Jahr der Ratten. L.U. Ulder
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Читать онлайн книгу Jahr der Ratten - L.U. Ulder страница 14

Название: Jahr der Ratten

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738017168

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      Bei Pecorino, Baguette und frischem Salat machten sie es sich gemeinsam vor dem Fernseher gemütlich, nachdem auch Anna-Lena unter die Dusche gesprungen war. Sie legten ihr gemeinsames Lieblingsvideo ein und nippten zwischendurch an großzügig gefüllten Rotweingläsern.

      „Was war nun mit diesen merkwürdigen Unfällen, von denen du mir erzählt hast? Hat sich das geklärt?“

      Anna hob die Hand wie ein Haltezeichen, ohne den Blick vom Fernseher zu lassen.

      „Warte kurz, ja? Ich liebe diese Stelle.“

      Mit großen Augen verfolgte sie das Geschehen auf dem Bildschirm.

      „Ja, genau. Er kann ruhig etwas größer sein. Nein, krumm muss er nicht unbedingt sein. Ach wunderbar, so einen Prinzen wünsche ich mir auch.“

      Sie war völlig in den Film eingetaucht und kommunizierte gedankenverloren mit den drei Hauptdarstellerinnen, als wäre sie selbst ein Teil des Geschehens.

      Valerie starrte gebannt ihre Freundin an und zog die Augenbrauen zusammen, sagte aber nichts. Sie war der Welt um sich herum so entrückt, dass es keinen Sinn machte, sie auf diesem Trip zu stören.

      „Ich gehe in diesen Film immer noch auf, obwohl er schon so alt ist“, sagte Anna gleich darauf, in die Gegenwart zurückgekehrt.

      „Vor allen Dingen seine Sprüche. Einen Silberreiher erkenne ich noch nicht einmal, wenn ich auf ihn pisse.

      Oder

      Nach dem Essen schiebe ich gern ein kleines Nümmerchen. Herrlich, ich auch. Obwohl Nicholson überhaupt nicht mein Typ ist, dieser alte Sack. Eher schon der langhaarige Surfer von vorhin, der mit den blonden Rastalocken.“

      Anna-Lena lag in einem viel zu weiten Jogginganzug ausgestreckt im Ohrensessel. Von dem Temperaturunterschied zwischen dem kalten Nordseewasser und der heißen Dusche waren ihre Wangen glutrot. Die Füße flegelten auf dem Hocker und sie seufzte auf vollem Herzen.

      Valerie musterte ihre Freundin stirnrunzelnd.

      Wenn sie so ihr Lover sehen könnte.

      „Und? Was war nun mit dem autoerotischen Unfall? Muss ich mir Sorgen um dich machen?“

      „Jein, nicht um mich. Aber um die Morde. Das ist eine merkwürdige Geschichte, ziemlich schwammig, wenn du mich fragst.“

      Endlich war Anna der Handlung des Spielfilms entrissen.

      Ihre Körperhaltung straffte sich deutlich, sie legte ihre Hand auf Valeries Oberarm und schaute ihr tief in die Augen. Ihre Stimme bekam einen verschwörerischen Ton, als sie begann, von merkwürdigen Todesfällen zu erzählen.

      Valeries Sorgen bezogen sich auf Annas ausschweifendes Privatleben, ihre ständig wechselnden Sexualpartner und ihr Verhältnis zu diesem verheiratetem Mann. Deshalb hatte sie nachgefragt. Diese eigenartigen Unfälle interessierten sie eigentlich nicht.

      Außerdem irritierten sie die Begriffe wie IFOR, SFOR und EUFOR, mit denen Anna herumwarf. Obwohl sie alle irgendwann einmal in den Nachrichten mit halbem Ohr wahrgenommen hatte, wusste sie nichts Rechtes mit ihnen anzufangen. Schließlich ärgerte sie sich, überhaupt nachgefragt zu haben. Annas Vortrag wollte kein Ende nehmen.

      „Die SFOR war die Schutztruppe der NATO in Bosnien und Herzegowina, Stabilisation Force, verstehst du? Die IFOR war ihr Vorläufer. Die EUFOR war dann eine Schutztruppe unter dem Kommando der Europäischen Union als Nachfolger der SFOR. Multinationale Verbände, Soldaten aus verschiedenen Mitgliedsländern. Ganz einfach, eigentlich.“

      Valerie zuckte mit den Schultern.

      „Die Sache mit dem Motorrad auf dem Großglockner konnte genauso gut ein ganz normaler Verkehrsunfall gewesen sein. Es führt eine Passstraße über den Berg, da hat er einen Unfall gehabt. Wahrscheinlich hat er es in einer Kurve übertrieben. Kommt vor, immer wieder.“

      „Ja sicher. Aber der Franzose ist von einer Brücke gesprungen, platsch. Genau vor einen Lkw. Und der Niederländer hatte diesen autoerotischen Unfall. Mit dem hat es angefangen.“

      Bei dem Wort ‚autoerotisch‘ konnte sie sich ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen, wurde aber augenblicklich wieder ernst.

      „Da stinkt etwas zum Himmel, glaub mir. Ich kann es bis hierhin riechen, sage ich dir. Hör mal, das kann doch kein Zufall sein. Alle drei Soldaten waren im Camp Butmir bei Sarajevo, in Bosnien und Herzegowina, stationiert. Sie waren Teilnehmer einer Patrouille, die in der Nähe von Sarajewo von Unbekannten aus dem Hinterhalt angegriffen wurde. Es sind damals mehrere Soldaten und alle Angreifer gestorben. Das Ganze passierte zwei Wochen, bevor das Mandat der SFOR dort unten beendet wurde und sie von der EUFOR abgelöst wurde. Ich weiß noch genau, was damals im Hauptquartier für eine Aufregung geherrscht hat. Und plötzlich gab es eine Nachrichtensperre, nichts, absolut nichts ging mehr an Informationen raus, direkt gespenstisch. Das hat die Gerüchteküche natürlich zusätzlich angeheizt. Ich weiß das deshalb noch so genau, weil ich damals gerade meinem Job begonnen hatte und dachte, was ist denn hier los? Eines weiß ich genau, so viele Zufälle kann es einfach nicht geben.“

      Ihre Hand, die sie zuvor zurückgezogen hatte, legte sich wieder auf Valeries Unterarm, schmerzhaft gruben sich die Fingernägel in die Haut.

      „Es ist ein Mörder unterwegs. Ich bin mir sicher, ich spüre es. Drei Männer, die diesen gemeinsamen Background haben, die in dieser merkwürdigen Einheit waren, im allerbesten Alter, topfit, sterben doch nicht plötzlich fast zur gleichen Zeit, innerhalb von einem Monat. Und das fast vier Jahre nach dem Vorfall.“

      Valerie schaute erst irritiert auf Annas Hand, dann in das Gesicht der Freundin. Die Augen waren weit aufgerissen, aber der Blick war seltsam entrückt, nach innen gerichtet.

      Sie war von ihrer Vermutung vollkommen überzeugt, würde sich davon nicht mehr abbringen lassen.

      Anna und ihre Verschwörungstheorien.

      Unvergessen, beinahe schon legendär war eine kleine Anekdote, die im gemeinsamen Freundeskreis und darüber hinaus über Jahre hinweg für ausgelassene Heiterkeit bei geselligen Zusammenkünften gesorgt hatte.

      Anna fuhr mit dem Auto durch eine kleine, gediegene Hamburger Wohnsiedlung. Im Vorbeifahren beobachtete sie vor einem Haus zwei Männer, die eine Frau an den Armen hielten, anhoben und zu einem Auto trugen.

      Aufgeregt fuhr sie weiter, hielt an der nächsten Telefonzelle und gab der Polizei das Kennzeichen des Autos und die Fahrtrichtung durch.

      Dann verfolgte sie die Kidnapper, die schon bald darauf von einer bis an die Zähne bewaffneten Polizeieinheit gestoppt wurden. Die völlig überraschten Insassen schauten unvermittelt in großkalibrige Pistolenmündungen.

      Es stellte sich schließlich heraus, dass es sich um ein Ehepaar mit beinahe volljährigem Sohn handelte. Die Mutter hatte sich beim Abschied an der Tür nicht von ihrer Bekannten trennen können und war kurzerhand mit sanfter Gewalt in den Wagen bugsiert worden.

      Die fröhlichen Gesichter bei der angeblichen Entführung musste Anna ebenso übersehen haben wie die winkenden Gastgeber vor dem Haus.

      Wenn Anna-Lena erst mal in Fahrt geraten war, ließ sie sich nur schwer ausbremsen.

      Aus diesem Grund ließ СКАЧАТЬ