Название: Ein Herz zu viel
Автор: Irene Dorfner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Leo Schwartz
isbn: 9783738044577
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„Das mit Fuchs kläre ich schon, machen Sie sich darüber keine Sorgen. Wo bleibt denn Fuchs? Er müsste doch längst hier sein!“ Krohmer sah auf die Uhr und wurde immer ungeduldiger. Vor allem nervte ihn der kratzige Bleistift seiner neuen Sekretärin, der ununterbrochen benutzt wurde und ein Blatt nach dem anderen füllte. Was schrieb die Frau nur ständig? Er ließ sie gewähren, schließlich war das ihr erster Arbeitstag.
Wieder kam der Kollege Hiebler auf diese Seifenfabrik Ludwig zu sprechen, was ihn absolut nicht interessierte. Er hatte genug, er musste sich dringend hinlegen. Er sehnte sich nach einer kurzen Ruhepause auf der bequemen Couch in seinem Büro. Endlich traf Fuchs ein und genoss die Aufmerksamkeit, die er auf sich zog. Langsam zog er die Unterlagen aus seiner Tasche und setzte zu einem langen Vortrag an, den Krohmer sofort unterbrach.
„Bitte keine langen Erklärungen Herr Fuchs. Was haben Sie für uns?“
„Diesmal haben wir es mit einem weiblichen Herz zu tun. Die Besitzerin müsste ebenfalls zwischen 60-80 Jahre alt sein und ist am 18. oder 19. August verstorben. Auf keinen Fall früher, darin war sich der Pathologe sehr sicher. Keine sonstigen Besonderheiten am Herz selber. Auch an der Schatulle, die den Modellen der vorherigen Herzfunde sehr ähnlich ist, konnten keine Spuren gesichert werden. Bis auf die Tatsache, dass auch hier winzige Reste von der Kernseife der Seifenfabrik Ludwig festgestellt wurden.“ Fuchs blickte in die Runde. Das, was er von sich gab, hatte die erhoffte Wirkung. Alle waren erstaunt, dass es auch hier wieder einen Bezug zu Seifen-Ludwig gab. Niemand hatte bemerkt, dass es Charlotte Deichberg bei den Schilderungen immer schlechter ging. Als sie ebenfalls einen Blick auf die Fotos warf, die Fuchs auf den Tisch legte, war sie kurz davor, sich zu übergeben. Bis vor wenigen Stunden war ihr nicht klar, mit welchen Fällen sie hier konfrontiert werden würde, und nahm sich vor, heute Abend noch ein ernstes Wort mit ihrem Cousin zu sprechen, der ihr diese Stelle wärmstens empfohlen hatte.
„Vielleicht liegen Sie mit dieser Seifenspur doch nicht so falsch. Warten wir ab, was die Unterlagen der Seifenfabrik ergeben. Wir treffen uns morgen früh um 8.00 Uhr wieder hier. Es sei denn, es gibt wichtige Neuigkeiten, die eine vorzeitige Besprechung notwendig machen. Suchen Sie mit Hochdruck nach dem Spinner, der die Herzen in Kirchen verteilt. Es wird nicht mehr lange dauern und die Bevölkerung wird auf die Sache aufmerksam werden.“ Krohmer stöhnte auf. Er konnte sich jetzt schon die Schlagzeilen und die unendlichen Fragen der Journalisten vorstellen. Vor allem musste er endlich den Staatsanwalt von den Herzfunden unterrichten. Alles Dinge, auf die er gerne verzichten konnte!
Krohmer ging und Frau Deichberg folgte ihm. Die Frau war glücklich über die neue Arbeit, die sehr viel mehr Verantwortung und Abwechslung bieten würde, als ihr letzter Job. Bis auf die gruseligen Einzelheiten, die der Job mit sich brachte. Als sie gestern das Angebot schriftlich vorgelegt bekommen hatte und ihr Cousin lange mit ihr darüber gesprochen hatte, sagte sie schließlich zu. Das Hauptargument war der kurze Weg zu ihrer Mühldorfer Wohnung, die sie sich von der Lebensversicherung ihres verstorbenen Mannes gekauft hatte. Sie lebte allein und hatte keine Kinder. Das war der einzige Punkt, mit dem sie mit der früheren Sekretärin Hilde Gutbrod übereinstimmte.
„Das ist Ihr Schreibtisch,“ begann Krohmer, als sie in seinem Vorzimmer angekommen waren. Nachdem er sich heute früh lange mit ihr unterhalten hatte und ihr das Polizeipräsidium gezeigt hatte, kamen sie jetzt auf ihren eigentlichen Arbeitsplatz und die damit verbundenen Aufgaben zu sprechen. Er war nur noch wenige Minuten von seiner Couch entfernt. „In dem Fach sind die laufenden Arbeiten, die sie bitte eine nach der anderen abarbeiten. Es sei denn, es liegt etwas Dringendes an, dann unterbrechen Sie ihre Arbeit. Jeder Besucher am Empfang wird von Ihnen zu den jeweiligen Kollegen geführt. Entscheiden Sie selbst, ob der Besucher wichtig ist. Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie den jeweils gewünschten Gesprächspartner. Telefonate werden nur an mich durchgestellt, wenn ich das Okay dafür gebe. Wenn ich nicht mit dem Anrufer sprechen will, erfinden Sie eine glaubhafte Ausrede. Sie überwachen bitte meine Termine, die ich in diesen roten Kalender eintrage. Wenn Sie einen Termin für mich vereinbaren, achten Sie bitte darauf, dass die Termine nicht zu knapp liegen. Und jetzt ganz wichtig: Termine nach 18.00 Uhr mag ich überhaupt nicht, die nur im äußersten Notfall, ich habe schließlich auch ein Privatleben. Und jetzt bitte ich, mich in der nächsten Stunde nicht zu stören.“
Krohmer ging in sein Büro und war im Grunde genommen zufrieden, dass er endlich wieder eine Hilfe hatte, die ihm vor allem den Schreibkram und die lästigen Telefonate vom Hals hielt. Trotzdem vermisste er Frau Gutbrod. Wie es ihr wohl ging? Er nahm sich fest vor, sie demnächst zu besuchen. Er legte sich auf die Couch und atmete tief durch. Dieser neue Herzfund in der St. Nikolaus-Kirche hatte ihm ganz schön zugesetzt. Er wurde von dieser Information völlig überrannt. Aber das musste warten, jetzt musste er sich dringend ausruhen. Er spürte, wie er sich langsam entspannte und schließlich in einen ruhigen Schlaf fiel.
Charlotte Deichberg war von den knappen Vorgaben des Chefs erschrocken. Wie sollte sie sich das alles merken? Sie hätte sich Notizen machen sollen!
Die Polizisten machten sich sofort an die Arbeit und suchten nun auch nach weiblichen, älteren Verstorbenen vom 18. oder 19. August. Sie hatten mehrere Personen auf ihrer Liste, die es nun zu überprüfen galt.
„Wo bleibt dieser Mitarbeiter der Seifenfabrik Ludwig? Müsste der nicht schon längst hier sein?“
„Ich werde auch langsam ungeduldig. Er wird schon noch kommen, warten wir’s ab.“ Hans sah seit heute früh mehrfach aus dem Fenster und rechnete jeden Moment mit dem Erscheinen des Mannes. Er versprach sich viel von den Unterlagen. Vor allem, weil sie es nun mit zwei Toten zu tun hatten, die irgendwie in Bezug zu Ludwig-Seifen standen. Aber er musste Geduld haben und konnte nur warten.
Inzwischen hatten die Polizisten mit den verstorbenen Frauen genug Arbeit. Die Gespräche mit den Hinterbliebenen waren sehr zeitaufwändig und gingen nicht spurlos an den Polizisten vorbei. Die Beerdigungen waren noch nicht lange her und die Trauer war somit noch sehr frisch. Bezüglich der Angehörigen hatten sie Glück, denn jede der Verstorbenen in ihrem Zuständigkeitsbereich hatte Angehörige. Mit dem DNA-Schnelltest war sofort klar, dass diese nicht passten. Viktoria veranlasste, dass auch die Suche nach der verstorbenen Frau ausgeweitet wurde, was abermals Mehrarbeit für Fuchs und seine Leute bedeutete. Aber was hätten sie sonst tun sollen? Es blieb ihnen nichts anderes übrig.
„Hier ist ein Matthias Beck. Er möchte mit Herrn Hiebler sprechen,“ hörte Frau Deichberg die Stimme am anderen Ende der Leitung. Sie war erschrocken, als das Telefon klingelte. Bis zum frühen Nachmittag konnte sie in Ruhe arbeiten. Niemand wollte etwas von ihr und somit konnte sie sich auf die Dinge konzentrieren, die man ihr zugewiesen hatte. Sie stöhnte mehrmals auf, denn die Arbeit schien nicht auszugehen. Der Chef sah besser aus. Er kam zweimal zu ihr und legte ihr wortlos weitere Arbeit ins Fach. Und jetzt der Anruf kurz vor Feierabend! Ein Besucher war hier und es war ihre Aufgabe, diesen in Empfang zu nehmen. Wer war noch dieser Hiebler? Sie würde es schon irgendwie herausfinden. Sie brauchte lange, bis sie durch das Labyrinth des Gebäudes den Empfang gefunden hatte. Der dortige uniformierte Beamte sah sie vorwurfsvoll an und sah demonstrativ auf seine Uhr, als sie sich bei ihm vorstellte. Er wusste bereits, wer sie war. Dass sie der Ersatz für Frau Gutbrod war, hatte sich schnell herumgesprochen. Einer der Kollegen wusste, dass sie die Cousine des Staatsanwaltes war und wohl durch seine Verbindungen an den Job gekommen war. Ein Umstand, der sie den meisten von Anfang an nicht sympathisch machte.
„Der Herr dort ist der Besuch für Herrn Hiebler.“
„Kommen Sie mit,“ sagte Frau Deichberg und Matthias Beck folgte ihr. Wo war denn das Büro von Herrn Hiebler? Sie stoppte an jeder Tür und las das Türschild, bis sie endlich vor der richtigen Tür stand. Ohne zu klopfen trat sie ein.
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