Der Meerkönig. Balduin Möllhausen
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Читать онлайн книгу Der Meerkönig - Balduin Möllhausen страница 23

Название: Der Meerkönig

Автор: Balduin Möllhausen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754176504

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СКАЧАТЬ nach besten Kräften gethan zu haben, und von Seiten der Beschützer der Anstalt wird bei Gelegenheit der Aufnahme des Protokolls über den betrübenden Vorfall gewiß der so überaus liebevollen Fürsorge des Herrn Grafen und seines Wohlthätigkeitssinnes gebührender Maßen und mit dem Ausdrucke innigster Dankbarkeit gedacht werden.«

      »Ja, ja, Niemand kann Schuld oder Interesse an dem frühzeitigen Ende des Kindes gehabt haben,« versetzte der Graf zerstreut; »wir versuchten Alles - aber wie war es doch, Herr Seim, nicht wahr, das Mädchen wurde von einer unbekannten Frau heimlicher Weise in einem Korbe bei Ihnen zurückgelassen? Ich meine nur - für den Fall, daß ich selbst gelegentlich Betreffs dieser Sache befragt würde.«

      »Den Herrn Grafen trügt sein Gedächtniß nicht,« lautete des Vorstehers zuvorkommende Antwort; »das Kind war damals, also vor neun Jahren, erst ein zweijähriges, verkümmertes, kaum menschenähnliches Wesen.«

      »Gut, gut, ich entsinne mich genau; ich sah es später auf der Straße, fand Wohlgefallen an seinen hübschen Augen, ließ ihm, anfänglich aus Laune, mancherlei zufließen, bis sich die Laune in rege Theilnahme und zuletzt in eigensinniges Beharren auf dem einmal gefaßten Entschluß verwandelte.«

      »Sehr wohl, Herr Graf, so verhielt sich die Sache,« entgegnete Herr Seim mit einem halb vornehmen, halb unterthänigen Schmunzeln, »und in Uebereinstimmung damit ist auch das Buch über den namenlosen Findling geführt worden.

      Der Graf, offenbar zufriedengestellt, wußte nichts zu antworten, denn nachdem die Geschäfte beendigt waren, gab es ja nichts mehr in der Welt, worüber er noch mit dem Waisenhaus-Vorsteher hätte sprechen mögen. Er streckte daher seine Füße lang von sich und begann, mit den Sporen dem Neufundländer ziemlich nachdrücklich in die Seiten zu bohren, bis dieser, trotz seiner großen Geduld, wieder einmal vor Schmerz laut aufjauchzte.

      Herr Seim, begabt mit ungewöhnlichem Scharfsinne, betrachtete das Jauchzen als eine Mahnung, daß die Audienz beendigt sei und erhob sich. »Adieu, mein werther Herr!« versetzte der Graf nachlässig, noch bevor der Vorsteher den Mund geöffnet hatte.

      »Verzeihen der Herr Graf, ich muß nothgedrungen wagen, ganz ergebenst darauf hinzudeuten, daß die von dem Herrn Grafen vorgeschlagenen und gewünschten Besserungsversuche mit dem Kinde sehr kostspielig gewesen sind, und da die Verwaltung des Waisenhauses keine Bevorzugung ...«

      »Ich verstehe, Sie wollen Geld, beinahe hätte ich es vergessen; dort auf der Tischecke liegt es schon bereit.«

      Das geübte Auge des Vorstehers hatte schon längst das Geld gesehen, mehrere Papierscheine, und auch den Werth desselben annähernd errathen. Auf die Aufforderung des Grafen nahm er es daher an sich, und nachdem er in schönen und correcten Wendungen seinen innigsten Dank ausgesprochen, welchen der Graf mit einem herablassenden »Schon gut!« hinnahm, wendete er sich mit einem wohlklingenden: »Gott erhalte den Herrn Grafen!« der Thüre zu.

      Der Graf blickte ihm nach, und ein Zug der unaussprechlichsten Verachtung breitete sich über sein schlaffes Gesicht aus, als der Vorsteher sich in der offenen Thür noch einmal umwendete und mit einer abermaligen Verbeugung und einem abermaligen, aus tiefstem Herzensgrunde hervorgeholten: »Gott erhalte Sie!« sich rückwärts zur Thüre hinausschob.

      Kaum waren die Schritte des sich Entfernenden auf der Treppe verhallt, da öffneten sich die Vorhänge des Schlafgemachs und herein trat die Gräfin. Ihr Gesicht trug die unverkennbaren Spuren innerer Aufregung.

      »Ein zwölfjähriger Knabe würde seine Sache eben so gut gemacht haben,« begann sie, indem sie den Stuhl, auf welchem der Vorsteher gesessen, verächtlich zur Seite rollte und einen andern an dessen Stelle schob; »wäre dieser Schurke von Komödiant nicht so auf Geld versessen, dann hätte es ihm schwerlich entgehen können, daß der kleine Strolch Dir mehr Sorge verursacht, wie nöthig ist. Wozu Theilnahme verrathen, wenn man mit Geld viel weiter gelangt?«

      »Ich hätte Dich an meiner Stelle sehen mögen,« entgegnete der Graf gedehnt; »ich halte den Kerl außerdem in den Fingern. Er handelte auf eigene Verantwortlichkeit, und ein Bericht von mir vermag ihn um seine Stelle zu bringen.«

      »Und was kann eine auf seine Veranlassung herbeigeführte Nachforschung uns kosten?« fragte die Gräfin spöttisch.

      »Male nicht den Teufel an die Wand,« erwiderte der Graf; »solchen Lumpen stopft man jederzeit den Mund mit Geld oder mit noch etwas Anderem. War er doch unverschämt genug, als ich von Anerkennung seiner Dienste sprach, sehr bezeichnend mit seinem Knopfloche zu spielen, als hätte er sagen wollen, daß meine Connexionen ihm wohl ein Bändchen in dasselbe verschaffen könnten, hahaha!«

      »In der That, eine niedrige Seele, dieser Vorsteher,« bemerkte die Gräfin; »schlimmsten Falles müßten wir indessen doch Etwas für ihn thun. Uebrigens ist er auch ohne dies sicher genug, und wer weiß, ob Kälte und Schnee uns nicht bereits längst einen guten Dienst geleistet haben. Doch wo willst Du Deinen Abend zubringen?« fragte sie plötzlich in einem andern Tone, als sie unten einen Wagen vorfahren hörte.

      »Im Britannia Hotel.«

      »Um Dein Geld zu verspielen? Laß lieber für heute das Spiel und komm mit mir; ich habe nämlich an Dich gedacht und die Gräfin Renate zu einem vertraulichen tête-à-tête eingeladen.«

      »Die Gräfin Renate?« fragte der Graf, hastig emporspringend.

      »Die Gräfin Renate und sonst Niemanden.«

      »Auf Ehre, Schwester, besser hättest Du nicht operiren können! Seit das Mädchen seine alte Großmutter beerbte, erscheint es mir doppelt schön und, unter uns gesagt, es ist hohe Zeit, daß ich mich gut verheirathe, um den Glanz unseres Hauses und Namens aufrecht zu erhalten.«

      Mit diesen Worten warf der Graf seine Jagdjoppe zur Seite, und in der nächsten Minute stand er in einem glänzenden Uniformrocke, der seine stattliche Figur noch schöner hervortreten ließ, da, um sich von dem auf sein Klingeln herbeigeeilten Diener den Mantel umhängen zu lassen.

      Die Gräfin antwortete nicht mehr; dagegen beobachtete sie ihren Bruder mit Wohlgefallen, im Stillen ihre Betrachtungen darüber anstellend welch schönes Paar derselbe mit der reichen Gräfin Renate bilden würde.

      Auch ihr wurde darauf der kostbar verbrämte Mantel umgegeben, und fünf Minuten später rollten die Geschwister in der heitersten Stimmung der Wohnung der Gräfin zu.

      6. Doctor Bergmann und sein Liebling.

      Fast zu derselben Zeit, in welcher Herr Seim die Wohnung des Grafen Hannibal verließ, trat mit nicht geringerer Eile ein kleiner Herr aus einer zu dem dürftigsten Viertel der Stadt führenden Gasse in die Hauptstraße, um nach kurzem Sinnen die Richtung nach dem Viertel oder Achtel oder Sechzehntel der vornehmen Leute einzuschlagen.

      Derselbe hatte zum Schutze gegen die Kälte den Kragen seines Ueberziehers emporgeschlagen und seinen Hals durch ein wollenes Tuch geschützt. Seine Hände dagegen waren unbedeckt, obwohl der krampfhafte Griff, mit welchem die rechte Faust den langen Rohrstock unterhalb des goldenen Knopfes umschloß und bei jedem Schritte schallend auf die Erde stieß, darauf hindeutete, daß er doch nicht so unempfindlich gegen die Kälte sei, wie man bei einem flüchtigen Hinblicke vielleicht zu vermuthen geneigt war.

      Die Wahrheit ist: der kleine Herr trug die Handschuhe in der linken Hand und hatte nur vergessen, sie anzuziehen, was sehr zu entschuldigen, weil er viel wichtigere Dinge, als etwas Frost, zu bedenken hatte. Das hinderte indessen nicht, daß er Stock und Handschuhe zuweilen austauschte, recht derb in die jedesmal die Handschuhe tragende СКАЧАТЬ