Block 4.2. Eric Scherer
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Название: Block 4.2

Автор: Eric Scherer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746780184

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СКАЧАТЬ aber Stolte besteht auf Malzbier. Jemandem, der aus freien Stücken sein samstägliches Pizzaritual unterbricht, um sich einen eigenen, sehr speziellen Getränkewunsch zu erfüllen, dem darf eine Inspektionsleiterin durchaus noch eine zusätzliche Aufgabe mit auf den Weg geben, ohne dass ihre Sozialkompetenz leidet. Schließlich sind wir im Dienst, trotz allem, da muss Recht auch mal vor Pizza gehen. Auch wenn Pizza schneller kalt wird als Recht.

      Lea greift nach dem Schlüssel ihres Dienstwagens und erhebt sich. Eigentlich dürfte sie ja gar nicht allein rausfahren. Aber was soll sie sonst tun?

      Wenn sie jetzt tatsächlich im Bereitschaftsraum nach einem Freiwilligen fragt, der eventuell bereit ist, sie zu begleiten und seine Pizza erst in einer halben Stunde kalt zu verzehren, wird sich nur Hoffmann melden. Doch wenn sie mit dem losfährt, beflügelt sie die schmuddelige Phantasie der Zurückbleibenden. Sie werden sich ausmalen, wie sie mit Hoffmann in den nächsten Waldweg fährt, um sich ihm hinzugeben, sich „hagge“ zu lassen, wie die Jungs sagen würden. Denn so ein gemeinschaftlich genossenes Pizzaritual braucht auch geistige Nahrung, an der alle teilhaben können, und da die aktuellen Bundesligaergebnisse nicht mehr so anregend zu diskutieren sind, seit de Betze in der Zweiten Liga spielt, ist Klatsch aus der Erotikküche ein ungleich dankbareres Thema. Hoffmann steht nun einmal im Ruf, „scharf“ auf „die Alte“ zu sein, so nennen die Jungs ihre Inspektionsleiterin nämlich, Lea hat das längst aufgeschnappt.

      Das Schlimme daran ist: Die Jungs haben vermutlich recht. Hoffmann scheint ihr tatsächlich stärker zugeneigt zu sein, als es einem korrekt geregelten Dienstverhältnis zuträglich wäre. Auch diese Signale hat die Erste Polizeihauptkommissarin längst vernommen, er stellt sich ja auch zu tumb an, doch hat sie absolut keinen Nerv dafür.

      Also fährt sie lieber allein.

      Lea streift sich ihre Jacke über und gibt den Jungs Bescheid, dass sie auf Telefon und Funkanlage acht geben, sie müsse mal für eine halbe Stunde weg. Ob in dienstlicher oder privater Angelegenheit, lässt sie offen. Kann sie sich leisten als Dienststellenleiterin.

      Im Hinausgehen hört sie, wie Hanns und Holbein zu streiten beginnen. Hanns hat sich offenbar die Pizza von Holbein gekrallt, der mit Salami, Pilzen und Zwiebeln geordert hatte – auf dem Exemplar, das Hanns ausgehändigt worden ist, hat dieser jedoch keine Zwiebeln entdeckt, wohl aber auf der Pizza, die Hanns nun vor sich hat. Hanns aber scheint zum Tausch nicht bereit. Lea interessiert nicht wirklich, wie die beiden diesen Konflikt lösen werden. Vernünftig genug, nicht von ihren Schusswaffen Gebrauch zu machen, werden sie wohl sein.

      Sie kämpfen manchmal eben leidenschaftlicher für Pizza als für Recht. Da ist es besser, sich rauszuhalten.

      Als sie den Ort verlässt, um in den Wald einzutauchen, fallen ihr drei Typen auf, die auf dem Radweg daherkommen, der die Gemeinde mit der benachbarten verbindet. Einer davon sitzt im Rollstuhl. Der Nachbarort ist fast fünf Kilometer entfernt, ganz schön ungewöhnlich, dass drei Einheimische diese Distanz zu Fuß überbrücken, um diese Uhrzeit, am späten Samstagabend, auch noch mit einem Behinderten im Schlepptau. Immerhin: Sie laufen anscheinend lieber, statt sich gegebenenfalls alkoholisiert hinters Steuer zu setzen. Löblich. In solchen Momenten könnte Lea beinahe glauben, in ihrem Zuständigkeitsbereich existiere doch noch so etwas wie gesunder Menschenverstand.

      Der eine von den dreien erinnert Lea sogar an jemanden, an eine lokale Größe, mit der die Jungs öfter zu tun haben, an diesen Ex-Boxer, diesen – wie heißt er doch gleich? –, ach ja, Heiner Kühn. Kann er aber kaum sein, denn dass ausgerechnet der zu den Vernunftbegabten in ihrem Zuständigkeitsbereich gehört, kann Lea sich beim besten Willen nicht vorstellen. Liegt gegen diesen Kühn nicht auch aktuell gerade was vor? Egal, sie hat jetzt was anderes zu tun.

      + + +

      Stolte überlegt kurz, ob er sich diese drei Milchbärte mal vornehmen soll. Wenigstens die Ausweise könnte er sich zeigen lassen. Stehen da an der Kasse, freitags abends nach elf, decken sich mit Cola-Bier in Dosen, Wodka und Limo ein. Süß muss es also noch sein, wenn sich die Knaben den ersten Alk verabreichen, weil sie halt noch einen kindlichen Gaumen haben. Aber sie wären eben gerne erwachsen, und das heißt für sie, das hohle Hirn zum Drehen zu bringen. Drum wird der Alk unter die Zuckerbrause gemischt, ja, so ist sie, die Jugend von heute. Und dabei wird FIFA gedaddelt, oder DVDs werden geschaut, bis die Augen sich röten und sich irgendwann die Mägen umdrehen, Pornos oder so ein Star-Wars-Scheiß. Allein, dass sie sich den Stoff lieber zu dieser Uhrzeit an der Tanke besorgen, statt zwei, drei Stunden im Voraus zu planen und sich am frühen Abend im Getränkemarkt einzudecken, zeigt doch schon, wie blöd diese Brut ist. Hier bezahlen sie für den Kram glatt das Doppelte. Nicht zu fassen.

      Was soll’s, meine Pizza wird kalt, ruft Stolte sich zur Ordnung.

      Umständlich fingert er die letzten Flaschen Malzbier aus dem Kühlregal. Viel wird ja nie angeboten, so etwas trinkt außer ihm ja auch keiner mehr. Aber zur Pizza mag Stolte nichts anderes. Cola ist ungesund, Bier muss nicht sein, und Wasser oder Limo sind auch nichts für ihn. Malzbier aber hat Stolte schon als Kind gern getrunken. Damit hat ihn Mama aufgepäppelt, wenn er krank war oder nicht essen wollte. Und er wollte oft nicht essen, keine Ahnung, warum. Stolte ist auch heute noch kein großer Esser. Aber die Pizza am Samstagabend mit den Kollegen, die muss schon sein.

      Jetzt müssen die kleinen Dumpfbacken an der Kasse auch noch mit Karte zahlen. Dauert doch nur noch länger. Erst recht, weil sie sich auch noch bei der Eingabe der PIN vertippen? Am Ende hat der Milchbubi die Karte noch seinem Alten geklaut ... Im Ernst, Stolte, das musst du jetzt wirklich nicht nachprüfen, das ist nicht einmal ein Anfangsverdacht, das hast du dir jetzt nur so zusammenfabuliert.

      Aber wenn sich jetzt einer von denen auch noch hinter ein Steuer setzt und davonfahren will? Unternimmst du dann was, Stolte?

      Ach was. Die Milchbubis haben den Stoff nur gekauft, aber noch nicht konsumiert. Sieht auch nicht so aus, als ob sie bereits angetrunken wären. Riecht vor allem nicht so. Und einen Lappen wird der Fahrer schon haben, weshalb solltest du das also überprüfen. Dass keiner von denen aussieht, als wäre er schon über fünfzehn, heißt doch nichts, diese verweichlichten Jüngelchen rasieren sich doch heute alle erst mit einundzwanzig das erste Mal. Wenn du dir jetzt allen Ernstes die Ausweise zeigen lässt, lachen sie dich aus, dummfrech, wie es ihre Art ist. Also reg dich ab, Stolte, bezahl dein Malzbier und mach dich auf zu deiner Pizza.

      Die Bedienung an der Tanke ist ebenfalls noch blutjung, aber fett wie Sau. Tja, Mädel, du wirst wohl auch in zwanzig Jahren noch an Samstagabenden eher Dienst an der Tanke schieben, als mit Jungs loszuziehen.

      Jetzt aber nichts wie zahlen und raus hier.

      Stolte mag keine Tanken. Vor allem wegen der Neonröhren, deren Surren ihm immer im Kopf nachhallt, wirklich unangenehm ist das. Und wegen des weißen Lichts, das sie abgeben. Es lässt Gesichter aschfahl aussehen, seins insbesondere. Er ist schon von Haus aus ein blasser Typ, oder besser: ein hellhäutiger.

      Draußen an den Säulen quetscht sich der milchbärtigste der drei Bubis hinters Steuer eines klapprigen Fort Taunus, vermutlich vom Erzeuger vermacht worden, um anschließend einen Kavaliersstart hinzulegen, der von klappernden Ventilen begleitet wird. Stolte stelzt derweil zu seinem Dienstwagen, als ihm drei weitere Typen auffallen, die des Wegs kommen. Merkwürdiges Gespann: Einer ihm Rollstuhl, ein Dicker, der ihn schiebt, und einer, der eher Stoltes Figur hat.

      Moment mal ... Das ist doch Heiner Kühn. Der kühne Heiner.

      „Heiner?“, spricht Stolte ihn fast ungläubig an. Alle Schupos im Bezirk duzen den ehemaligen Boxer. Das hat sich im Lauf der Zeit halt so ergeben, so oft, wie sie mit ihm zu tun haben. Da erlaubt Stolte sich das natürlich auch.

      Kühn bleibt stehen und blickt seinerseits СКАЧАТЬ