Jahr der Ratten. L.U. Ulder
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Читать онлайн книгу Jahr der Ratten - L.U. Ulder страница 18

Название: Jahr der Ratten

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738017168

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СКАЧАТЬ gut, schick deinen Krams rüber, ich schaue mir das mal an. Und, wie geht es dir in Den Haag? Hast du dich langsam eingelebt?“

      Sie unterhielten sich noch ganze eine Weile und sprachen über dies und das. Valerie genoss das Gespräch mit der älteren Kollegin. Das Thema, das Grund für den Anruf gewesen war, schnitten sie nicht mehr an.

       ****

      Gesine legte den Hörer schließlich auf und seufzte genießerisch. Der Journalist, von dem Valerie gesprochen hatte, massierte ihr zärtlich den Nacken.

      „War das die Kleine, die du letztes Jahr unter deinen Fittichen hattest? Diese gut aussehende Brünette?“

      „Ach sieh mal an. Das hast du also doch bemerkt, dass sie hübsch ist, meine ich.“

      „Das war wohl nicht zu übersehen. Als sie bei deiner Geburtstagsfeier aufgetaucht ist, waren meine Kollegen ganz aus dem Häuschen.“

      „Nur deine Kollegen?“

      „Ich bitte dich“, antwortete Thore mit gespielter Entrüstung.

      „Ich könnte fast ihr Vater sein.“ Thore arbeitete sich mit seinen Massagegriffen den Rücken hinunter.

      „Ist sie nicht sitzen gelassen worden kurz vor der Hochzeit?“

      „Ja, von unserem Dienststellencasanova. Wenn der wüsste, was ihm da entgangen ist.“

      „Aber wirklich.“ Thore streichelte unter den Armen entlang, bis er an die Brüste seiner Partnerin gelangte, dabei sprach er gedankenverloren weiter.

      „Eine tolle Ausstrahlung hat die Frau. Sehr geschmackvoll gekleidet und trotzdem so dezent, eine klassische Schönheit. Das ist ein anderes Kaliber als das, was ihr sonst so zu bieten habt.“

      Die Luft wurde dünner. Gerade rechtzeitig bemerkte er, wie Gesine zischend die Luft einsog.

      „Anwesende natürlich ausgenommen, versteht sich“, beeilte er sich lachend zu sagen.

      „Dein Glück, mein lieber Freund. Ich muss mich doch sehr über dich wundern. Die Gedanken an meine Kollegin scheinen deine Libido derartig anzuregen, dass du mir gleich an die Wäsche gehen willst.“

      Jetzt lachten beide ausgelassen.

      Nachdem sie ihm die Geschichte von den toten Soldaten erzählt hatte, brummte er nur lakonisch,

      „Klingt nach einer guten Story. Sag mir rechtzeitig Bescheid, wenn sie den Ersten umgelegt hat.“

      Mit einem Blick auf ihr finsteres Gesicht schob er nach, „okay, okay, ich werde ein bisschen rumrecherchieren. Ich kenne jemanden, der eine Zeit lang in Sarajevo war.“

      Kapitel 10

      Das Herz schlug ihr vor Aufregung, als wolle es zum Hals herausspringen. Tausend Gedanken schossen Valerie durch den Kopf, als ihre Hand den Knauf der Eingangstür berührte. Sie atmete noch einmal tief durch und drückte die Tür auf.

      Mit dem schummrigen Gefühl, als würde sie zu einer Prüfung gehen, betrat Valerie die Dienststelle der niederländischen Polizei in Leiden.

      Sie war ohne einen offiziellen Auftrag unterwegs. Wenn jemand davon Wind bekam, dass sie privat in irgendwelchen Ermittlungsvorgängen herumschnüffelte, würde es im günstigsten Fall peinlich werden. Über die ungünstigere Variante wollte sie lieber gar nicht erst nachdenken, dazu war später noch genügend Zeit.

      Wie sie es befürchtet hatte, saß ihr Anna jetzt im Nacken. Festgebissen in ihrer Theorie über unentdeckte Morde und einer europaweiten Verschwörung. Seit der Mail am frühen Montagmorgen waren ihre Anrufe ununterbrochen im Büro aufgelaufen. Zuerst hakte sie vorsichtig nach, ob sie schon etwas erreicht hätte. Mit jedem Anruf aber wurde sie dreister, fordernder bis an die Grenze zur Unverschämtheit. Nein, es war nicht damit zu rechnen, dass sie irgendwann von allein aufhörte. Schon um Ruhe zu bekommen, würde sie wohl oder übel einige Nachfragen anstellen müssen. Wobei sie Anna in einem Punkt beipflichten musste, die Häufung der Todesfälle in diesem kleinen Kreis war zumindest auffällig.

      Es zeigte sich schnell, dass ihre Sorgen unnötig gewesen waren. Kaum dass sich die gut aussehende Frau im Dienstgebäude befand, kümmerten sich mehrere niederländische Kollegen um sie und ihr Anliegen. Es fand sich sofort ein Beamter, der deutsch sprach und sie unter den neugierigen Blicken seiner Kollegen durch das Haus geleitete.

      In der ersten Etage schließlich stand Valerie einem baumlangen, etwas dicklichen Mann in einem kahlen, unpersönlich eingerichteten Büro gegenüber. Wäre nicht das Namensschild an der Wand neben der Eingangstür gewesen, sie hätte annehmen müssen, in einem Warteraum oder einem lediglich für Vernehmungen genutzten Raum zu stehen.

      Behördenbarock, wohin das Auge schaute. Schreibtisch, Regal, Schrank. Alles in der gleichen tristen Farbe. Nichts Persönliches, weder eine Pflanze auf der Fensterbank noch ein aufgestelltes Bild auf dem Schreibtisch. Noch nicht einmal herumliegende Akten. Nichts, das darauf hindeutete, dass hier ein Mensch einen großen Teil seines Lebens verbrachte.

      Nur eine Schreibunterlage und eine längliche Schale mit einigen Stiften und anderen Schreibutensilien. An der Wand hing ein von einer Polizeigewerkschaft gesponserter Dreimonatskalender, der einzige freundliche Akzent im Raum.

      Fantasielose Wirkungsstätte eines hoffentlich nicht genauso fantasielosen Menschen.

      Und der Mensch war riesig. So groß, dass er trotz ihrer für eine Frau beachtlichen Größe von 1,79 m von oben herab auf sie herunter schauen konnte. Seine Augen strahlten eine feine, kaum merkliche Herablassung aus, als schien er sich nur aus gespielter Höflichkeit zusammenzunehmen.

      Valeries Gespür dafür war ebenso fein, trainiert durch die größte Enttäuschung ihres Lebens.

      Godelief Prins besaß rotstichiges Haar, eine helle, teigige Haut und so gut wie keinen Bartwuchs. Auch seine weißen Arme waren völlig unbehaart. Über seinem Gürtel wölbte sich ein wabbeliger Bauchansatz. Nicht, dass er übermäßig dick war, aber er wirkte durch und durch schwabbelig und unsportlich. Wie eine Aufblaspuppe, die etwas von ihrem Druck verloren hatte und sich nun weich eindrücken ließ. Bei Frauen war er sicher nicht sonderlich erfolgreich, dürfte sich manche Abfuhr eingefangen haben. Vielleicht trat er deshalb der Kollegin so abweisend entgegen.

      Prins hatte die Todesermittlungen im Fall Piet Lijsen geführt.

      Er klemmte sich hinter seinen Schreibtisch, erst danach bot er Valerie mit einer knappen Handbewegung Platz an. Stirnrunzelnd hörte er sich an, dass sich ausgerechnet jemand von Europol für den Tod des Mannes interessierte.

      „Ich wusste gar nicht, dass Europol selber Ermittlungen anstellt. Ich dachte, ihr sammelt nur Informationen und lasst sie dann verschwinden, damit keiner mehr etwas damit anfangen kann.“

      Dabei lachte er aus vollem Hals, lehnte sich zurück und schlug mit der rechten Hand auf den Schreibtisch, dass die Stifte in der flachen Schale fast heraussprangen.

      Dem gut und gerne zehn Jahre älteren Kollegen, der sie spöttisch von oben herab betrachtete, antwortete sie trocken:

      „Bei manchen Fällen ermitteln wir auch selbst, bevor wir dann die Akten verschwinden СКАЧАТЬ