Sekt(e) oder Selters. Hannes Wildecker
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Название: Sekt(e) oder Selters

Автор: Hannes Wildecker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Tatort Hunsrück

isbn: 9783742768889

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      Widerstandslos ließ ich mich von Lisa ins Schlafzimmer führen und entschwand, kaum lag ich im Bett, mit einer geflüsterten Entschuldigung ins Reich der Träume.

      3. Kapitel

      Es war Samstag, kurz vor 9 Uhr. Lisa und ich hatten endlich mal wieder so richtig ausschlafen können, was an den Wochenenden schon lange nicht mehr der Fall gewesen war. Ich hatte mich an diesem Morgen sogar aufgerappelt, war in die Küche geschlichen, während Lisa noch schlief und hatte Frühstück gemacht.

      Während der Kaffee in der Maschine vor sich hin brabbelte suchte ich Brot, Butter und die üblichen Dinge zusammen, die ein Frühstück ausmachten und stellte zwei Frühstücks-Eier zum Kochen auf den Herd auf.

      Ein paar Minuten später erfüllte Kaffeeduft die gesamte Wohnung. Ein herrlicher Geruch, den ich allzu selten in meinen eigenen vier Wänden wahrnehmen konnte. Immer wieder kam irgendetwas dazwischen, so dass ich meist, mit der Tasse in der linken, einer Scheibe Brot in der rechten Hand und auf dem Sprung, an irgendeinem Tatort erwartet wurde.

      Heute fühlte ich mich wie ein König. Bei Lisa konnte ich Punkte sammeln. Ein Frühstück im Bett, dafür würde sie eines ihrer schönsten Paar Schuhe hergeben. Heute schien es zu funktionieren. Auch ich war erleichtert. Endlich mal wieder ein Wochenende, an dem ich mit Lisa etwas unternehmen konnte.

      Ich schnappte mir das Tablett mit dem Frühstück für zwei und wollte gerade mit vor Stolz gewölbter Brust Lisa im Schlafzimmer als treusorgender Fast-Ehemann meine Aufwartung machen, da läutete die Türklingel.

      Erstaunt sah ich erst auf Lisa, dann auf meine Uhr und mit einem Schulterzucken warf ich mir den Morgenmantel um und öffnete die Haustür. Ich zwinkerte mit den Augen, denn die Junisonne schlug mir voll auf die Pupillen. Warum das so war, stellte ich fest, nachdem sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten.

      Vor mir standen zwei Gestalten männlichen Geschlechts, beide in schneeweiße Anzüge gehüllt. Anzüge war eigentlich nicht der richtige Ausdruck für die Kleidungsstücke. Ich schaute mir die beiden Gestalten näher an, musste dabei die Augen immer noch zur Hälfte geschlossen halten. Da standen zwei Figuren vor mir, von denen ich annahm, dass es sich um Männer handelte. Beide waren um die fünfzig, schätzte ich jedenfalls, beide waren glattrasiert, beide waren braun gebrannt.

      Urlauber! Ja, Urlauber, die ihre Zeit hier im Hunsrück verbringen wollten, Ausländer offenbar. Vielleicht Inder oder so. Dafür würden auch die Kleidungsstücke sprechen. Weiß, alles weiß. Schneeweiß. Weiß die Hose, weiß die Schuhe, weiß das, was sie darüber trugen. Es waren keine Jacketts, es waren Umhänge oder Pelerinen, ohne Knöpfe, ohne Reißverschlüsse, einfach Umhänge mit einem Loch, durch das man den Kopf steckte, ärmellos. Darunter trugen sie Hemden mit langen Ärmeln, die Kragen hatten beide über die Öffnung am Hals gelegt. Auf ihren Köpfen trugen sie kleine Kappen, ähnlich wie Matrosen sie trugen, jedoch ohne die beiden Bändchen an der Nackenseite und … wie konnte es anders sein … natürlich in Weiß.

      Was nicht zu ihnen passte, waren die beiden Plastiktüten, die sie, jeder eine, in ihren Händen hielten.

      Sie wollten mich sicher nach dem Weg fragen, nach irgendeinem Hotel hier in Forstenau, die beiden Urlauber. Ob ich sie in Englisch anreden sollte, überlegte ich, doch der eine von ihnen, ich glaube er war etwas älter als der andere, zumindest waren die Falten seiner durch die Sonne gegerbten Haut einen Deut tiefer, kam mir zuvor.

      „Auf geradem Weg zu Gott!“

      „Wie bitte?“

      „Auf geradem Weg zu Gott! So nennen wir uns“, wiederholte der Mann, der von großer Statur war. Er trug einen Zopf, in den seine schwarzen langen Haare gefasst waren.

      „Wie ich sehe, haben Sie noch nichts von unserer Existenz mitbekommen. Aber genau das ist ja auch der Grund, warum wir uns den Menschen hier in diesem schönen … äh Ort vorstellen. Wir sind eine Glaubensgemeinschaft. Auf geradem Weg zu Gott lautet unsere Devise und das ist auch gleichzeitig der Name unserer Kirche.“

      „Dann gehören Sie also der Sekte an, über die …?“

      Nun schaltete sich auch der zweite Mann in das Gespräch ein. Er war ein gutes Stück kleiner als sein Kollege und der Kopf mit seiner Hakennase nickte auf- und abwärts, als wolle er mich damit gleich einem Schnabel anhacken, als er sagte: „Sekte? Wer sagt denn sowas? Nein, wir sind eine, mein Bruder sagte es bereits, Glaubensgemeinschaft. Dürfen wir uns mit Ihnen unterhalten? Wenn sie ein paar Minuten Zeit für uns hätten.“

      Nun war es an der Zeit, mich gegen eine ungewollte Missionierung zur Wehr zu setzen. Und auch dagegen, dass mir die beiden irgendwelchen Schriftkram in die Hand drückten, denn der Lange mit dem Zopf griff in seine Plastiktüte und förderte eine Lage Zeitschriften zutage.

      „Es tut mir furchtbar leid, aber wir müssen das Gespräch leider beenden“, sagte ich schnell, bewusst Hektik verbreitend. „Religion an der Haustür, das liegt mir nicht …“

      „Dürfen wir denn hereinkommen …?“

      „… und außerdem ist das ein äußerst ungelegener Moment. Sie entschuldigen mich.“

      Ich schloss langsam die Tür, den Blick auf den Fuß des Hakennasigen gerichtet, der sich langsam in Richtung des Türspalts geschoben hatte. Doch mein Gegenüber hatte meinen Blick richtig gedeutet und sein Bein wieder entspannt, was ihm einige Schmerzen in der Kniegegend ersparte.

      Ich atmete durch, als ich die Tür ins Schloss fallen hörte und war gerade im Begriff die Treppe zur Diele hochzugehen, als ich ein sattes Platschen hinter mir vernahm.

      Ich wusste was es war, noch ehe ich mich umgedreht hatte. Mein Verdacht fand sich bestätigt. Unter dem Briefkastenschlitz lag eine Zeitschrift, die Vorderseite in einem satten Himmelblau, auf dem sich ein Arm diagonal nach oben richtete und mit dem Finger – Gott sei Dank nicht mit der flachen Hand - gen Himmel zeigte und mir fett in einem tiefen Blau Auf geradem Weg zu Gott zuschrie.

      Ich nahm die Zeitschrift vom Boden auf und als ich die Küche betrat, war Lisa bereits dabei, den Kaffeetisch zu decken. Das Frühstück im Bett hatte also ein jähes Ende gefunden, noch ehe es begonnen hatte. Sie trug ihre Haare, die sie für gewöhnlich zu einem Knoten zusammenband, noch offen. Ich liebte es, wenn ihr die Haare ins Gesicht fielen und sie eine Strähne mit einem kräftigen Luftstrom ihrer zusammengepressten Lippen nach hinten blies.

      „Wer war das?“, fragte Lisa und arbeitete weiter und ich wusste nicht, ob es sie tatsächlich interessierte. Erst als sie mich fragend ansah erklärte ich ihr den morgendlichen Besuch an der Haustür.

      „Ist aber ein komischer Name, Auf geradem Weg zu Gott. Aber Phantasie haben sie ja, diese Leute.“

      Lisa zeigte auf das Titelblatt der Zeitschrift.

      „Der Arm dort soll sicher diesen ‚Weg‘ zeigen.“

      Dann wechselte sie plötzlich das Thema und ab diesem Moment war der Tag für uns beide stimmungsmäßig gelaufen.

      „Was findest du besser, soll ich meine Haare zu einem Knoten binden oder soll ich sie offen tragen, oder vielleicht zu einem Pferdeschwanz fassen? Was meinst du?“, fragte Lisa und tat weiterhin beschäftigt.

      Wer die Frauen kennt, der weiß, dass sie in einer solchen Situation nur auf eine Antwort lauern und zwar auf eine baldige. Mit dem Hinauszögern СКАЧАТЬ