Название: Der Pferdestricker
Автор: Thomas Hölscher
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783750219397
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Was mir viel mehr Sorgen macht ist die Tatsache, dass Jonas sich noch nicht hat blicken lassen und ich auch nicht weiß, wie ich ihn erreichen kann. Ich habe das selber nie gewollt, aber im Augenblick muss ich es einfach als gegeben hinnehmen: Ich bin auf Jonas angewiesen. Ich habe mir stundenlang die Videoaufnahmen von ihm in Mallorca angeschaut; der Kerl ist für mich wieder eine ziemlich geile Schnitte! (Das klingt viel zu ordinär und schmutzig für das, was ich eigentlich meine.)
Vielleicht nur soviel: Ein ekelhafter Verdauungssack auf Stelzen ist sein Körper auf jeden Fall nicht mehr.
Ganz im Gegenteil.
3.5.2003
Heute hat er endlich angerufen. Ich bin unglaublich erleichtert. Sofort ist es ihm mit seiner lockeren Art gelungen, meine Lebensgeister wieder zu wecken, und obschon ich eigentlich ziemlich sauer auf ihn war, kann man diesem verrückten Kerl nicht wirklich böse sein. Dass ihm die Pfeife jucke, hat er am Schluss gesagt; ob ich immer noch mitgehen wolle zu den Nutten.
Ich konnte schon die Frage nicht verstehen; es gibt nämlich seit Wochen nichts, was ich noch lieber machen möchte.
18.5.2003
Es war ganz unglaublich! Wir haben uns auf dem Straßenstrich in Essen eine Nutte genommen, und schon wie Jonas das angestellt hat, war einfach grandios. Man darf mit diesem Zeugs nicht lange reden, hat er mir erklärt; man muss ihnen gleich sagen, wo es lang geht.
Wir sind mit der Nutte (auch so eine Schlampe irgendwo aus Osteuropa) in den Emscherbruch zwischen Gelsenkirchen und Wanne gefahren. Im Wald hat Jonas mir dann eine Lektion erteilt, wie man mit dieser Sorte Mäuse umgeht. Sie ganz bewusst und gezielt behandeln als das, was sie sind: ein erbärmliches Stück Scheiße, um das es nicht schade ist. Das überhaupt nur besteht, um jemandem wie Jonas Spaß zu bereiten. Um ihn noch größer zu machen, als er ohnehin schon ist. (In der letzten Zeit ist mir immer klarer geworden, dass ich über meine Beziehung zu Jonas noch einmal genauer nachdenken muss; ich glaube nämlich mittlerweile, dass ich ziemlich verknallt bin in ihn. Wie kann das eigentlich sein? Wir kennen uns seit eh und je, und auf einmal ist dieses unglaubliche Gefühl da. Und in diesem Zusammenhang stört mich ein Wort wie schwul überhaupt nicht; es spielt aber auch gar keine Rolle mehr! Es bedeutet einfach gar nichts!)
Das Spielen mit einer Nutte ist doch noch etwas ganz anderes als das Spielen mit irgendwelchen Pferdchen! Das ist es einfach, findet auch Jonas. Das Tollste daran war, dass sie irgendwann genau wusste, was Jonas mit ihr vorhatte, und ihre panische Angst hat mir einen unheimlichen Kick gegeben.
Es war schade, dass ich keinen Fotoapparat dabei hatte. Beim nächsten Mal werde ich einen Fotoapparat oder zumindest ein Tonbandgerät mitnehmen.
Außerdem muss es länger dauern.
22.5.2003
Die tote Nutte hat in der WAZ gestanden! In der Gelsenkirchener Ausgabe sogar ganz groß. Beim nächsten Mal müssen wir uns anderswo umsehen. Jetzt sind sie wahrscheinlich vorsichtiger geworden, und ich habe keine Lust wegen solch einem Firlefanz mit der Polizei zu tun zu bekommen. Aber auf jeden Fall muss es wieder sein. Und zwar möglichst bald.
28.6.2003
Heute Abend ist es wieder ganz schlimm, und ich wünsche mir nichts so sehr wie Jonas’ Anwesenheit.
24.8.2003
Ich werde verrückt. Ohne Jonas bin ich nichts.
6.9.2003
Es war noch weit besser als beim ersten Mal. Selbst die Fotos sind eine Sensation, und ich kann mir vorstellen, dass es viele Leute gibt, die dafür ein Vermögen ausgeben würden.
Wir waren in Bochum und haben uns eine Nutte genommen. Sie ist sofort zu uns in den Wagen gestiegen, und dann ging es ins Ruhrtal. Dieses Mal hat Jonas ihr sofort gezeigt, wo es lang geht und sie gleich gefesselt und geknebelt. (Wahrscheinlich hat er mir einen Gefallen tun wollen, weil ich ihm vorher erzählt habe, was mich am meisten anmacht.)
Er war so lustig bei der ganzen Sache, wie ich ihn selten erlebt habe. Ich habe zwar nur ‚mit Hand’ bezahlt, hat er gesagt, aber den Rest werde die Dame ihm gratis geben. Und dann hat er angefangen.
Am Schluss hat er mir sogar seine Jeans gegeben. Als kleines Souvenir sozusagen. Aber ganz wohl war ihm bei dieser Sache dann doch nicht. Ich solle gut darauf aufpassen, hat er nur gesagt; es gebe genügend Leute, die keinen Spaß verstehen.
Ich habe ihm versprochen, diese Hose zu hüten wie meinen Augapfel; es ist aber auch wohl nötig: Vor allem an den Innenseiten der Oberschenkel ist sie voller Blut.
Wenn ich mir dann die dazu passenden Bilder ansehe, könnte ich jedes Mal fast verrückt werden!
19.9.2003
Ich habe Jonas heute gesagt, dass ich ihn liebe. Ich konnte einfach nicht mehr anders.
Ich hatte schlimmste Befürchtungen gehabt, dass ihn das vielleicht kompromittieren könnte; aber das war völlig überflüssig. Jonas hat nur gelacht und gesagt, dass er das toll findet. Er mag es, wenn Leute ihn lieben. Ob Männchen oder Weibchen sei ihm ganz egal.
Ich könnte Jonas nie wirklich anfassen, und auch das habe ich ihm gesagt, und er hat wiederum nur gelacht: Eigentlich finde er das sogar schade, er lasse sich nämlich ausgesprochen gerne verwöhnen, aber ich müsse selber entscheiden, was ich tue oder lasse.
Es macht mich am meisten an, wenn ich Jonas stundenlang nur ansehen darf und er es immer gekonnter darauf anlegt, mein Interesse zu wecken. Er steht breitbeinig vor mir, stemmt die Arme in die Hüften oder fasst sich wie absichtslos in den Schritt. Am erregendsten ist es aber, wenn er ganz lässig vor mir auf der Tischkante sitzt, seine Beine baumeln lässt und es ganz offensichtlich genießt, wenn ich gar nicht anders kann als ihm zwischen die gespreizten Oberschenkel zu sehen und dabei insgeheim die beiden Nutten zu beneiden. (Jetzt kenne ich Jonas schon so lange, aber ich weiß nicht, ob ich es wagen würde, ihm das zu sagen. Ich möchte es ihm aber sagen; alleine die Vorstellung macht mich unglaublich an. Insgeheim weiß ich auch schon lange, dass ich mir auch für mich ein ebensolches Ende herbeisehne, wie es die Nutten hatten. Selbst wenn auch ich dann nicht mehr bin als ein Opfer, das seinen Mörder immer schon gekannt hat.)
Jonas muss bleiben, weil ich ohne ihn weder leben noch sterben kann!
19.4.2004
Ich habe es Jonas tatsächlich endlich sagen können, was ich ihm immer schon habe sagen wollen und bis heute nie gewagt habe ihm zu sagen, und wieder hat Jonas nur gelacht: Es gebe zwar nichts, was ihm noch mehr Spaß bereite, aber mich wolle er nicht leiden lassen; dafür seien schließlich die Nutten da. Meine eigentliche Aufgabe sei eine ganz andere.
Wir waren anschließend abends in Dortmund. Es war großartig. Mittlerweile versteht Jonas es, aus der ganzen Sache ein Ritual zu machen. Das gibt dem Ganzen etwas Feierliches, fast Heiliges. Und ganz genau das ist es doch auch: etwas Heiliges.
Jonas hat aber auch gesagt, ich solle darüber nichts mehr schreiben. Man wisse nie, und leider sei es so: Einige Leute verstehen so etwas einfach nicht.
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