Block 4.2. Eric Scherer
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Название: Block 4.2

Автор: Eric Scherer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746780184

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СКАЧАТЬ eher fragend als erschrocken.

      Stolte tritt näher.

      „Heiner, wo steckst du die ganze Zeit?“, fragt Stolte. „Wir suchen dich schon seit Tagen.“

      Statt Antwort zu geben, hebt Kühn nur leicht die Schultern und schüttelt den Kopf.

      „Wir waren schon kurz davor, dich zur Fahndung auszuschreiben“, erklärt Stolte.

      Auch dem hat Kühn nichts zu entgegnen. Womit er offen lässt, ob ihm nur rätselhaft ist, was sein Gegenüber von ihm will, oder ob er es im Gegenteil nur allzu gut weiß, sich aber dumm stellen will, so lange es geht. Ist ja auch oft genug die beste Masche, den Mund nur aufzumachen, wenn es unbedingt geboten ist. Stolte, der aus dem platten Norden stammt, hat lange gebraucht, bis er kapiert hat, dass diese extreme Maulfaulheit ein typisch einheimisches Verhalten ist und keinesfalls zwingend von beschränktem Intellekt zeugt.

      „Du weißt, um was es geht?“, fragt Stolte, um Kühn auf die Sprünge zu helfen. Beziehungsweise um ihm überhaupt einen Ton zu entlocken.

      „Keine Ahnung“, entgegnet Kühn kopfschüttelnd und derart nuschelnd, dass dies kaum allein der Mundart geschuldet sein kann. Stolte tippt auf einen Kiefern-Schiefstand, ein Resultat der zahlreichen Brüche, die Kühn während seiner aktiven Zeit als Boxer erlitt.

      „Es liegen Anzeigen wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung gegen dich vor“, klärt Stolte ihn auf. „Und zwar seit fast vierzehn Tagen schon. Deswegen wird es langsam Zeit, dass du mal eine Aussage machst.“

      Der Dicke blickt entsetzt auf. Der im Rollstuhl dagegen wirkt geistesabwesend.

      „Ich hab nichts gemacht“, beteuert Kühn.

      Natürlich: Er hat nie was gemacht. Alle haben nie etwas gemacht.

      „Der Anzeige zufolge hast du den Dorfkrug auseinandergenommen“, informiert Stolte ihn weiter. „Und zwei seiner Gäste.“

      „Die haben angefangen“, wehrt sich Kühn, leicht aufjaulend. Man braucht schon ein gutes Gehör und ordentlich Erfahrung mit dieser Art Sprache, um aus diesem Genuschel richtige Worte herauszuhören.

      „Weißt du was, Heiner? Du kommst jetzt einfach mal mit aufs Revier und gibst das Ganze so zu Protokoll, wie du es erlebt hast. Dann sehen wir weiter.“

      „Das geht nicht“, mischt der Dicke sich ein. „Wir müssen weiter.“

      Stolte blickt ihn genervt an, bleibt aber höflich und korrekt. Das ist die Schupo-Disziplin. Und die Mentalität eines Mannes aus dem Norden.

      „Hören Sie, es ist für Heiner besser, wenn er sich umgehend zu dem Vorfall äußert. Wir versuchen, ihn seit Tagen unter seiner gemeldeten Wohnadresse zu erreichen, aber da taucht er ja nie auf. Wenn er jetzt wieder verschwindet, ohne dass er nicht wenigstens mal eine Aussage gemacht hat, handelt er sich nur noch mehr Ärger ein. Wir hätten längst ganz offiziell nach ihm fahnden lassen können, wenn wir ihn nicht so gut kennen würden. Und wenn Sie sein Freund sind, sollten Sie das einsehen – und ihm zureden, mitzukommen.“

      „Ich verspreche, ich bring ihn am Montag persönlich bei euch vorbei“, schlägt der Dicke vor. „Jetzt muss er mit uns mitkommen. Unbedingt.“

      Stolte schüttelt den Kopf. „Ich fürchte, das kann ich nicht akzeptieren.“ Was bildet dieser Typ sich überhaupt ein? Ihm Vorschläge zu machen …

      Zwischen Kühn, Stolte und dem Dicken wechseln einige lange Sekunden lang Blicke hin und her, fragende, verzweifelte, abwartende. Der Rollstuhlfahrer hat mittlerweile den Kopf gehoben und starrt unverwandt Stolte an, so als versuchte er, in dessen Zügen einen alten Bekannten wiederzuerkennen. Von der Tanke weht ein leichter Dieselgeruch herüber.

      „Polizei …“, sinniert der Alte.

      „Du bist also Beschuldigter einer Straftat“, wendet sich der Dicke dann zunächst an Kühn, dann an Stolte. „Was ist, wenn du jetzt einfach von deinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machst und erklärst, dich demnächst über deinen Anwalt zu äußern?“

      „Ich hab kein Geld für einen Anwalt“, stoppt Kühn diesen Versuch, eine sofortige Vernehmung zu verhindern, schon im Ansatz.

      „Also, was jetzt?“, fragt Stolte, im Ton etwas schärfer werdend. Dabei baut er Körperspannung auf, legt dabei sogar die rechte Hand auf sein Pistolenhalfter, als wolle er seine Bereitschaft zu ziehen demonstrieren. Das mag jetzt vielleicht etwas übertrieben wirken, ein bisschen zu sehr Sheriff, doch Stolte kann nichts dafür, er tut dies unbewusst.

      „Wir kommen aber auch mit“, glaubt der Dicke entscheiden zu können.

      „Mein Streifenwagen ist nicht für einen Behindertentransport vorgesehen“, bügelt Stolte ihn mit Blick auf den Rollstuhlfahrer ab.

      „Mein Schwiegervater ist nicht permanent auf den Rollstuhl angewiesen“, kontert der Dicke wie aus der Pistole geschossen. „Er kann kürzere Strecken ohne Probleme laufen. Er kann sich also auch bequem hinten in Ihren Wagen setzen. Der Rollstuhl lässt sich prima zusammenklappen und passt dann in jeden Kofferraum. Wenn wir nicht mitkommen dürfen, kommt auch der Champ nicht mit.“

      Stolte überlegt noch einem Moment, ob er sich das bieten lassen soll, lenkt dann aber ein. Der alte Mann ist immerhin körperlich eingeschränkt, vielleicht ist der Dicke ja auf Kühns Hilfe angewiesen, um ihn herumzuhieven, sodass es besser ist, die beiden nicht ohne ihn zurückzulassen.

      „Also gut“, sagt Stolte daher und unterdrückt ein Zähnekirschen. Wobei er ein bisschen auch auf sich selbst sauer ist, auf seine Gutmütigkeit, aber auch auf seinen verdammten Diensteifer. Seine Pizza wird jetzt kalt werden …

      Aber manchmal geht Recht eben auch vor Pizza.

      + + +

      Lustig ist das Schutzpolizistenleben ... Und manchmal nur mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus zu ertragen.

      Was hat sie sich da nur wieder aufgehalst. Mitten in der Nacht den Fahrbahnrand einer mickrigen Kreisstraße absuchen.

      Die Lichtkegel, die die Scheinwerfer von Leas Vectra produzieren, sind nicht breit genug, um die Räume neben der Fahrbahn vernünftig auszuleuchten. Also muss Lea alle hundert Meter anhalten und aussteigen, um die Landschaft mit der Handlampe zu untersuchen.

      Die anonyme Anruferin hat leider nicht verraten, in welchem Tempo das Auto von der Fahrbahn abgekommen war, ehe es sich überschlug. Aber allzu weit in die nächtliche Natur hinein kann es den Wagen nicht getragen haben. Bis an den Waldrand sind es fast dreißig Meter.

      Ist ja nicht so, dass das Jungvolk in diesen Breiten nicht gerne mal ordentlich Gas gibt. Lea hat schon Unfälle aufgenommen, da waren juvenile Verkehrsteilnehmer nach dem Besuch eines Volksfestes mit zweihundert Sachen auf Kreisstraßen wie dieser unterwegs – und flogen, als es sie vom Asphalt fegte, über zweihundert Meter weit ins Feld.

      Zappenduster erhebt er sich da vor ihr, der Wald. Steht schwarz und schweigt, wie im Lied. Wie sagte doch ihr Ex damals, als sie ihm mitteilte, wohin sie sich beworben hatte? Verkriechst du dich jetzt im Wald, hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen? Sie hatte dies natürlich unkommentiert gelassen, im Stillen aber gedacht: So ganz unrecht hat er nicht. Nur „verkriechen“ hätte sie es nicht genannt. Doch so was wie „Zurück zur Natur“ war ihr schon im Hirn herumgeschwurbelt, СКАЧАТЬ