Das schmale Fenster. Friedrich Haugg
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Название: Das schmale Fenster

Автор: Friedrich Haugg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844253658

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      „Guten Tag Herr Maurus. Es ist alles bereit, wenn Sie genügend Mut haben.“ Er kannte ihn nicht gut genug, um wirklich zu scherzen.

      „Na ja, man hat mir gesagt, dass sie das ganz gut können und ihr Gerät ein Rettungsflugzeug ist, Was soll da schiefgehen?“

      Der Platz neben Martin war nicht vorstandsfest und die zweite Steuersäule würde Maurus ein wenig im Weg stehen. Aber es war ja sein eigener Wunsch gewesen. Sie verstauten die kleinen Gepäckstücke hinter den Sitzen. Die üblichen weiteren Sitze hatte Martin nie eingebaut. Maurus war schweigsam. Er realisierte wohl jetzt erst, auf was er sich da eingelassen hatte.

      „Keine Sorge,“ beruhigte ihn Martin. „Sie ist sehr zuverlässig. Genießen sie einfach die etwas andere Art zu reisen.

      „Sie werden aber Nizza schon finden, oder? Es wird ja schon dunkel.“ Ohne GPS eine sehr berechtigte Frage und Martin war zum ersten Mal sehr froh, dass es diese Technik gab.

      „Wir haben hier zwar keinen Autopilot, aber ein Navigationssystem, wie sie es vom Auto kennen. Da können wir nichts falsch machen. Außerdem ist es einfacher, weil wir keine Straßen brauchen. Sie können alles auf diesem Bildschirm verfolgen.“

      „Ich lasse mich gerne positiv überraschen.“ Dann war er wieder ruhig.

      Der Tower gab den Start frei. Die Piste war länger und viele Unebenheiten beseitigt geworden. Aber das brauchte die PC6 gar nicht. Sie hoben schon nach 200 Metern ab und Maurus war noch ein bisschen stiller. In einer weiten Rechtskurve stiegen sie auf 9500 Fuß, ihre vorgeschriebene Flughöhe und nahmen Kurs nach Südsüdwest Richtung Meer.

      Der Schnee unter ihnen schien bläulich-weiß, unterbrochen von pechschwarzen, kantigen Flecken und verstreuten gelben Lichtern in den dunklen Tälern. Der eben aufgegangene Mond beschien eine Szenerie, die so ganz anders war als ihr Alltag. Über ihnen sahen sie am stahlblauen Himmel die ersten Sterne aufleuchten. Es schüttelte nur hier und da ein klein wenig. Die Turbulenzen waren gerade dabei der nächtlichen Kühle zu weichen. Eine halbe Stunde war wortlos vergangen. Es schien Martin, also ob Maurus' Gesicht jetzt wieder ein bisschen besser durchblutet war. Auch seine Körperhaltung wirkte entspannter, so weit das bei diesen Sitzen möglich war. Eine perfekte Situation, um vom Vorstandsvorsitzenden alles zu erreichen, was man wollte. Wann sonst würde man mit ihm alleine so lange zusammen und er so ausgeliefert sein. Nur, Martin wollte gar nichts erreichen.

      „Wir sind sehr froh. Herr Dr. Hohenstein, dass wir sie gewinnen konnten.“ An diese Art der Betrachtung der Dinge gewöhnte Martin sich langsam.

      „Wer war denn noch in der engeren Wahl?“ Sehr mutig, weil ein echter Schweizer so eine Frage nie direkt stellen würde. Er würde zum Beispiel eher sein Bedauern ausdrücken, dass andere nicht zum Zuge gekommen seien.

      „Das waren zwei, nicht aus der Firma, wie sie wissen. Ein Amerikaner, der in Cambridge studiert hat und der von der UBS empfohlen wurde und ein Engländer, ein Chemiker, der ausgezeichnete Arbeit in der Produktion bei Aventis in Shanghai geleistet hat. Der Verwaltungsrat André Munzer, sie kennen ihn vom letzten Empfang, hat ihn ins Spiel gebracht.“ Also hatte er recht gehabt, sie konnten sich nicht einigen.

      „Wissen Sie, Herr Hohenstein, heute geschieht alles über Netzwerke. Wie gut sind Sie eigentlich vernetzt? Man trifft sie nicht sehr oft.“ Agathe und Miriam würden ihm genügen, dachte Martin. Eine Katze zählte aber wohl nicht. Dabei fiel ihm auf, dass er bisher das gute Netzwerk von Miriam schamlos benutzt hatte, so dass er sich nie veranlasst gefühlt hatte, etwas Eigenes aufzubauen. Der Gedanke an Miriam gab ihm einen Stich. Er hatte sie schutzlos Frank ausgeliefert und sich nicht mehr um sie gekümmert.

      „Melden Sie sich doch beim Luzerner Country Club an. Ich werde sie empfehlen.“

      „Oh, vielen Dank, das ist sehr nett von Ihnen.“ Martin war begeistert. Golf spielen fand er sehr erstrebenswert. In wichtiger Gesellschaft kleine weiße Bälle in weit entfernte Löcher zu schubsen und dabei eine bedeutende Miene aufzusetzen, war immer schon sein Traum. Dass er 'nett' gesagt hatte, bereitete ihm innerliches Vergnügen. Maurus musste denken, dass er komplett naiv war. Ganz offensichtlich hatte Maurus gegen seine Widersacher gewonnen und Martin durchgesetzt. Jetzt musste Dr. Martin Hohenstein auch ein Erfolg werden und war damit Maurus' Schützling. Grundsätzlich nicht schlecht, dachte Martin. Nur wusste er nicht genau, ob zwischen Schützling und Leibeigener ein großer Unterschied bestand.

      „Sehen Sie mal die Sterne! Ist Ihnen bekannt, dass sie auch völlig verschiedene Zeiten sehen, nicht nur den Raum.“

      „Was meinen Sie? Ja, ist wirklich wunderschön heute Nacht. Wissen Sie, im Country Club können sie Golf spielen und lernen auch einmal neue Leute kennen.“

      „Das wollte ich immer schon gerne machen. Ich bin nur nie dazu gekommen.“ Zwar gelogen, sich aber als fleißiger Mitarbeiter dargestellt. Martin fand sich ganz gut.

      „Sie müssen sich in Zukunft aufs Wesentliche konzentrieren.“

      Martin stellte für sich fest, dass er 'das Wesentliche' früher anders gesehen hatte.

      „Übrigens die morgige Veranstaltung selbst ist völlig unwichtig. Wichtig ist, dass der Verbandspräsident und der Vorstand der BNP Paribas fürs Firmengeschäft da sind. Mit denen habe ich etwas zu besprechen. Halten Sie sich bitte zur Verfügung.“

      Nach einer weiteren guten Stunde näherten sie sich Nizza, wie ihr GPS-Plotter mitteilte. Zu sehen war das nicht. Es gab nur eine Linie, hinter der plötzlich alles dunkel war. Das Meer.

      Martin holte alles früher Gelernte aus der Ablage in seinen Arbeitsspeicher und schaltete den Kopfhörer von Intercom auf Funk. Da Maurus alles mithören konnte, musste es sich sehr professionell anhören.

      „NCE Tower, NCE Tower, here SWA 573 no ILS, 10 miles final.“

      Der Tower antwortete tatsächlich:

      „SWA 573, wind 075 with 3 knots, gusting 4, QNH 1032, cleared to land runway 01 left.“

      „QNH 1032 cleared to land, runway 01 left,“ bestätigte er die Freigabe zur Landung und musste nicht rätseln, was runway 01 war, weil es nur diesen gab.

      Ein Pilot richtiger Flugzeuge eichte jetzt zur Sicherheit den Höhenmesser auf die barometrische Druckangabe QNH und schaltete auf das automatische Landesystem ILS und ließ das Flugzeug alles selbst machen oder das Flugzeug sagen, was er zu tun habe. Sein Flugzeug sagte nichts und dachte wohl eher süffisant: 'Nun sieh mal zu, wie du runterkommst'. Prompt flog er auch etwas zu tief an und wurde vom Tower korrigiert. Der 'Approach' war dann auch mehr eine Art Achterbahn statt zielgerechtes Heruntergleiten, was Maurus' Gesichtsfarbe wieder ins Grünliche changieren ließ. Das Aufsetzen war aber vorbildlich, schließlich hatte er weit mehr Platz als in Buochs und ein freies Feld auf der ins Meer gebauten breiten Piste.

      Beim Ausrollen und Einbiegen in die Parkposition, für deren Finden ein altes 'Follow me' – Fahrzeug sich als sehr nützlich erwies, fing Martin schon wieder gleich an zu planen. Schließlich sollte ja auch das Weitere einigermaßen professionell ausgehen. Er erinnerte sich, wo die Schalter für die Leihwagen waren und überlegte, welche Fahrzeugklasse für einen Vorstandvorsitzenden noch gerade angemessen war. Für die etwa einstündige Fahrt nach St.Tropez brauchte er keine navigatorische Unterstützung, die Strecke kannte er, was ihn sehr beruhigte.

      Sie stiegen aus und waren umringt von fünf Blaumännern mit der Aufschrift Nice Cote d'Azur und einem unauffälligen Herren in dunklem Anzug. Maurus beachtete nur diesen und winkte Martin, ihm zu folgen. Der Herr öffnete СКАЧАТЬ