Jahr der Ratten. L.U. Ulder
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Читать онлайн книгу Jahr der Ratten - L.U. Ulder страница 16

Название: Jahr der Ratten

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738017168

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СКАЧАТЬ zur Verfügung. Zuerst öffnete sie ihr E-Mail-Postfach und überprüfte die Eingänge. Sie seufzte auf.

      Annas Mail war bereits eingegangen.

      Zu früh gefreut.

      Die unverhoffte Möglichkeit auf ein Date am Sonntagnachmittag mit ihrem verheirateten Liebhaber hatte Anna nicht von ihrem Vorhaben abbringen können.

      Ganz früh am Morgen war die Mail versandt worden. Anna hatte die ihrer Ansicht nach entscheidenden, wichtigsten Passagen der Akten eingescannt und als Anhang an die Mail gehängt.

      Valerie gab mit einigen Mausklicks einen Druckauftrag für die Dokumente und holte sich einen Becher Kaffee vom Automaten auf dem Flur, während der Drucker Blatt für Blatt auswarf.

      Lustlos blätterte sie anschließend in den Seiten und nippte dabei an dem lauwarmen Automatengetränk. Der Kaffee schmeckte grässlich bitter, als wäre er über das gesamte Wochenende aufgewärmt worden. Angewidert verzog sie ihr Gesicht und stellte den Becher auf den Schreibtisch.

      Die Auszüge aus den Personalakten der gestorbenen Exsoldaten gaben letztlich nur das wieder, was Anna längst berichtet hatte.

      Der Niederländer war in Leiden gestorben. Tod in Leiden.

      Beim Kopfschütteln huschte für einen Sekundenbruchteil ein pietätloses Grinsen über ihr Gesicht.

      Leiden. Wo zum Teufel ist Leiden?

      Sie kramte in ihrer Schreibtischschublade und zog den Europaatlas heraus, den sie vorsorglich hier deponiert hatte, um sich in der Anfangszeit orientieren zu können. Nach einigem Blättern war die entsprechende Seitenangabe mit den Koordinaten gefunden. Angespannt folgten die Augen dem Finger auf der Karte, bis sie sich mit der Hand vor die Stirn schlug.

      Fast um die Ecke, wie unangenehm.

      Gedankenverloren blätterte sie weiter. Die Polizeibeamten in den jeweiligen Ländern waren bei ihren Todesermittlungsverfahren allesamt zu dem gleichen Schluss gekommen. Ein Fremdverschulden wurde definitiv ausgeschlossen. Punkt. Aus.

      Wo sollte sie hier ansetzen? Sollte sie von den Bedenken einer kleinen Sachbearbeiterin der NATO-Personalabteilung berichten?

      Unwillkürlich musste sie grinsen, weil sie sich in die Rolle eines der Ermittler versetzte.

      Würde sie sich davon beeindrucken lassen?

      Wohl kaum.

      Mit etwas Glück gab Anna irgendwann Ruhe und ließ die Sache auf sich beruhen. Manchmal half es, etwas Gras wachsen zu lassen.

      Insgeheim gestand sie sich ein, dass dies ein frommer Wunsch bleiben würde. Sie hatte die Augen ihrer Freundin gesehen, als sie von den Todesfällen sprach. Anna würde nicht so schnell locker lassen.

      Realistischer war es, sich schon einmal eine passende Legende zu stricken, bevor sie in den nächsten Tagen die örtliche Polizeidienststelle aufsuchen würde.

      Valerie legte die Akten an die Seite und widmete sich schulterzuckend einer anderen, nicht wesentlich angenehmeren Aufgabe. Auf sie warteten Berge von Statistiken, die in ein einheitliches System überführt werden wollten.

      Kapitel 8

      „War das die erste Mail?“

      „Die erste, die wir abgefangen konnten. Es gibt keinerlei Hinweise auf weitere Mails. Auch aus dem Text ergibt sich das nicht.“

      „Wir müssen herausbekommen, was sie weiß.“

      „Sie kann nichts wissen, überhaupt nichts. Sie stochert in etwas herum, was ihr seltsam vorgekommen ist.“

      „Das ist alarmierend genug, sie muss überwacht werden. Wenn sie keine Ruhe gibt, sorgen Sie dafür, dass sie versetzt wird. Das dürfte zum Anfang reichen.“

       ****

      Der Kopf des kleinen Äffchens war im Laufe der Jahre ganz blank gestreichelt worden. Während sich die restliche Oberfläche rau und narbig anfühlte, wirkte der Kopf wie poliert. Seit dem Mittelalter hatte das schmiedeeiserne Kerlchen seinen festen Platz an der Fassade des Rathauses von Mons.

      Der Sage nach soll es dem Glück bringen, der den Kopf des Affen mit der linken Hand streichelt.

      Die Bürger von Mons, dem charmanten, kleinen Städtchen am Fluss Haine in der belgischen Region Wallonien gelegen, scheinen eine ganze Menge Glück zu benötigen.

      Möglicherweise bedingt durch die prominente Nachbarschaft, schließlich ist in Mons, knapp siebzig Kilometer von Brüssel entfernt, das SHAPE ansässig.

      SHAPE, das Supreme Headquarters Allied Powers Europe, eines der beiden strategischen Hauptquartiere der NATO. Als Allied Command Operations, kurz ACO, unterstehen ihm „Operative und Taktische Kommandos“ und mehrere multinationale Korps als sogenannte Task-Force Einheiten. So fiel auch die SFOR-Operation in Bosnien und Herzegowina in den Zuständigkeitsbereich der ACO.

      Es versteht sich von selbst, dass die Informationsflüsse dieser Behörde als Top Secret eingestuft sind und überwacht werden.

      ****

      Automatische Suchprogramme scannen die überwachten Daten nach bestimmten, zuvor programmierten Keywords durch.

      In den von Anna per Mail verschickten Aktenauszügen war vom Tod die Rede, dem Tod in seinen verschiedensten Facetten.

      Unmengen von Schlüsselworten, die eine routinemäßige Aktivität in Gang setzten.

      Der Offizier vom Dienst erhielt eine automatisierte Warnung vom System, loggte sich ein und überprüfte die angezeigten Informationen. Der Zufall wollte es, dass an diesem Tag ein Vertreter der US-Streitkräfte seinen Dienst verrichtete und sofort die Brisanz, die ihr Inhalt enthielt, erkannte. Der Mann verließ unter einem Vorwand seinen Platz im Lagezentrum. Sobald er sich unbeobachtet fühlte, hatte er es plötzlich verdammt eilig. Er beschleunigte seine Schritte und suchte auf dem kürzesten Weg sein Büro auf. Hier überflog er ein weiteres Mal die wenigen Blätter. Besonders interessiert schaute er sich die Stellen an, die Anna-Lena mit einem farbigen Textmarker hervorgehoben hatte und die jetzt, bedingt durch die schwarz-weiße Kopie, wie ein durchsichtiges Grau aus dem Rest des Textes hervorstachen. Anschließend führte er ein kurzes Telefonat. Das war am frühen Morgen. Im Laufe des Tages war er mit so vielen anderen Problemen beschäftigt, dass er die Kopien beinahe vergessen hatte. Am späten Nachmittag, er war gerade dabei, seinen Schreibtisch zu ordnen und sich auf den Feierabend vorzubereiten, klopfte es an der Tür.

      Ein Schrank von einem Mann, vielleicht Mitte fünfzig, militärisch kurzer Stoppelhaarschnitt, stand vor der Tür. Grau-blonde Haare glitzerten im Neonlicht des Flures.

      Das gebräunte Gesicht war tief zerfurcht und endete in einem markanten, eckigen Kinn, das energisch vorgereckt war.

      Eine Narbe schräg über dem linken Auge verlieh dem Mann ein gefährliches, grausames Aussehen. Seine teure Kleidung war nicht in der Lage, die sportliche, austrainierte Figur zu kaschieren.

      „Sie haben uns СКАЧАТЬ