Der Meerkönig. Balduin Möllhausen
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Читать онлайн книгу Der Meerkönig - Balduin Möllhausen страница 25

Название: Der Meerkönig

Автор: Balduin Möllhausen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754176504

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СКАЧАТЬ sich Renaten gegenüber.

      »Tausend Welt, meine liebe Gräfin, sehen Sie wieder schön aus!« rief der alte Herr enthusiastisch, indem er die mit einem holden Lächeln dargereichte kleine Hand galant küßte und demnächst sein seidenes Taschentuch hervorholte, um die durch die Wärme getrübten Gläser seiner Brille zu poliren.

      »Als ob ich nicht immer schön wäre!« lautete die mit einem bezaubernden Gemisch von Herzlichkeit und heiterer Laune ertheilte Antwort. »Aber setzen Sie sich, lieber Doctor, und erzählen Sie mir vor allen Dingen, welcher Art die wichtigen Geschäfte sind, die Sie noch zu so später Stunde hierhergeführt haben.«

      Der Doctor hatte unterdessen seine Brillengläser gesäubert und nahm der Gräfin gegenüber Platz, während der ganzen Zeit aber keinen Blick von ihrem Antlitz wendend.

      Und wohl hatte er Recht, die junge Gräfin schön zu nennen und seinen Ausspruch durch die aus seinen Augen hervorleuchtende Bewunderung gleichsam zu bekräftigen; denn wenn jemals Jugend und Liebreiz sich vereinigten, um ein weibliches Wesen mit einem unwiderstehlichen Zauber zu schmücken und zu umgeben, so war dies in vollstem Grade bei der jungen Gräfin Renate geschehen, nicht zu gedenken, daß aus den holden Zügen nur solche innere Regungen sprachen, die an sich schon genügend sind, alle Herzen zu gewinnen und für sich einzunehmen. Obwohl bereits im einundzwanzigsten Jahre, hatte das classisch geformte Gesicht doch viel von jenem kindlich-heitern, fast neugierigen Ausdruck beibehalten, der gewöhnlich mit den Kinderjahren Abschied nimmt und einer erhöhten, leider zu oft erkünstelten Befangenheit seine Stelle einräumt.

      Ihre Haut war von fast durchsichtiger Zartheit, und lieblich contrastirten zu einander die rosig angehauchten Wangen, die reine Weiße des übrigen Antlitzes, die tiefblauen Augen mit den langen, dunklen Wimpern und Brauen, das üppige, einfach gescheitelte dunkelblonde Haar und der kleine, holdselig lächelnde rothe Mund mit den blendend weißen Zähnen.

      Ihr Profil hatte einen edlen, gewissermaßen südlichen Schnitt und schien mehr auf tiefen, sinnenden Ernst zu deuten, so daß es überraschte, beim Hineinblicken in das volle Antlitz, dieses in jugendlicher Heiterkeit und einem Anfluge von Schalkhaftigkeit strahlend zu finden.

      Der Besuch des Doctors, den sie wie einen lieben Freund empfing, hatte den Ausdruck der Heiterkeit noch gesteigert. Augenscheinlich erfreute sie es, von ihm bewundert zu werden; sie scheute sich sogar nicht, dem alten Herrn gegenüber etwas Coquetterie anzuwenden, die indessen so sehr in bestimmten Grenzen gehalten wurde, daß sie ihr mehr zur Zierde gereichte, namentlich aber einen anmuthigen Gegensatz zu der zwar reichen, jedoch im Schnitt durchaus einfachen Kleidung bildete, die den hohen, schlanken Körper umschloß.

      »Wenn Sie mich lange genug betrachtet haben, lieber Herr Doctor,« begann Renate endlich, nachdem dieser abermals seine Brille behutsam abgewischt und mit den ausgebreiteten Fingern seiner rechten Hand in die über der Nase bereits tief ausgeprägte Falte gedrückt hatte, »dann gestatten Sie wohl Ihrem gehorsamsten Lieblinge, zu bemerken, daß ich im Begriff stehe, auszufahren.«

      »Was so viel heißen soll, wie: Lieber Doctor, ich sehe Sie zwar sehr gern, aber in diesem Augenblicke wäre es mir doch lieber, wenn Sie sich zum Teufel scherten!« antwortete der Doctor, seine Tabaksdose mechanisch hervorziehend und mit derselben spielend.

      »So etwas trauen Sie mir zu?« fragte die Gräfin mit erheuchelter Entrüstung, wobei aber ihre Augen vor innerem Wohlgefallen leuchteten. »Sie, der älteste Freund unseres Hauses, und mir, der wilden Renate, die einen großen Theil ihrer Erziehung den gediegenen Rathschlägen des hochverehrten Herrn Doctors Bergmann verdankt?«

      »St!« zischte der alte Herr, indem er seine Dose schnell in die Westentasche schob und zu Renatens größtem Ergötzen auf seinem Stock, der ihn nie verließ, offenbar ohne es selbst zu wissen, einen kurzen Accord blies. »St, nur immer ruhig, meine liebe Renate, es war nicht so schlimm gemeint; ereifern Sie sich daher nicht, das beeinträchtigt Ihre Jugend und Schönheit ...«

      »Immer der alte, liebenswürdige Schmeichler!« unterbrach ihn Renate mit hellem Lachen. »Aber Sie sind unvorsichtig, lieber Doctor, denn wiederholen Sie mir das noch oft, so bin ich gezwungen, es zu glauben!«

      »Tausend Welt, als ob Sie das nicht längst wüßten!« polterte der Doctor, und mit der Schnelligkeit eines Gedankens hatte er von seiner Tabaksdose den richtigen Gebrauch gemacht. »Wissen Sie doch, daß Sie Ihrer vortrefflichen Mutter sprechend ähnlich sind, und das will doch wohl genug sagen!«

      Bei diesen Worten stützte er beide Hände und das Kinn auf den goldenen Knopf seines Stockes, und mit wehmüthigem Ernst, jedoch innigem Wohlgefallen schaute er wieder zu Renate hinüber.

      Die Augen der Gräfin hatten sich umflort.

      »Warum mußte ich so früh meine arme Mutter verlieren?« sagte sie mit einem tiefen Seufzer.

      »Ruhig, ruhig, liebes Kind, das läßt sich nun einmal nicht ändern; wenn der liebe Gott es einmal so beschlossen hat, dann sind wir Aerzte an den Krankenbetten die reinen Waisenknaben. Sie haben Ihre Mutter lange nicht so kennen gelernt, wie ich, denn Sie waren damals noch ein kleines Kind; auch dürfen Sie nicht vergessen, daß Sie noch einen Vater haben.«

      »Der sich indessen nur wenig um mich kümmern kann,« schaltete die Gräfin ein.

      »Ist auch nicht nöthig, mein liebes Kind; Sie sind verständig genug, um allein zu denken und zu handeln, und schlimmsten Falls haben Sie auch Freunde, warme, aufrichtige Freunde.«

      »Unter denen ein gewisser Doctor Bergmann obenan steht,« versetzte Renate, dem alten Herrn mit einem dankbaren Lächeln die Hand reichend.

      »Nun ja, Sie mögen nicht so ganz Unrecht haben,« entgegnete der Doctor, indem er die dargebotene Hand mit aller Kraft drückte, und auf Renatens schmerzhaftes Zucken ein väterliches: »Bitte um Verzeihung!« folgen ließ. »Aber wirklich, ich bin nicht gekommen, um Sie trübe zu stimmen oder großartige Elogen mit Ihnen auszutauschen - sagen Sie mir, wohin wollen Sie noch, trotz aller Nacht und Kälte, fahren?« fragte er plötzlich im Geschäftstone und sein rundes Kinn wieder auf den goldenen Knopf stützend.

      »Zur Gräfin Clotilde.«

      »Die Gräfin Clotilde kann Sie auf einen andern Abend einladen.«

      »Aber warum denn, lieber Herr Doctor?«

      »Weil Sie heute Abend nicht hinfahren werden.«

      »Darf ich nach dem Grund fragen?«

      »Gewiß, gewiß, mein liebes Kind; weil Sie mit mir fahren müssen, oder ich vielmehr mit Ihnen, denn ich bin zu Fuße hergelaufen. Ich hatte nämlich keine Zeit, vorher nach Hause zu gehen und anspannen zu lassen.«

      »Und wohin, wenn ich fragen darf?« erwiderte die Gräfin keineswegs überrascht, jedoch mit einem hohen Grade von Spannung und natürlicher Neugierde sich dem Doctor zuneigend.

      »Dahin, wohin Sie und ich gehören - ich meine, in die Wohnung des unverschuldeten Elends. Also beeilen Sie sich, mein liebes Kind, wickeln Sie sich warm ein, denn draußen ist es malitiös kalt, und dann vorwärts!«

      »Solch strengem Befehle gegenüber läßt sich allerdings nichts ausrichten,« versetzte die Gräfin, sich mit der größten Bereitwilligkeit erhebend, welchem Beispiele der Doctor, in der einen Hand den Hut, in der andern den Stock, augenblicklich folgte. »Aber behalten Sie Platz, Herr Doctor, so schnell geht das nicht,« fügte sie mit herzlicher Freundlichkeit hinzu: »erstens muß ich absagen lassen ...«

      »Schicken Sie einen Bedienten hin, СКАЧАТЬ