Название: Ein Herz zu viel
Автор: Irene Dorfner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Leo Schwartz
isbn: 9783738044577
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„Bei Recherchen zu einem komplizierten Fall stießen wir auf die Seifenfabrik Ludwig. Wir sind auf der Suche nach Informationen über die damaligen Vertriebswege.“
„Da haben Sie Glück! Die Chefetage wollte, dass wir die entsprechenden Unterlagen entsorgen. Ich habe einige Ordner widerrechtlich mit nach Hause genommen. Sie stehen in meinem Keller. Hätte ich das jetzt nicht sagen dürfen? Können Sie mich dafür heute noch belangen?“
Hans musste lachen. Der Mann, von dem er nur den Namen Hias bisher wusste, sprach tiefen, bayrischen Dialekt und war noch völlig fit. Wie alt könnte der Mann heute sein?
„Nein, dafür bekommen Sie keine Probleme mehr. Ganz im Gegenteil. Ich würde mir die Unterlagen gerne ausleihen.“
„Sie rufen von Mühldorf am Inn an?“
„Richtig.“
„Dann bringe ich Ihnen die Unterlagen morgen vorbei. Ich wollte schon lange einen kleinen Ausflug machen, konnte mich aber für kein Ziel entscheiden. Mein Wagen müsste sowieso mal wieder bewegt werden. Wir sehen uns dann morgen früh.“
Hans wollte widersprechen, aber der Mann hatte bereits aufgelegt. Konnte er dem vermutlich sehr alten Mann diese Reise überhaupt zumuten? Aber er war erwachsen und konnte somit selbst entscheiden.
Nun galt es, die Verstorbenen im fraglichen Zeitraum zu ermitteln. Es gab sechs verstorbene Herren im Altöttinger und Mühldorfer Landkreis, die vom Alter her in ihr Raster passten. Aber es war schon nach 20.00 Uhr und die Familien der Verstorbenen um diese Uhrzeit zu belästigen war nicht sehr einfühlsam. Sie wollten sich gleich morgen früh darum kümmern.
„Machen wir für heute Schluss. Ich freue mich nach der drückenden Schwüle der vergangenen Wochen und dem Gewitterwochenende auf einen lauen Biergartenbesuch. Wer kommt mit?“ Leo war begeistert, dass sich nicht nur Viktoria, sondern auch Hans anschlossen. Werner wäre bestimmt auch gerne mitgegangen, aber er hatte zuhause Frau und Baby, die auf ihn warteten.
Die drei unterhielten sich noch lange über die Herzfunde und konnten sich keinen Reim darauf machen, welches kranke Hirn auf diese Idee kam. Sie gingen nochmals alle Möglichkeiten durch, bis sich Hans verabschiedete. Er hatte am Wochenende eine neue Eroberung gemacht und wollte diese von der Arbeit abholen. Die Frau, von der Hans nur den Vornamen Martha bekanntgab, arbeitete in der Altenpflege und hatte Spätschicht. Sie wird Augen machen, wenn er mit einem Blumenstrauß vor dem Altenheim steht und sie überrascht!
Viktoria und Leo waren gerade zuhause angekommen, als sie ein Anruf erreichte: Der Mesner der St.Nikolaus-Kirche. Er war sehr aufgeregt und sprach schnell. Leo hatte Mühe, den Mann zu verstehen.
„Noch ein Herz in der St.Nikolaus-Kirche,“ sagte Leo erschrocken und startete den Wagen. Viktoria informierte die Kollegen, die fast zeitgleich mit ihnen bei der St. Nikolaus-Kirche eintrafen. Der Mesner wartete vor der Kirche und winkte ihnen zu. Er ging voraus direkt auf den Altar zu. Dort angekommen zeigte er auf die rechte Seite.
„Dort ist es, ich habe es nicht angefasst. Nachdem die Reinigungskraft der Kirche Frau Kerbel mich heute ausführlich über den Fund informierte, war ich zum Glück vorgewarnt. Sie können sich nicht vorstellen, wie erschrocken ich war, als ich diesen Behälter dort entdeckt habe.“ Der Mesner war völlig außer sich und wischte sich immer wieder über Stirn und Mund. Als ihm die Putzfrau von dem Fund erzählte, war er noch froh darüber, dass er das Herz nicht gefunden hatte. Und jetzt das! Er war wegen eines Bibel-Abends im Gemeindehaus nicht dazugekommen, die Kirche für den morgigen Gottesdienst, dem eine Taufe angeschlossen wurde, herzurichten und hatte dies zur späten Stunde nachgeholt.
Fuchs ging routiniert seiner Arbeit nach und fuhr noch in der Nacht in die Pathologie nach München. Er war gespannt darauf, was dieser Fund für Spuren ans Tageslicht bringen würde, zumal auch dieses Herz, wie das Vorherige, ebenfalls einen sehr frischen Eindruck machte.
Noch in derselben Nacht versuchten die Polizisten, die Bilder der Kamera zu sichten und Passanten zu befragen. Die Bilder waren wie erwartet sehr unscharf und man konnte auch jetzt absolut nichts erkennen. Die befragten Passanten hatten nichts gesehen oder gehört, obwohl aufgrund der warmen Nacht noch viele unterwegs waren.
Jetzt hatten sie es mit drei Herzen zu tun. Welcher Spinner trieb in ihrem Zuständigkeitsbereich mit diesem Wahnsinn sein Unwesen? Und was würde noch auf sie zukommen?
3.
„Darf ich vorstellen? Das ist die neue Sekretärin Charlotte Deichberg,“ sagte Krohmer immer noch mit heftigen Kopfschmerzen, als sie sich heute ausnahmsweise auf Viktorias ausdrücklichen Wunsch erst um 11.00 Uhr im Besprechungszimmer trafen. Die 56-jährige, dunkelhaarige, sehr schlanke Charlotte Deichberg war zwar keine Augenweide, aber die Frau wurde vom Staatsanwalt nicht nur wärmstens empfohlen, sondern fast aufgedrängt. Die hektischen Augen der Frau wanderten hin und her, wodurch sich die Brille mit dem auffällig roten Gestell ständig bewegte. Leo und Hans hatten sofort eine Abneigung gegen die Frau, während es Viktoria und Werner herzlich egal war, wer im Vorzimmer des Chefs saß. Alle begrüßten die Frau und Krohmer entschied, dass er Frau Deichberg an der heutigen Besprechung teilhaben lassen wollte. Sie setzte sich, nahm Block und Bleistift aus ihrer handgewebten Tasche und war bereit.
Krohmer war erschrocken, als er von dem zweiten Herzfund in der St.Nikolaus-Kirche hörte.
„Ein weiteres Herz? Warum haben Sie mich nicht umgehend informiert?“
„Was hätte das gebracht Chef? Erstens hatten sie einen wichtigen Termin im Rathaus, und zweitens hätten Sie nichts tun können. Fuchs ist mit den Ergebnissen der Pathologie auf dem Weg und dürfte in Kürze eintreffen. Vielleicht haben wir diesmal Glück.“
„Irgendwelche Zeugen?“
„Leider nein. Die Kameraaufzeichnungen sind unbrauchbar und es gibt keine Zeugen.“
Hans informierte den Chef über den bevorstehenden Besuch des ehemaligen Seifen-Ludwig-Mitarbeiters. Krohmer nickte diese Information nur ab, er versprach sich nicht viel von den Unterlagen. Hatte er gestern nicht deutlich gemacht, dass diese Spur nichts brachte? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Seine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Bei dem gestrigen Termin hatte er zu viel getrunken. Irgendein Idiot kam auf die Idee, Cocktails zu reichen, die aufgrund des heißen Wetters zwar wunderbar schmeckten und auch erfrischten, aber auch jede Menge Alkohol beinhalteten. Er hatte bereits zwei Kopfschmerztabletten eingenommen, spürte aber nicht die kleinste Linderung.
Dann legte Viktoria eine Liste der verstorbenen sechs Personen im Mühldorfer und Altöttinger Landkreis vor, die für den ersten Herzfund in der St. Nikolaus-Kirche infrage kamen.
„Wir haben die Familien der Verstorbenen heute Morgen aufgesucht, deshalb die verspätete Besprechung. Alle Hinterbliebenen haben versichert, dass die Leichen im Herzbereich unversehrt waren, was uns von den jeweiligen Bestattungsunternehmen bestätigt wurde. Trotzdem haben wir von allen Angehörigen Speichelproben genommen und durch einen Schnelltest mit dem ersten Herz in der St.Nikolaus-Kirche verglichen. Keine Übereinstimmung!“
„Dann müssen wir den Kreis ausdehnen. Vielleicht stammt der Tote aus München, Traunstein, oder einer anderen Gegend,“ sagte Krohmer verärgert, wobei ihm fast der Schädel platzte. Das wäre auch zu einfach gewesen.
„Die СКАЧАТЬ