzt her?"

      „Von Mehmet. Der hatte heute Geburtstag." Alleine schon die leise und unsichere Stimme des Jungen hatte ihn auf die Palme gebracht. Diese schlappe Leisetreterei hatte ihn sei eh und je an dem Jungen angeekelt.

      „Sprich lauter, wenn du mit mir redest! Wo warst du?"

      „Bei Mehmet."

      „Ach! Mein Sohn treibt sich jetzt schon bei Kanaken rum!"

      „Ach, halt doch den Mund! Du hast doch gar keine Ahnung!"

      Und so etwas musste man sich von einem 14Jährigen nicht sagen lassen. Er hatte Ralf windelweich gehauen, und dessen weibisches Gewinsel hatte ihn in immer größere Wut versetzt. Mit dem Ledergürtel hatte er ihn auf den entblößten Rücken geschlagen, und weil der Junge plötzlich laut geschrieen hatte, hatte er dessen Gesicht mit dem Knie aufs Bett gedrückt und weiter geschlagen. Er hatte nicht mehr aufhören können, weil es so ekelhaft ausgesehen hatte, wie das schlaffe weiße Fleisch unter den Schlägen aufgeplatzt war und die saubere Bettwäsche mit Blut beschmiert hatte. Wahrscheinlich hätte er die Memme wirklich totgeschlagen, wenn es Elke letztlich nicht doch noch gelungen wäre, ins Zimmer zu kommen.

      „Ich hatte dir doch gesagt, es ist aus, wenn du den Jungen noch einmal anrührst." Er hatte anschließend wieder das Sportstudio gesehen, und am nächsten Morgen waren die beiden verschwunden gewesen.

      Er ging zurück in sein Zimmer und ließ sich in den Sessel fallen. Es war erst kurz vor elf, als auch die letzte Flasche Bier leergetrunken war. Er nahm sich vor, gleich überall in der Wohnung nach den Flaschen zu suchen, die immer im Wohnzimmerschrank gestanden hatten. Aber wahrscheinlich hatte Elke aus lauter Bosheit auch diese Flaschen mitgenommen. Oder schlimmer noch: sie hatte sie in der Toilette ausgeschüttet, um ihn zu ärgern. Irgendwann schlief er ein.

      Als er erwachte, schien die Sonne schräg in sein Zimmer. Erschrocken sah er auf seine Uhr. Es war kurz nach vier.

      Er hatte geträumt und fand das erstaunlich. Seit er soff wie ein Loch, träumte er kaum noch. Oder vielleicht träumte er doch, vergaß aber alle Träume. Wahrscheinlich verbrauchte er zuviel Energie, um sein Saufen vor anderen zu verbergen. Nicht dass er sich als Beamter sonderlich anstrengte, sein Laster vor Kollegen verborgen zu halten; aber eine Menge Energie kostete es doch.

      In seinem Traum war er auf dem Grundstück des Penners gewesen, der sie heute nacht gerufen hatte. Auf der Weide hinter dem Bauwagen hatten Hunderte kleiner weißer Pferde gestanden, und als er gekommen war, hatten sie sich ängstlich immer weiter in eine Ecke des riesigen Areals zurückgezogen. Mitten auf der Weide hatte Elke auf einem Stuhl gesessen und immer wieder gerufen: Lass sie in Frieden! Wenn du sie auch nur anrührst, ist es aus! Ihn hatte ihr Gezeter nur angespornt, regelrecht geil gemacht, er hatte eines der Tiere gepackt und sich auf dessen Rücken geschwungen. Er war erschrocken und enttäuscht darüber gewesen, dass das Tier plötzlich gar nicht mehr da zu sein schien, nur noch schemenhaft wie eine Wolke unter ihm zu sehen war, während seine Füße in einem riesigen Haufen Pferdemist steckten. Erst als er wütend hinter sich schlug, um das Tier anzutreiben, spürte er dessen Rücken plötzlich unter sich, wurde von ihm fortgetragen. Je schneller das Tier lief, um so rücksichtsloser stieß er ihm die Füße in die Seiten. In immer enger werdenden Kreisen bewegte er sich um Elke, die von ihrem Stuhl aufgesprungen war und ihn mit entsetzten Blicken verfolgte. Als er die Frau fast erreicht hatte, zog er den Kopf des Tieres so stark zwischen seine Schenkel, dass es sich noch einmal aufbäumte und dann zu Boden stürzte. Als es dort lag, war es plötzlich das Tier, das sie heute nacht gesehen hatten. Elke schrie völlig hysterisch, und vom Rand der Weide kam Westermann angelaufen. Er war in Uniform, und als er sie beide erreicht und einen Blick auf das Tier geworfen hatte, wandte er sich ab und musste sich übergeben.

      Trotz seiner fürchterlichen Kopfschmerzen lachte er plötzlich los. Westermann hatte heute Nacht gekotzt wie ein Reiher. Zweimal noch. Ein Kerl wie ein Baum, und dann haute ihn der Anblick eines toten Tieres um! Westermann war insgeheim ein Schlappschwanz, eine Wurst! Der Schwarm aller Schwiegermütter zwar, weil er jung war, gut aussah und das Leben und seine Karriere noch vor sich hatte. Aber vom wirklichen Leben hatte er keine Ahnung, weil er Angst davor hatte, sich die Finger dreckig zu machen.

      In diesem Augenblick schellte es.

      Noch als er sich irritiert fragte, ob es tatsächlich geschellt hatte, klingelte es noch einmal. Er sah in den Spiegel des Badezimmers, fand, dass er betrunken aussah, und nahm sich vor, die Tür nicht zu öffnen. Als es mehrfach hintereinander schellte, lief er zur Wohnungstür und betätigte den Türsummer. Dann hörte er, wie jemand zügig die Stufen im Treppenhaus nach oben kam. Als er durch den Spion Doris’ Gesicht erblickte, atmete er erleichtert auf und öffnete die Tür.

      „Was willst du denn hier?"

      „Wir hatten uns doch verabredet." Die Frau sah ihn einen Augenblick lang an, und er wandte sich ab. Ihr Blick hatte ihn wütend gemacht. Du hast also schon wieder getrunken, hatte dieser Blick gesagt.

      „Komm schon rein! Oder willst du da Wurzeln schlagen?"

      „Was СКАЧАТЬ