Sekt(e) oder Selters. Hannes Wildecker
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Название: Sekt(e) oder Selters

Автор: Hannes Wildecker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Tatort Hunsrück

isbn: 9783742768889

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СКАЧАТЬ lugte, so dass er nur zuzugreifen brauchte, über seine feuchte Stirn und das inzwischen lichte, aber immer noch dunkle Haupthaar.

      Obwohl Siggi und Lissy ihr Leben fast ausschließlich in der Gaststätte verbracht hatten und ständig auf den Beinen waren, hatten sie sich selten eine Bedienung zugelegt. Sie waren über sechzig und ihr einziges Töchterlein war auf die schiefe Bahn gekommen und hatte sich in Frankfurt den „goldenen Schuss“ gesetzt, weil es für sich keinen Ausweg mehr gesehen hatte.

      Siggi hatte seine Rache gehabt und dem Schuldigen, dem Zuhälter Wilhelm Rietmaier, mit einem Sammler-Schwert schwere Wunden zugefügt. Doch Rietmaier war nicht an den Folgen dieser Verletzungen gestorben. Ermordet hatte ihn im Anschluss an seine Tat ein anderer und Siggi saß nur eine kurze Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung ab.

      Doch dann ereilte ihn ein Herzinfarkt und seit diesem Tag war er nicht mehr derselbe. Er verließ kaum noch das Hochwaldstübchen, wo er auch Mitglied des Stammtisches war. Doch wenn, gerade wie jetzt, die Bude gerammelt voll war, dann hatte er für seine Freunde keine Zeit. Dann musste er sich um das Essen kümmern. Geschäft ist nun mal Geschäft.

      Lissy zapfte derweil mit hochgestecktem Haar hinter der Theke ein Glas Bier nach dem anderen, spülte zwischendurch Gläser und räumte die leeren Teller von den Tischen ihrer zufriedenen Gäste.

      Obwohl sie den ganzen Abend hinter der Theke verbrachte und auch noch die Gäste bediente, blieb ihre weiße Schürze immer sauber.

      Die Ursache konnte nur ein stiller Beobachter erkennen, denn Lissy wechselte die Schürze, sobald sie begann unansehnlich zu werden. Gerade diese Reinlichkeit liebten die Gäste an ihr und dass es in der Küche ebenso sauber zuging, daran zweifelte niemand.

      Es war gerade mal acht Uhr abends und wäre da nicht dieser Stammtisch gewesen, den Lissy - geschehe was wolle - für Schaeflein und die restlichen Stammtischbrüder verteidigte, der Pastor hätte gerade noch einen Stehplatz an der Theke erhaschen können und wäre anzüglichen Fragen und den üblichen kleinen Foppereien der Runden trinkenden Männer ausgeliefert gewesen.

      Nicht hilflos, beileibe nicht! Schaeflein wusste sich wohl zu wehren und in den meisten Fällen machten seine Kontrahenten bereits nach kurzer Zeit einen Rückzug aus ihren verbalen Ergüssen.

      Schaeflein steuerte auf den Stammtisch zu. Dieter Lauheim und Florian Glasheber unterbrachen ihre angeregte Unterhaltung kurz durch eine grüßende Handbewegung gegenüber dem Pfarrer.

      Schaeflein erkannte die Situation sofort.

      Lauheim als Kulturbeauftragter des Landkreises und einer, den alles Kulturelle und Politische in seiner Umgebung interessierte, hatte Glasheber offensichtlich einiges mitzuteilen und dessen zufriedener Gesichtsausdruck und die Tatsache, dass er sich kaum zu Wort meldete, bewies dem Pastor, dass der Wolf sein Opfer gefunden hatte.

      Schaeflein wählte den Platz neben Lauheim, obwohl die Sitzordnung des Stammtisches einem festen Ritual unterlag und sein offizieller Platz einen freien Stuhl zwischen ihm und Lauheim hätte belassen müssen.

      Aber auch er war gespannt auf das, was Lauheim zu berichten hatte. Nicht, dass es für ihn etwas völlig Neues sein würde, was er hier und heute zu erfahren imstande war, beileibe nicht. Er wusste schon, was neuerdings in der Gemeinde die Gemüter bewegte, doch hoffte er, dass sich am Stammtisch dieses Bild abrunden würde.

      „Was sagen Sie dazu, Herr Pfarrer?“

      Lauheim drehte sich zu dem Geistlichen, wobei er mit seinem Stuhl etwas vom Tisch abrücken musste, um seinem stattlichen Bauch den erforderlichen Platz zu gewähren und beendete damit abrupt das Gespräch mit Glasheber, der sich nun seinerseits nach vorne über den Tisch beugen und den Kopf näher an die beiden bringen musste, in der Erwartung, noch einmal das anzuhören, was ihm Lauheim in den vergangenen Minuten groß und breit erläutert hatte.

      Glasheber, seines Zeichens Förster in der Gemeinde, teilte sich seine beruflichen Aufgaben mit seinem Kollegen Uwe Marek, jedoch so, dass sich die beiden nicht ins Gehege kamen. Zu unterschiedlich waren ihre Ressorts und die Vielfalt des Hunsrücker Hochwalds nahm ihnen beiden die Möglichkeit, irgendeinem Kompetenzgerangel ausgesetzt zu sein.

      Schaeflein nickte mit verkniffenen Lippen und wollte gerade eine entsprechende Antwort geben, als Lauheim auch schon zum Weitersprechen anhub.

      Schaeflein sah, dass Lauheim vor Wissen nahezu explodierte, dass er es an den Mann bringen musste und verkniff sich deshalb weitere Fragen. Was er wissen wollte, das würde er erfahren. Hier und heute. An diesem Stammtisch.

      Er würde es gleich mehrfach erfahren, denn bislang waren sie nur zu dritt. Es fehlten Ortsbürgermeister Detlef Hildebrandt, Feuerwehrchef Siegfried Brandel, der Kriminalbeamte Heiner Spürmann und Siggi, der Wirt, auf dessen Anwesenheit man heute Abend in Anbetracht des regen Publikumsverkehrs würde verzichten müssen.

      Wenn also die Genannten nicht mit einem Male, sondern jeder für sich, einzeln, im Hochwaldstübchen erscheinen würden, dann konnte er die Rede von Lauheim am späten Abend auswendig aufsagen, dessen war sich Schaeflein sicher.

      „Ich verstehe nicht, dass die Gemeindeväter so etwas zugelassen haben!“, entschloss sich Schaeflein dann doch, die Richtung der Diskussion zu bestimmen und verhinderte damit weitere Ergüsse von Lauheim.

      „Wie kann man in einer Gemeinde wie der unseren so etwas zulassen? Man hätte doch voraussehen können, dass eine solche Entscheidung für die Zukunft von Forstenau ungeahnte Folgen haben kann. Lauheim, Sie sind doch Mitglied dieses Gemeinderates. Waren Sie nicht in der Lage, so etwas zu verhindern?“

      „Na hören Sie mal!“

      Lauheim sah empört von einem zum anderen. Das Rot der Aufregung in seinem Gesicht stach ab von den silbernen gewellten Haaren.

      „Ich war nur als einer von vielen in den Entscheidungsprozess eingebunden. Ein Einzelner zählt da nicht. Schließlich war es ein Mehrheitsentscheid. Demokratie nennt man so etwas hier in diesem unseren Lande.“

      Schaeflein überhörte die Bemerkung. „Ein sehr knapper Entscheid, wie ich hörte.“ Schaeflein schüttelte verständnislos den Kopf und sein volles rundes Gesicht nahm eine rosige Farbe an, die sich über den teils kahlen Kopf nach hinten verbreitete.

      „Richtig“, fuhr Lauheim fort. „Es war eine knappe Entscheidung. Eine knappe demokratische Entscheidung.“

      „Die meines Erachtens nicht ausreichend überdacht wurde. Sie sind doch alle erwachsene Menschen, Sie müssen sich doch über die Folgen im Klaren sein! Auch das gehört zu einer Demokratie. Abwägen einer Entscheidung.“

      „Welche Folgen meinen Sie? Gut, Sie als Kirchenmann haben da Ihre Bedenken, aber sonst …“

      „Was soll das heißen: Aber sonst…? Ach, lassen wir das!“, Schaeflein machte eine abwertende Handbewegung. „Erzählen Sie uns lieber einmal in allen Einzelheiten, was uns hier in Forstenau erwartet!“

      Glasheber hatte bis zu diesem Zeitpunkt kein Wort gesagt, sondern die Unterhaltung, besser gesagt den kleinen Disput, aufmerksam verfolgt, ab und zu mit der Hand durch die angegrauten welligen, nach hinten gekämmten Haare streichend. Gerade als er dem Mund öffnen wollte, um seinen Teil an dem Gespräch beizutragen, öffnete sich die Tür der Gaststätte und Detlef Hildebrandt, seines Zeichens Ortsbürgermeister und Siegfried Brandel, Chef der örtlichen Feuerwehr, steuerten auf den Stammtisch zu.

      „Kann mal jemand ein Fenster öffnen?“, rief СКАЧАТЬ