Der Pferdestricker. Thomas Hölscher
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Читать онлайн книгу Der Pferdestricker - Thomas Hölscher страница 36

Название: Der Pferdestricker

Автор: Thomas Hölscher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750219397

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СКАЧАТЬ ist denn hier los? Was ist denn hier los?", äffte Gerber sie wütend nach. „Du siehst doch, was hier los ist. Die blöde Kuh hat mir heute Nacht die Bude leer geräumt."

      Die Frau ging langsam durch den Korridor und sah durch die geöffneten Türen in die einzelnen Zimmer. „Das darf doch nicht wahr sein!", meinte sie schließlich, und als sie in das Kinderzimmer sehen wollte, zog Gerber ihr die Tür vor der Nase zu.

      „Es ist aber wahr! Ich habe dir doch gesagt, dass die Alte ein hinterhältiges Luder ist. Und wenn du dich hier nützlich machen willst, kannst du eben zur Bude gehen. Ich habe nichts mehr zu trinken im Haus. Hat das Weibsbild auch alles mitgehen lassen."

      Wieder sah die Frau ihn an, und Gerber glaubte, seine Wut nicht länger beherrschen zu können. Er konnte diese vorwurfsvollen Kuhaugen nicht mehr sehen. „Meinst du denn, dass das etwas ändert, Georg?"

      „Erzähl doch jetzt keine Opern!", rief er außer sich. Er lief in sein Zimmer, stopfte die leeren Flaschen in die Plastiktüte und drückte sie der Frau in die Hand. „Also mach schon!" Er drängte sie zur Wohnungstür.

      „Wenn du meinst", resignierte die Frau.

      „Ja, meine ich." Er schlug die Tür hinter ihr zu.

      Doris hatte er vor zwei Wochen kennengelernt. In einer Kneipe.

      Nichts war mit der, gar nichts. Von Anfang an nicht. Als seinen neuen Fickschlitten hatte er sie Westermann gegenüber einmal bezeichnet, und nicht mal das war sie. Sie war schließlich schon 40 und hatte ihn nur genervt. Hatte sich bei ihm ins gemachte Bett legen wollen. Vor vier Jahren hatte ihr Kerl sie verlassen und war seit der Zeit unauffindbar; mit irgendwelchen Unterhaltszahlungen lief also gar nichts. Für ein paar Monate hatte sie dann in einer Wäscherei arbeiten können, anschließend war sie arbeitslos und tablettensüchtig geworden. Seit drei Jahren war sie jetzt schon arbeitslos und lebte von der Sozialhilfe. Vor ein paar Wochen hatte das Arbeitsamt sie in irgendeinen blödsinnigen Kurs gesteckt, und anscheinend konnte sie von gar nichts anderem erzählen als von diesem Kurs.

      „Ich hätte selber nicht gedacht, dass einem diese Sache weiterhilft. Aber es ist wirklich ganz wichtig, mal wieder aus dem Haus raus zu kommen, einfach unter Menschen zu sein."

      „Blödsinn ist das doch alles! Beschäftigungstherapie für faule Schweine, die sich auf Kosten der Steuerzahler ein paar schöne Wochen machen."

      „Wie kannst du denn so etwas sagen! Du solltest mal die Leute kennen lernen."

      Das hatte gerade noch gefehlt! Mit diesen Elementen würde er ganz anders umspringen! Denen durfte man doch nicht auch noch Zucker in den Arsch blasen!

      Wenn sie heute noch einmal von diesem Kurs anfing, würde er ihr eins vor die Mappe hauen. Er lief in die Küche, weil er Hunger hatte, und dann war ihm wieder klar, dass es in dieser Küche nichts mehr zu essen gab. Schon ein paar Mal hatte er ihr eins vor die Mappe hauen wollen, weil ihn ihr unterwürfiges Getue maßlos anekelte. Er lief in sein Zimmer zurück und warf sich voller Wut auf den Sessel. Und weil sie permanent versuchte, ihm mit ihren treu-doofen Kuhaugen ein schlechtes Gewissen einzuflößen. Wo blieb diese Schlampe denn! Mussten die das Bier erst noch machen?

      Als er schon glaubte, die bohrenden Kopfschmerzen keine Sekunde länger mehr ertragen zu können, hörte er, wie die Wohnungstür geöffnet wurde. Wenig später stand Doris vor ihm und sah ihn fast erwartungsvoll an.

      „Mein Gott! Kommst du auch noch mal wieder?“

      Die Frau hob resigniert die Schultern, stellte die Plastiktüte mit dem Bier auf den Boden und zog den Mantel aus.

      „Nu mach schon! Oder soll ich hier verdursten?“

      Widerwillig nahm die Frau eine Flasche aus der Tragetasche und reichte sie Gerber.

      „Warum guckst du so dämlich aus der Wäsche?

      „Wie soll das denn weitergehen, Georg?“

      Er konnte es schon nicht ausstehen, wenn jemand ihn Georg nannte. Seine Freunde nannten ihn Schorsch, and alle anderen sollten ihn am besten überhaupt nicht anreden. „Wie soll was weitergehen?“, schrie er los. „Was redest du da eigentlich für einen Quatsch?“

      Als wolle sie einen letzten Versuch unternehmen, ging die Frau auf Gerber zu, hockte sich vor ihn auf den Boden und sah ihn an. „Du musst aufhören zu saufen, Georg, sonst wird das nichts mit uns.“

      „Was soll denn aus uns werden?“, rief Gerber und lachte höhnisch. Er nahm noch einen tiefen Schluck aus der Flasche.

      „Wir könnten es doch so gut haben, ich meine jetzt, wo .....“

      „Was meinst du? Du meinst wohl, jetzt, wo Elke weg ist, kannst du dich bei mir ins gemachte Nest setzen! Aber da täuscht du dich! Glaubst du vielleicht, ich habe irgendwelche Absichten mit so einer abgetakelten Schlampe! Noch dazu tablettensüchtig! Du spinnst doch wohl!“

      Das war zuviel gewesen. Die Frau presste sich gegen ihn, als wollte sie ihn nötigenfalls mit Gewalt daran hindern weiterzureden und begann plötzlich haltlos zu weinen. „Warum bist du nur so gemein?“

      Gerber nahm die Wärme des anderen Körpers zwischen seinen Oberschenkeln wahr. „Du taugst doch nicht mal mehr zum Vögeln.“

      Die Frau wollte sich zurückziehen, und dann hatte Gerber seine rechte Faust in ihr Haar gekrallt und hielt sie fest. „Oder vielleicht doch? Wir können es ja mal probieren.“

      Als die Frau nun in Gerbers Gesicht sah, bekam sie plötzlich eine panische Angst. „Lass mich los! Du tust mir weh!“

      Gerber packte noch fester zu und zog den sich wehrenden Kopf der Frau gegen seinen Körper. Ihre nun ganz offensichtliche Angst steigerte seine Raserei. „Los, hol ihn raus und zeig mal, was du kannst!“

      „Lass mich los, oder ich rufe um Hilfe!“

      „Du sollst ihn rausholen, oder ich schlage dir den Schädel ein!“, schrie Gerber außer sich und zog mit der linken Hand den Reißverschluss seiner Jeans nach unten.

      Mit letzter Anstrengung konnte sich die Frau aus Gerbers Griff befreien und stürzte nach hinten auf den Boden. Augenblicklich saß Gerber rittlings über ihr.

      Sie würde nun versuchen zu schreien, das war klar. Also packte er mit beiden Händen ihren Hals und drückte mit den Daumen zu, so fest er konnte. Er schloss die Augen, weil ihn das Gesicht auf dem Boden zusehends anekelte, und er ließ erst los, als der zuckende Körper unter ihm aufgehört hatte sich zu wehren.

      3

      „Die Schizophrenie, meine Damen und Herren, ist eine Ideologie im Kleinen, im Individuellen; und die Ideologie ist eine Schizophrenie des kollektiven Bewusstseins": Professor Streiter konnte eigentlich sicher sein, dass die Mehrheit der in dem überfüllten Hörsaal sitzenden und stehenden Studenten den ersten Satz seiner Vorlesung zur Sozialpsychologie nicht verstanden hatten. Der Geräuschpegel in dem riesigen Raum war trotz des professoralen Auftretens und seines mehrfachen Klopfens mit dem Zeigefinger auf das Mikrophon ungebührlich hoch. Noch immer versuchten nämlich junge Leute gegen alle Vernunft zwischen den vollen Sitzreihen über die nach unten abfallenden Gänge weiter nach vorne zu gelangen, strömten zu spät kommende Kommilitonen in den Saal, schienen diejenigen, die einen Sitzplatz ergattert hatten, vor allem damit beschäftigt СКАЧАТЬ