Schnee von gestern ...und vorgestern. Günther Klößinger
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Название: Schnee von gestern ...und vorgestern

Автор: Günther Klößinger

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783737520829

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СКАЧАТЬ noch mal, was sollte nur dieses „vielleicht“? Cool musste er sein, selbstsicher, sich seines Sex-Appeals bewusst! Ihre Augen jedoch, und ihr Lächeln jagten den Ball so zielsicher in die Torwand seines Herzens, dass Fox zu keinem Machogehabe mehr fähig war.

      „Dann bin ich Lauren Bacall!“, flüsterte sie ihm zu, ergriff seine Hände und zog ihn an sich.

      Eine ältliche Passantin erinnerte sich beim Anblick des hemmungslos knutschenden Paares an ihre eigene bewegte Jugend und lächelte. Ein fundamental verbrämter Moralin-Junkie versuchte hingegen unter entsetztem Kopfschütteln, sich mit hektischen Schritten von diesem Ort des Lasters zu entfernen. Der auf einer Bank am Straßenrand sitzende Reporter der Gazette „Jouer Garcon“, der seit Wochen über einem Artikel zum Thema „Erotik im Alltag“ brütete, bedauerte, seine Kamera nicht dabei zu haben.

      Der kleine Herr im dunklen, leicht abgewetzten Anzug, der die beiden Verliebten aus einer Seitengasse heraus verstohlen beobachtete, hielt diesen Moment für günstig. Die zwei waren nicht weit von ihrem abgestellten Auto entfernt, würden also bestimmt bald weiter oder zumindest zurück in ihre Pension fahren wollen. Außerdem waren sie abgelenkt – eine ideale Situation, denn die Nachricht sollte nicht zu lange offen an der Windschutzscheibe zu sehen sein. Das wäre gefährlich, vielleicht wurde er ja observiert. Er zögerte einen Moment – falls er tatsächlich beobachtet wurde, brachte er dann mit seiner Aktion nicht zwei Unschuldige in Gefahr? Er blickte sich um, bemühte sich aber, dies so unauffällig wie möglich zu tun. Ein verzweifeltes Lachen blieb zwischen seinen Zähnen hängen: Nach wem sah er sich um? Jeder der Passanten, selbst der Eisverkäufer am Straßenrand, konnte einer seiner Verfolger sein. Er ging weiter, griff in seine Hosentasche und zog den kleinen, leicht angeknitterten Zettel heraus. Ja – er brachte sie in Gefahr, aber es war seine einzige Chance, noch einmal um Hilfe zu bitten oder wenigstens jemanden auf die Sache aufmerksam zu machen. Er erkannte das Auto wieder, das unweit des Internet-Cafés parkte. Um einen lässigen Gang bemüht, schlenderte er daran vorbei, griff im Laufen nach einem der Scheibenwischer, hob ihn kurz an und schob das kleine Stück Papier darunter. Gleichzeitig begann er darum zu beten, dass die anderen ihm noch nicht wieder auf den Fersen waren. Mit forschem Gang verschwand er in einer Seitengasse und verbarg sich hinter einer Telefonzelle. Von dort aus spähte er hinüber zum Parkplatz. Er sah einen jungen Herrn im sportlichen Designeranzug, der sich zielsicher dem Auto des Kommissars näherte.

      „Oh nein!“, stöhnte der kleine Mann im Schatten des alten Fernsprechers. Sein Magen schien zusammenzuschrumpeln wie nasses Leder beim Trocknen. Der modebewusste Beau ging an Prancocks Auto vorbei. Die Nachricht hing noch am Scheibenwischer. Der Knittermagen entkrampfte sich ein wenig.

      Lautlos und sachte glitten Ilkas Lippen von Fox’ Mund zurück. Das turtelnde Pärchen fuhr Wildheit und Kraft von Umarmung und Streicheleinheiten auf ein gesellschaftsfähiges Maß herunter. Die aufgescheuchten Schmetterlinge in den Bäuchen der Liebenden diskutierten erschöpft über Arbeitszeitverkürzung.

      Wortlos hielt ein glücklich grinsender Fox seiner Freundin den Ellenbogen hin. Ilka nahm dankbar an, auch sie hätte ihre Knie nun einer Butterfabrik verkaufen können. Ein aufkeimender Frühlingswind kühlte ihre roten Wangen und mit wolkentretenden Schritten gingen die beiden zu ihrem Auto.

      „Da ist ja schon unser rollendes Detektivbüro!“, bemerkte Ilka und auch Fox’ Gedankenwelt driftete langsam wieder in Richtung „Recherchen“.

      „Schade, dass dieser Finkenwald offenbar keine eigene Website hat!“, murmelte er in seine Bartstoppeln.

      „Stimmt, wir haben nirgends ein Bild von ihm zu sehen bekommen“, pflichtete Ilka ihrem Kommissar bei, „vielleicht hätten wir auf der Homepage eines Verlages nachsehen sollen, bei dem er veröffentlicht.“

      „Gute Idee, Kätzchen, beim nächsten Mal!“, sagte Prancock, zog gedankenverloren den Autoschlüssel hervor und sperrte die Fahrertür auf.

      „Da hängt was an deinem Scheibenwischer!“, bemerkte Ilka.

      „Immer diese Werbefritzen!“, deutete Fox die Situation etwas voreilig. Er zog den Zettel unter dem Wischerblatt hervor und zerknüllte ihn. Ohne das Papier eines weiteren Blickes zu würdigen, warf er es zielsicher in einen städtischen Mülleimer.

      „Gute Idee, die Instrumente hier im Stall zu lassen, Jessy. Draußen ziehen Wolken auf!“, bemerkte Jasmin, als sie hereinkam.

      Nick hatte seinen Bass bereits gestimmt, Robert spannte die Felle seiner Toms nach und Jessica versuchte ihrem Keyboard passende Sounds für „Dangers for Strangers“ zu entlocken. Der neue Song sollte ein echter Knaller werden. Ohne von den Tasten aufzublicken bemerkte sie: „Außerdem: Wir wollen ja proben. Das Benefiz-Festival steigt erst am Ende der Ferien!“

      „Gleichberechtigung gut!“, tönte es da von der Scheunentür. „Nichtmusiker also dürfen herein hier auch, oder?“

      Mehmets Dackelblick und Yasemins fröhlichem Zwinkern konnte nicht einmal Jessy widerstehen.

      „Kommt schon rein“, sagte sie, „wenn wir anfangen, sind wir eh nicht zu überhören! Dann stürmen unsere Fans und die, die es noch werden wollen, sowieso die Bude!“

      Jasmin hatte sich die Gitarre umgehängt und überprüfte die Stimmung. „Alles easy!“, stellte sie fest und klopfte gegen ihr Gesangsmikro.

      Ein dumpfer Laut pochte in den Boxen. Jasmin sah auf. „Mensch, Mehmet könnte uns doch abmischen!“, brachte sie ihren Geistesblitz sogleich zu Gehör.

      „Ich niemand aufmischen! Gleichberechtigung gut, aber Gewalt scheiße!“

      „Abmischen, Mehmet, nicht aufmischen. Wir haben keinen Mixer!“, schaltete sich Jessica ein. Sogleich warf sie Jasmin ein anerkennendes und Mehmet ein aufmunterndes Lächeln zu.

      „Ich auch mit Hand rühren!“, fuhr Mehmet fort, grinste aber so breit, dass der Band jetzt klar wurde, wie ihr kurdischer Freund sie auf den Arm nahm.

      „Wenn du mir jetzt auch noch erzählen willst, ein Tontechniker hätte was mit Keramik zu tun, wäre ich fast von deinem Pennerhirn überzeugt, Mann!“, zog Jessy nun ihrerseits den frisch gebackenen Bandmischer auf.

      Der spielte nach dem Unwissenden nun den Beleidigten: „Ich kein Pennerhirn, mein Hirn ein Renner!“

      „Quatsch nicht lang herum, Mehmet, ab ans Pult!“, meldete sich nun Yasemin zu Wort.

      „Gleichberechtigung gut“, seufzte Mehmet, als er hinter dem Mischpult Platz nahm, „aber ist Gleichberechtigung, dass Frauen andauernd herumkommandieren uns Männer?“

      Allgemeines Grinsen war die Antwort, die ihm entgegenschlug. Lediglich Nick blickte nach wie vor unbeteiligt auf die Regler seines Instruments. Robert trat hinter dem Drumkit hervor, ging zu Mehmet und gab ihm eine kurze Einweisung in die Kunst des Soundmixings.

      Fünf Minuten später spielte die Band den Song an. Jasmin hatte das Lied komponiert und begann nun sehr zart und gefühlvoll von ausländischen Freunden zu singen. Nach einem Break sollte das Stück dann umschwenken zum Thema „Rassenhass“. Für diesen Teil der Komposition hatte Jassy angedacht, dass Melodie und Begleitung ungleich härter und aggressiver werden sollten und die Dynamik sich steigern würde. Nach der ersten heavy gespielten Strophe unterbrach Robert mit einem Tusch auf den Becken den Song.

      „Moment mal“, warf er ein, „jetzt kommen noch drei Strophen, der Refrain sogar noch achtmal. Das dümpelt irgendwann nur noch so dahin.“

      Jasmin schluckte. Sie СКАЧАТЬ