Sekt(e) oder Selters. Hannes Wildecker
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Название: Sekt(e) oder Selters

Автор: Hannes Wildecker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Tatort Hunsrück

isbn: 9783742768889

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СКАЧАТЬ 34 Jahren war er zum Dorfoberhaupt gewählt worden, das war jetzt fünf Jahre her. Eine Wiederwahl stand in Kürze an, wenn … ja, wenn er nicht den Unmut der Gemeinde auf sich zöge. Und die Gefahr bestand durchaus und da spielte es auch keine Rolle, wie er in fragwürdigen Angelegenheiten persönlich abgestimmt hatte. Ein weiterer Aspekt sprach gegen eine Wiederwahl. Seine Ehefrau Margarethe saß wegen Totschlags im Gefängnis und würde dort noch einige Zeit verweilen müssen. Hildebrandt blickte von einem zum anderen in die Runde.

      „Jeder von Ihnen kennt die ehemalige Fuchsfarm hinter der Diskothek, auf dem Weg zum Segelflugplatz, oder?“

      Allgemeines Nicken und Glasheber, aber auch Lauheim, waren in ihren Oberkörpern ein wenig nach vorne übergeknickt, um ja kein Wort zu verpassen. Auch sonst war es plötzlich still am Stammtisch geworden.

      „Bis in die fünfziger Jahre wurden dort noch Silberfüchse für die Pelzindustrie gezüchtet“, fuhr Detlef Hildebrandt fort. „Danach stand das Anwesen einige Zeit leer, wurde schließlich mehrere Jahre an die verschiedensten Leute vermietet, bis es endlich wieder ohne Bewohner war. Als sich in den Jahren danach niemand mehr für das Anwesen interessierte, hat die Ortsgemeinde das Haus mit dem Land drum herum erworben. Der Gemeinderat spielte mit dem Gedanken, dort ein Freizeitgelände zu errichten. Unmittelbar am Waldrand, mit dem Segelflugplatz in der Nähe und vor allem der Ruhe, die dort herrschte, war das doch eine gute Idee, das müssen Sie alle zugeben!“

      „Bis dann vor einigen Jahren die Diskothek in unmittelbarer Nähe errichtet wurde“, warf Lauheim ein.

      „Genau! Und seit diesem Zeitpunkt war das Gelände für uns als Gemeinde uninteressant geworden und wir suchten händeringend nach einem Käufer.“

      „Und den haben Sie ja nun gefunden!“

      Schaeflein beugte sich nach vorne, soweit es sein dicker Bauch zuließ und sah Hildebrandt direkt ins Gesicht.

      „Dabei haben Sie nur an das Geld gedacht, nicht aber an die Folgen, die dieses für die Gemeinde offensichtlich lukrative Geschäft hinterlassen wird.“

      „Kann mir mal einer sagen, worum es eigentlich geht?“, meldete ich mich nun auch zu Wort und erhielt vorerst einmal keine Antwort, weil Lissy eine Runde Bier brachte und die Gläser nacheinander vor uns abstellte.

      Ich roch das Frittenfett in ihren Kleidern und sah das vor Anstrengung glänzende Gesicht. Lissy tat mir irgendwie leid. Sie hatte hier alles im Griff, aber sie war nicht mehr so stark wie noch vor einigen Jahren. Seit dem Tod ihrer Tochter war das Hochwaldstübchen ihr einziger Wirkungskreis. Sie brauchten beide Abwechslung, sie und ihr Siggi.

      „Ich bin dabei, es zu erklären“, riss mich Hildebrandt aus meinen Gedanken. Nachdem er einen Schluck genommen hatte, wischte er sich einen Rest Schaum vom Mund, ehe er weitersprach.

      „Und ich betone noch einmal, dass die Transaktion an den Käufer von uns gut überlegt und heiß diskutiert wurde. Das sehen Sie auch an dem knappen Abstimmungsergebnis im Rat ...!“

      „Das uns aber auch nicht weiterhilft!“

      Schaeflein begann sich zu ereifern und hatte offensichtlich nicht vor, Hildebrandt noch einmal zu Wort kommen zu lassen.

      „Meine Herren, um es kurz zu sagen: Die Gemeindeväter haben das Anwesen an eine Sekte verkauft. An eine Glaubensgemeinschaft, die in diesem Ort und über seine Grenzen hinaus nichts Gutes im Schilde führen wird, davon können Sie ausgehen!“

      „Eine Sekte?“

      Ich glaubte, nicht richtig zu hören.

      „Eine Sekte? Na und? Was ist das Schlimme dabei. Jedem Tierchen sein Plaisierchen und jedem Menschen seine Glaubensrichtung. Gehen Sie doch mal in die Städte! Jede Menge religiöser Gemeinschaften. Katholische und evangelische Kirchen, Muslime werden ihre Moscheen mit Minaretten bauen. Na und? Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals zu Problemen gekommen ist.“

      „Das ist die Stadt, Spürmann! Die Stadt! Aber wir leben hier in der Provinz!“

      Schaeflein war außer sich. „Es wird zu Abwerbungen von Mitgliedern unserer Pfarrei kommen und es wird familiäre Probleme geben. Wenn die jemanden in ihren Fängen haben! Scientology! Ich sage nur: Scientology! Gehirnwäsche und so. Wer einmal in deren Krallen hängt, für den gibt es kein Zurück mehr! Wir haben seit Bestehen dieses Ortes unsere Religion. So soll es auch bleiben! Du sollst keine fremden Götter neben mir haben, spricht der Herr!“

      „So schlimm wird es schon nicht sein. Irgendwo verehren doch alle Glaubensgemeinschaften den gleichen Gott“, gab ich einen vorsichtigen Einwand und erntete einen strafenden Blick.

      „Und wir wissen doch nicht einmal, was da auf uns zukommt“, fuhr ich fort. „Ist es eine Sekte? Ist es eine Glaubensgemeinschaft? Das ist doch ein großer Unterschied.“

      „Auf geradem Weg zu Gott!“

      Glasheber hatte es mit Blick auf sein Weizenbierglas vor sich hin gesagt.

      „Ja, so sollte es sein. Auf geradem Weg zu Gott!“ Schaeflein atmete schwer. „Aber …!“

      „So nennt sich diese Sekte. Auf geradem Weg zu Gott. Klingt doch sehr religiös“, ließ sich Lauheim kleinlaut vernehmen. „Man sollte nicht voreingenommen sein!“

      „Ich weiß auch nicht, worüber wir uns hier aufregen!“ Hildebrandt trank den letzten Schluck aus seinem Bierglas und stand auf. „Es ist doch eh alles unter Dach und Fach. Sie werden sehen: Viel Lärm um nichts! Ich muss weg. Habe noch einen Termin. Einen Todesfall, Sie verstehen.“

      Wir verstanden. Inzwischen hatte Hildebrandt seinen Job als Leichenbestatter zum Hauptberuf gemacht und hatte alle Hände voll zu tun in Forstenau, aber auch in den Nachbargemeinden, denn gestorben wird ja bekanntlich immer. Mit der Art seines Stresses hatten sich die Gremien, die mit ihm zusammenarbeiteten, längst abgefunden. Sie wussten, dass er meist zu spät zu den Treffen kam und auch, dass er dieselben meist vorzeitig verlassen musste. Versuchte er dann doch einmal pünktlich zu sein, waren es Anrufe auf seinem Mobiltelefon, die für seinen vorzeitigen Abgang sorgten.

      Auch Schaeflein erhob sich und legte einen Geldschein auf den Tisch.

      „Ignoranten! Alles Ignoranten. Sie werden noch an mich denken, aber dann wird es zu spät sein!“, wetterte er im Hinausgehen und ich bildete mir tatsächlich ein, eine dunkle Zorneswolke über seinem Hut feststellen zu können, die ihn auf seinem Weg nach draußen begleitete.

      Ich nahm mir vor, in den nächsten Tagen das Haus dieser Sekte aus entsprechender Distanz einmal in Augenschein zu nehmen, aber mehr auch nicht, ganz privat. Schließlich war die Existenz anderer Glaubensgemeinschaften als der gewohnten nicht strafbar und solange sie nicht gegen das Gesetz verstießen, waren ihre Anhänger harmlose Bürger wie alle anderen auch.

      Lisa, meine Lebensgefährtin, hatte heute Kirchenchorprobe und mir deshalb einen Zettel mit einer Nachricht hinterlassen.

      Seit dem Vorfall in Bad Sobernheim mit ihrer Freundin Christine war sie ängstlicher geworden und ließ mich stets wissen, wo sie erreichbar war.

      Weder sie noch Christine hatten sich so richtig von dem erlittenen Schock erholt, als ihre Freundin fast Opfer einer illegalen Organhandel-Bande geworden war. In letzter Minute konnten wir sie aus den Fängen der Verbrecher befreien und den gesamten Ring sprengen. Ich war kaum zu Hause und hatte die Beine auf der Couch hochgelegt, СКАЧАТЬ