Название: Antikorruptions-Compliance
Автор: Simon Schafer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811457294
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III. Als Gegenleistung für eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung
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Der ungerechtfertigte Vorteil muss, wie es in § 108e Abs. 1 und 2 StGB heißt, „als Gegenleistung dafür“ gefordert, angeboten, gewährt etc. werden, dass der Mandatsträger „eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse“. Zu der Vornahme der Handlung oder auch nur zu einer entsprechenden Vereinbarung muss es nicht kommen.[92] Der objektive Tatbestand ist insoweit bereits verwirklicht, wenn der Täter (ausdrücklich oder konkludent) den Abschluss einer entsprechenden „konkreten“ oder „qualifizierten Unrechtsvereinbarung“[93] beim Fordern, Anbieten, Gewähren usw. des Vorteils anbietet.[94]
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Daran fehlt es („vornehme oder unterlasse“), wenn der Vorteil nicht mit einem künftigen Verhalten des Mandatsträgers verknüpft wird, sondern lediglich den Charakter einer im Nachhinein gewährten Belohnung hätte.[95] Darüber hinaus muss sich die Vorteilsgewährung, -annahme etc. auf ein konkretes Verhalten des Mandatsträgers beziehen und nicht nur allgemein auf die Mandatsausübung.[96] Die bloße Geneigtheit des Mandatsträgers, sein Wohlwollen genügt als Bezugspunkt des Vorteils nicht, mit der Folge, dass das, was gemeinhin als „Anfüttern“, „politische Landschaftspflege“, „Klimapflege“ oder „Stimmungspflege“ bezeichnet wird, bei Mandatsträgern nicht strafbar ist (wohl aber verboten sein kann, s. Rn. 2, 20).[97] Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den bei Amtsträgern geltenden Regelungen,[98] die nicht nur die Bestechung im engeren Sinne unter Strafe stellen (§§ 332, 334 StGB), sondern als „Vorteilsannahme“ bzw. „Vorteilsgewährung“ (§§ 331, 333 StGB) auch Vorteile „für die Dienstausübung“ und damit auch die sog. Klimapflege erfassen (1. Kap. Rn. 92 ff., 97 ff.). Bei Personen, die sowohl Amtsträger als auch Mandatsträger sind (z.B. Abgeordnete, die Parlamentarischer Staatssekretär oder Minister sind), ist deshalb genau zu prüfen, in welcher Eigenschaft sie einen Vorteil fordern, sich versprechen lassen oder annehmen bzw. in welcher Eigenschaft ihnen ein solcher angeboten, versprochen oder gewährt wird (Rn. 1, 6, 40 f.).
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Schließlich muss die angestrebte Unrechtsvereinbarung zum Ziel haben, dass der Mandatsträger die als Gegenleistung dem Vorteil gegenüberstehende Handlung „im Auftrag oder auf Weisung“ vornimmt oder unterlässt. Hieran soll es fehlen, wenn in der Vornahme oder Unterlassung der Handlung keine Unterwerfung unter fremde Interessen läge, sondern lediglich ein Verhalten, das ohnehin im Einklang mit den politischen Überzeugungen des Mandatsträgers stünde.[99] Zu beachten ist jedoch, dass es dabei nicht auf die (unter Umständen geheim gehaltene) tatsächliche politische Überzeugung des Mandatsträgers ankommt, sondern auf das, was der Täter beim Anbieten, Versprechen, Gewähren, Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen des Vorteils objektiv (ausdrücklich oder konkludent) erklärt.[100] Ein Mandatsträger, der für einen Vorteil die Vornahme einer konkreten mandatsbezogenen Handlung in Aussicht stellt, die in Wirklichkeit seinen (geheim gehaltenen) inneren Überzeugungen entspricht, von der er aber (konkludent oder ausdrücklich) das Gegenteil behauptet, erfüllt also den Tatbestand des § 108e Abs. 1 StGB.[101] Umgekehrt erfüllt den Tatbestand des § 108e Abs. 2 StGB, wer von einem Mandatsträger für einen Vorteil die Vornahme einer Handlung verlangt, von der er (irrigerweise) annimmt, dass sie dessen inneren Überzeugungen widerspricht. „Entscheidend sind“, wie es der BGH ausdrückt, „nicht innere Vorbehalte, sondern der vom Vorsatz umfasste äußere Erklärungswert des Verhaltens.“[102]
IV. Bei der „Wahrnehmung des Mandats“
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Während die alte Fassung des § 108e StGB nur den Kauf und Verkauf der Stimme des Mandatsträgers erfasste,[103] genügt es nach der geltenden Fassung, dass das dem Vorteil als Gegenleistung gegenüberstehende Verhalten des Mandatsträgers zur „Wahrnehmung des Mandats“ gehört. Der Umfang des Mandats ergibt sich aus den Regelungen, welche die Kompetenzen des jeweiligen Mandatsträgers festlegen. Im Falle von Bundestagsabgeordneten gehört nicht nur das Verhalten im Parlament und seinen Untergliederungen (z.B. Ausschüsse, Kommissionen, Ältestenrat, Fraktionen und ihre Arbeitskreise) zur Wahrnehmung des Mandats, sondern auch das außerhalb, insbesondere die Wahlkreisbetreuung und die Öffentlichkeitsarbeit (vgl. nur § 12 Abs. 2 Nr. 4, § 47 Abs. 3 AbgG). Die als Gegenleistung für den Vorteil angebotene oder geforderte „Handlung“ kann sowohl in formellem, auf die unmittelbare Auslösung von Rechtsfolgen gerichteten Verhalten bestehen (z.B. Abstimmen) als auch informellen Charakter haben (Reden, Schreiben, Presserklärungen, Interviews usw.).[104]
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Insbesondere bei informellen Handlungen außerhalb der Mandatsträgerversammlung kann die Zuordnung zum Aufgabenkreis des Mandatsträgers schwierig sein, vor allem, aber nicht nur, wenn der Mandatsträger zugleich Amtsträger (z.B. Bürgermeister oder Minister) ist.[105] Ein Abgeordneter, der in seinem Wahlkreis zugleich Mitglied des Gemeinderates ist und sich in einer regionalen Angelegenheit für ein bestimmtes Anliegen einsetzt, kann dies in seiner Eigenschaft als Abgeordneter oder Gemeinderatsmitglied (in beiden Fällen also als Mandatsträger, s. Rn. 4, 6), tun, aber auch in seiner Eigenschaft als (Partei-)Politiker oder Privatperson und damit außerhalb des Anwendungsbereichs des § 108e. Die Rollenzuordnung erfordert in solchen Fällen regelmäßig eine wertende Gesamtbetrachtung der Umstände. Die Verwendung des Abgeordnetenbriefkopfes und die Inanspruchnahme des Wahlkreisbüros (und damit der mandatsbezogenen Amtsausstattung[106]) sind dabei Indizien, die für ein Handeln in Wahrnehmung des Mandats sprechen. Die im Gesetzgebungsverfahren vertretene Auffassung, dass ein Wahrnehmen des Mandats „ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen“ vorliege, nicht hingegen, wenn „lediglich die Autorität des Mandats oder die Kontakte des Mandatsträgers genutzt werden, um einen in der Zuständigkeit einer anderen Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen,“[107] ist, jedenfalls wenn man den Mandatsbegriff des Parlamentsrechts zugrunde legt,[108] zu eng.[109]
V. Vorsatz, Rechtswidrigkeit, Schuld
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