Der Meerkönig. Balduin Möllhausen
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Читать онлайн книгу Der Meerkönig - Balduin Möllhausen страница 28

Название: Der Meerkönig

Автор: Balduin Möllhausen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754176504

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СКАЧАТЬ Brauen hervorlugenden Augen ein Ausdruck, der darauf hindeutete, daß er sich hier als Herr fühle und das Bewußtsein hege, nach Willkür über die außer ihm noch in dem Gemache befindlichen Geschöpfe verfügen zu können.

      Sein Gesicht war knochig, doch nichts weniger, als von Noth und Entbehrungen gezeichnet. Es hätte vielleicht hübsch genannt werden können, wenn nicht eben wilde Entschlossenheit und brutale Gleichgültigkeit so scharf auf demselben ausgeprägt gewesen wären und die wulstigen, von einem stattlichen Schnurrbarte beschatteten Lippen und der ungewöhnlich weit vorstehende Unterkiefer der ganzen Physiognomie den Charakter gefährlicher Leidenschaftlichkeit und sittlicher Verderbtheit verliehen hätten.

      Ein abgetragener, tief über die Stirne gezogener Hut erhöhte das Finstere seiner Züge; ein weiter Paletot hing lose um die breiten, kraftvollen Schultern und verbarg auf diese Weise seinen übrigen Anzug bis auf den untersten Theil der hellgrauen Beinkleider, die, offenbar ursprünglich nicht für ihn bestimmt und angefertigt, mittels schmaler Sprungriemen unter den schief getretenen Stiefeln sehr straff befestigt waren. In den Händen hielt er nachlässig eine kurze Pfeife mit silberbeschlagenem Maserkopf, und daß es ihm nicht an dem entsprechenden Tabak fehle, bewiesen die fettig glänzenden, grünen Schnüre eines Tabaksbeutels, die lang aus der einen, dick aufgebauschten Tasche seines Paletots niederhingen.

      Augenscheinlich hatte er längere Zeit mit brutaler, fast thierischer Gleichgültigkeit auf die bitteren Klagen und Vorwürfe derjenigen hingehört, die er seine Frau nannte. Als dieselbe dann endlich vor Erschöpfung und Fieberkälte nicht weiter zu sprechen vermochte, wendete er seine Blicke mit Unheil verkündender Ruhe auf sie hin.

      »Hoffentlich bist Du jetzt zu Ende mit Deinen Klageliedern, die Dir doch zu nichts helfen,« begann er, indem er die Pfeife an seine Lippen führte, sie jedoch, weil sie leer war, sogleich mit einer ungeduldigen Geberde niedersinken ließ; »bin ich vielleicht besser daran? Nein, viel schlechter; denn dort habt Ihr Euren Kessel Milch, den Ihr ungestört verzehren könnt, während ich mit Pfeife und Tabak hier stehe, ohne rauchen zu dürfen.«

      »Aber der Doctor, was soll er von uns denken, wenn er bei seinem Eintritt den Tabak riecht?« fragte die unglückliche Frau mit dumpfer Stimme.

      »Hole der Teufel den Doctor,« entgegnete der Mann zornig, »und Euch dazu, daß Ihr mir solche Leute auf den Hals zieht!«

      »Dies sagst Du zu Deinem hungernden Kinde? Hättest Du für Brod gesorgt, würde das Kind nicht gezwungen gewesen sein, den fremden Herrn um eine Gabe anzusprechen, und daß derselbe das arme, vor Kälte und Hunger bebende Geschöpf bis in seine Wohnung begleitete, ist doch nicht unsere Schuld. Und welch ein Segen war es, daß er es hat,« fügte sie mit milderem Ausdrucke hinzu; »o, die Wärme thut so wohl, und nun gar noch die Aussicht auf die warme Milch! Sieh doch Riekchen, wie es ihr schmeckt; Du hast in Deinem Leben noch keinen Hunger gelitten, oder Du würdest besser für Brod sorgen.«

      »Sorge für Brod, wenn der Verdienst schlecht ist und die Lebensmittel mit jedem Tage theurer werden!«

      »Und dennoch kann Dein Verdienst nicht gering sein, wenn er Dir die Mittel giebt, in den Kellern Fleisch zu essen, Bier und Branntwein zu trinken und Karten zu spielen.«

      Der Mann stieß als Antwort ein dumpfes Lachen aus.

      »Sage mir wenigstens, wie Du Dein Geld verdienst und verdienen willst, und ich bitte den gütigen Herrn, daß er Dir Arbeit verschafft.«

      Der Mann lachte wieder unheimlich; plötzlich aber färbte sich sein Gesicht braunroth und heftig rief er:

      »Weib, was kümmert's Dich, wo ich mein Geld hernehme, seit Du auf dem Rücken liegst und selbst nichts verdienst? Aber merke Dir's, der Doctor braucht gar nicht zu wissen, daß Du noch einen Mann hast! Hörst Du, Rieke?« rief er darauf dem erschreckt zusammenfahrenden Mädchen zu, »wenn der fremde Herr Dich nach Deinem Vater fragt, so sagst Du, der sei seit Jahren todt; verstanden?«

      Das Kind nickte ängstlich.

      »Machst Du Deine Sache gut, bringe ich Dir ein neues Halstuch und ein Paar Strümpfe mit,« fügte er darauf mit milderem Ausdruck hinzu, und dann richtete er seine Worte wieder an die kranke Frau:

      »Also Dein Mann ist seit Jahren todt, vergiß das nicht, es wird Dir's doppelt einbringen.«

      »Damit Du es uns wieder nehmen kannst.«

      »Schweig!« rief der Mann, heftig auffahrend, aus, und zugleich hob sich die geballte Faust, als ob er die in derselben befindliche Pfeife nach der Kranken habe schleudern wollen. »Wenn ich mir von dem Gelde des Doctors etwas Tabak und Branntwein kaufte, so ist das kein Unglück; wäre ich nicht so niederträchtig abgebrannt, daß ich schon heute bei einem Freunde zur Nacht essen mußte, würde ich es nicht gethan haben ...«

      »Wir hätten nicht einmal ein Brodrinde gehabt.«

      »Das wäre allerdings schlimm gewesen,« antwortete der Gauner, indem er einen halb bedauernden, halb zornigen Blick auf das Mädchen warf; »aber nun ist ja die größte Noth abgewendet, Ihr werdet satt gemacht, warm ist es auch, und Du hast daher keinen Grund, mich zu einer That zu reizen, die vielleicht nicht wieder gut zu machen wäre.«

      »Ich Dich reizen?« fragte die Frau befremdet.

      »Du brauchst Dich nicht zu verstellen, ich weiß Alles. Du hast geglaubt, ich läge in der Kammer und schliefe; aber ich schlief nicht, und ich will jetzt wissen, was Deine Brust so schwer bedrückt und was Du dem Doctor in Gegenwart eines Zeugen mitzutheilen und zu übergeben beabsichtigst.«

      Bei dieser Anrede wurde das Gesicht der Frau noch fahler, und indem sie sich vergeblich bestrebte, ihre wachsende innere Unruhe zu verbergen, brachte sie mühsam heraus: »Ich weiß von nichts.«

      »So, also Du weißt von nichts? Gut, so werde ich Dein Gedächtniß auffrischen. Du sagtest zu dem Doctor, Du habest ihm eine Mittheilung von der größten Wichtigkeit zu machen; es sei ein Geheimniß, welches Du nicht mit hinübernehmen könntest, im Falle Du sterben solltest, da das Wohl und Wehe anderer Menschen davon abhänge. Er möchte aber noch einen sichern Zeugen, jedoch keinen vom Gerichte, mitbringen, der später Deine Worte bekräftigen könne. Auch wollest Du ihm einen Beweis für die Richtigkeit Deiner Aussagen übergeben. Ich merkte wohl, um den Zeugen war es Dir gar nicht so sehr zu thun. Du wolltest nur den Doctor veranlassen, wiederzukommen, selbstverständlich zu einer Zeit, in welcher ich nicht zu Hause sei, damit die ganze Geschichte hinter meinem Rücken abgemacht werden könne. Der Doctor kam Dir wie gerufen. Solche noble Leute betreten nicht alle Tage unsere Wohnung. Das hattest Du indessen nicht erwartet, daß der quecksilberne Doctor noch in dieser Nacht mit seinem Zeugen zurückkehren würde, eben so wenig warst Du aber auch darauf vorbereitet, daß ich die Nacht in Deiner Gesellschaft zuzubringen wünschte. Hast mir zwar Winke genug gegeben, außerhalb zu nächtigen; allein warum sollte ich gehen? Ist es doch warm hier und steht mir außerdem die Freude bevor, Euch endlich einmal wieder nach Herzenslust essen zu sehen! Du begreifst also, ich habe kein Wort von Deiner Unterredung mit dem Doctor verloren, sei daher gut und vertraue mir Dein Geheimniß an.«

      »Ich weiß nichts,« flüsterte die Frau, die, so lange ihr Mann sprach, mit dem Ausdruck des Entsetzens und ohne ihn zu unterbrechen zugehört hatte.

      »Du weißt nichts, so - ist das Dein letztes Wort?« fragte der Gauner höhnisch, indem er seine Pfeife in die Tasche schob.

      »Ich weiß nichts, und wüßte ich Etwas, würde ich es nicht sagen, und wenn Du mich todtschlügst!«

      »Hm, das Todtschlagen würde mir nicht viel helfen; Dein Geheimniß ginge für mich verloren, und СКАЧАТЬ