Sekt(e) oder Selters. Hannes Wildecker
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Название: Sekt(e) oder Selters

Автор: Hannes Wildecker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Tatort Hunsrück

isbn: 9783742768889

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СКАЧАТЬ ein religiöser Wahn oder so etwas. Hat es doch schon oft gegeben. Vielleicht hat er was gegen Frauen.“

      „Oder gegen eine bestimmte Art von Frauen.“

      „Du meinst, das Brandzeichen soll eine Art Bestrafung sein?“

      „Nicht nur das Brandzeichen. Die gesamte Tat, vielleicht.“

      Ich ging erneut in die Hocke und sah mir das Zeichen genau an. Es handelte sich um die Kontur eines Kreuzes, etwa vier Zentimeter hoch und zwei Zentimeter breit. Was anders war, als die Kreuze, die ich kannte, waren die waagerechten und senkrechten Abdeckungen auf den jeweiligen Enden der Balken.

      Der Umriss des Kreuzes war nicht akkurat gearbeitet. Es hatte den Anschein, als habe man das Teil auf die Schnelle zusammengelötet. Ich würde mir den Abdruck in der Leichenhalle näher ansehen.

      Ich sah mich um. „Ist ein Arzt verständigt?“

      „Ist alles erledigt. Auch der Bestatter ist informiert.“

      „Was ist mit der Decke? Irgendwelche Spuren?“

      „Ja, die Decke. Auf sie wird sich unsere ganze Hoffnung stützen. Auf ihr wird es vor DNA-Spuren wimmeln. Wir brauchen dann nur noch die entsprechende Gegenprobe. Ist doch eigentlich ganz einfach, nicht wahr?“

      Ich stand langsam aus meiner gebeugten Haltung auf und als Peters mir dabei zusah, musste er leise lachen. „Willkommen im Klub! Darf ich dir hochhelfen?“

      Ich wehrte seine Hand ab und betrachtete die Tote, die eine auffallende Blässe überzog. Natürlich sind alle Toten blass, auch das eingefallene Gesicht, die tiefliegenden Augen, die spitze Nase sind Merkmale, die alle Leichen vorweisen, aber ein Hauch von Farbe ist immer noch zu erkennen.

      Ich sah Peters an. „Du sagtest, du hast einen Verdacht? Was für einen Verdacht?“

      „Fällt dir nichts auf?

      Ich sah mir die Leiche noch einmal genauer an.

      Die Leichenflecke! Ich sah keine Leichenflecke! Die Frau lag zwar auf dem Rücken, doch Peters hatte die Oberbekleidung bei seiner polizeilichen Untersuchung bis zu den Brustwirbeln hochgezogen und wären da Leichenflecke gewesen, ich hätte zumindest die Ansätze sehen müssen.

      „Habt Ihr die Leiche in Rückenlage vorgefunden?“, frage ich den Kollegen, der mich nachdenklich ansah und nickte.

      „Es ist dir also auch aufgefallen.“

      „Die Totenflecke auf Rücken oder Bauch fehlen. Das ist doch nicht normal. Entweder die Leiche lag nach der Tat auf dem Boden, dann befinden sich Leichenflecke im Rücken- oder Bauchbereich. Oder die Frau wurde umgebracht, während sie saß. Dann aber müssten an ihrem Gesäß diese Flecken sichtbar sein. Drehen wir die Leiche doch noch einmal zur Seite!“

      „Lass mal!“ Peters winkte seinen jungen Kollegen heran und gemeinsam mit ihm drehte er die tote Frau in eine Seitenlage, ihren Rücken zu mir gewandt, und sah zu mir hinauf.

      „Nichts, absolut nichts, bis auf die leichte Rötung auf dem Gesäß und den Bereich der Füße. Dort sind Blutabsetzungen zu erkennen.“

      Die beiden legte die Frau wieder in Rückenlage ab und Peters stand auf.

      „Das Blut senkt sich in einem Toten immer nach unten ab. Das Gesetz der Schwerkraft, gegen das keine Pumpe mehr angeht. Aber wo ist hier das Blut?“

      „Es wird eine Erklärung dafür geben. Der Doc wird sie eingehend untersuchen müssen. Wir bleiben dabei, bis er fertig ist“, sagte Peters.

      „Hast du wirklich keine Verletzungen feststellen können? Messerstiche oder ähnliches? Die Frau scheint doch verblutet zu sein.“

      „Nein, es gibt keine Anzeichen von Gewalt, außer …“

      „Außer was?“

      „Sie hat leichte Rötungen an den Handgelenken, wahrscheinlich Fesselungsmerkmale. Wenn sie tatsächlich verblutet ist, hat durch die Fesselung vor ihrem Tod das Blut an diesen Stellen eine Stockung erfahren und ist deshalb noch als Farbfleck erkennbar.“

      „Guten Morgen, die Herren. Sie entschuldigen die Verspätung, aber ein dringender Patientenbesuch … Sie verstehen.“

      Wir drehten uns fast gleichzeitig um und um ein Haar hätte ich den Mann mit meiner Drehung umgefegt, so dicht stand er vor mir.

      „Ich glaube, wir kennen uns noch. Dr. Kämmerlein. Julius Kämmerlein aus Hermeskeil. Wir hatten das seltsame Vergnügen vor einiger Zeit im Waldgebiet von Waldhausen. Der Mann, den man mit einem Schwert übel zugerichtet hatte. Ihr Name war … warten Sie … Spürmann, genau. Ihr Name ist … Spürmann. Ja, Spürmann. Habe ich Recht?“

      „Sie haben Recht, Doktor Kämmerlein. Heiner Spürmann, das sind die Kollegen Peters und Franzen.“

      Kämmerlein nickte ihnen zu, stellte seine Arzttasche auf dem Erdboden ab und beugte sich zu der Leiche hinab.

      „Schlimme Sache, damals“, sprach er wie zu sich selbst, als er seine Tasche öffnete und ein Paar Latex-Handschuhe über seine schmalen Hände streifte. „Mal sehen, was wir heute feststellen werden.“

      Ich sah mir Kämmerlein, der in gebeugter Haltung vor der Leiche kauerte, etwas genauer an und stellte fest, dass er sich, seit ich ihn das letzte Mal sah, kaum verändert hatte. Er war nach wie vor hager, doch seinen Haarkranz, der seinen Kopf von einem Ohr zum anderen säumte, hatte er gänzlich wegrasiert.

      Die Sonne hatte seinen Kahlkopf inzwischen gebräunt und es sah nicht einmal schlecht aus. Besser jedenfalls, als dieser biedermännisch wirkende Haarkranz, der seinen Kopf präsentierte wie ein Osterei in seinem Nest.

      Sein beiges Hemd und seine braune Hose schienen eine Nummer zu groß zu sein und so konnte man eigentlich nur ahnen, wie es darunter aussah. Alleine seine Unterarme, die wegen des kurzärmeligen Hemdes nicht verdeckt waren, gaben Aufschluss darüber.

      Wie gesagt, er war hager, doch seine Arme waren sehnig und ich erinnerte mich an seinen Händedruck, als wir uns das letzte Mal begegnet waren. Er war kräftig und angenehm gewesen. Auf eine solche Art der Begrüßung hatten wir heute verzichtet, denn Kämmerlein hatte sich sofort seiner Arbeit zugewandt.

      Peters, Franzen und ich sahen dem Arzt bei seiner Arbeit zu. Mehr konnten wir im Moment nicht tun. Kämmerlein drehte die Leiche nach allen Seiten und als er die Rückenpartie der Frau sah, stutze er.

      „Ungewöhnlich“, hörte ich ihn vor sich hin sagen. „Äußerst ungewöhnlich.“

      Es hatte den Anschein, als dachte er einen Moment nach, doch dann fuhr er mit der Untersuchung fort. Er betrachtete die Halsgegend und drückte an verschiedenen Stellen, dann packte er die Unterarme der Frau, einen nach dem anderen, hielt ihn hoch, drehte die Innenseiten zu sich und schüttelte schließlich den Kopf.

      Dann wandte er sich den Beinen der Toten zu, die unter dem knielangen, dunkelblauen Rock weder in Strümpfe noch in eine Strumpfhose gekleidet waren. Auch hier vollführte er die gleiche Prozedur, nahm erst das eine Bein, hob es an, schaute es sich von allen Seiten an, um sich anschließend mit dem anderen Bein zu befassen. Dann nickte er lautlos vor sich hin und erhob sich aus seiner unbequemen Haltung.

      Peters, СКАЧАТЬ