Название: Antikorruptions-Compliance
Автор: Simon Schafer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811457294
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5. Besonders schwerer Fall, § 300 StGB
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Ein besonders schwerer Fall mit einer erhöhten Strafdrohung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren liegt gem. § 300 StGB im Regelfall vor, soweit sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht, bei gewerbsmäßigem Handeln oder Mitgliedschaft in einer Bande.
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Ein Vorteil großen Ausmaßes kann ab einem Betrag von 25 000 EUR in Betracht kommen.[24]
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Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn in der Absicht gehandelt wird, durch wiederholte Tatbegehungen einen fortgesetzten, auf noch nicht absehbare Zeit hin angestrebten Gewinn zu erzielen und sich so eine laufende Einnahmequelle von gewisser Erheblichkeit zu verschaffen. Da die Handlungen der §§ 299a, 299b StGB im Rahmen der beruflichen Tätigkeit der Täter vorgenommen werden, wird häufig von gewerbsmäßigem Handeln auszugehen sein.
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Eine bandenmäßige Begehung, also ein Handeln im Rahmen eines dauerhaften Zusammenschlusses von mindestens drei Personen, dürfte in der Praxis auch häufig vorliegen.
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Ohne Vorliegen eines dieser drei Regelbeispiele kommt ein besonders schwerer Fall auch aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände in Betracht.
a) Geschenke und Einladungen
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Für Geschenke und Einladungen gibt es – soweit im konkreten Fall eine Unrechtsvereinbarung vorliegt – keine Geringwertigkeits- oder Bagatellgrenze. Von vornherein unproblematisch sind lediglich sozialadäquate Zuwendungen, bei denen es an einer objektiven Eignung fehlt, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen. Dies soll etwa bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder bei kleineren Präsenten von Patienten der Fall sein.[25] Im Bereich der ärztlichen Berufe liefert § 32 Abs. 1 S. 1 MBO-Ä weitere Anhaltspunkte. Wenn die Annahme von Vorteilen nach dieser Norm berufsrechtlich unzulässig ist, soweit also durch ihre Annahme der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird, dürfte auch von fehlender Sozialadäquanz auszugehen sein.
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Diese unscharfen Begriffe werden in der Literatur in der Weise konkretisiert, dass Werbe-Kugelschreiber, Notizblöcke und sonstige geringwertige Büromaterialien, Informationsmaterial sowie Hilfsmittel geringen Werts – bis 10 EUR – ebenso als unproblematisch erachtet werden wie gelegentliche Einladungen, etwa zu einem Abendessen in Größenordnungen bis 50 EUR.[26]
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Zu beachten ist jedoch, dass auch für sich genommen vernachlässigbare Beträge bei regelmäßiger Gewährung im Zuge langjähriger Geschäftsbeziehungen erheblich ins Gewicht fallen können. So erfolgt etwa Abrechnungsbetrug häufig in der Weise, dass gegenüber den Kostenträgern im Gesundheitswesen gerade weniger bedeutende Posten zu Unrecht abgerechnet werden. In den routinemäßig automatisierten Kontrollprozessen fällt dies weniger auf, kann sich bei täglich mehrfachem gleichartigem Vorgehen jedoch über die Jahre zu erheblichen Beträgen summieren. Unzulässig sind daher – jedenfalls soweit insgesamt ein erheblicher Gesamtwert erreicht wird – auch geringwertige Geschenke oder Vorteile innerhalb auf regelmäßigem Austausch gründender beruflicher Beziehungen wie etwa zwischen Ärzten und Anbietern von Hilfsmitteln oder Facharzt und Laborarzt.[27]
b) Überlassung von Räumlichkeiten
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Eine Vermietung von Räumlichkeiten durch einen Heilberufsangehörigen an einen anderen kann eine Strafbarkeit gem. §§ 299a, 299b StGB begründen, soweit im Gegenzug für die Zuführung von Patienten ein nicht marktüblicher Mietzins vereinbart wird, der sich zugunsten desjenigen auswirkt, der – wie typischerweise Ärzte – die Zuführung von Patienten steuern kann. Dies kann etwa bei verbilligter Vermietung von Arztpraxen durch Apotheker oder umgekehrt bei überteuerter Vermietung durch ein Klinikum oder einen Arzt an ein Sanitätshaus, einen Apotheker oder einen Physiotherapeuten der Fall sein.[28]
c) Referententätigkeiten und Beraterverträge
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Honorare für Referententätigkeiten und Beratungsleistungen sind strafrechtlich problematisch, soweit die entsprechenden Vereinbarungen ganz oder teilweise verschleierte Zuwendungen für andere Leistungen darstellen. Ein zentrales Indiz ist insoweit die Angemessenheit der Vergütung.
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Zur Bestimmung der Angemessenheit von Honoraren werden im ärztlichen Bereich teilweise Vergleiche mit Gebührenpositionen in der GOÄ angestellt. Dadurch lassen sich recht einfach konkrete Stundensätze ermitteln, problematisch ist jedoch der nicht übertragbare Regelungshintergrund der GOÄ. Diese regelt die Beziehung zwischen Arzt und Patient und soll auch die Finanzierbarkeit notwendiger medizinischer Leistungen gewährleisten.[29]
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Letztlich werden daher auch im ärztlichen Bereich immer die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sein. Zentrale Kriterien dürften insoweit die Schwierigkeit der in Rede stehenden fachlichen Leistung sowie auch die wissenschaftliche Qualifikation und Reputation des Referenten bzw. Beraters darstellen. Auf dieser Grundlage werden in der Literatur für spezialisierte Ärzte teilweise Stundensätze in einem Bereich von 150 EUR bis sogar 450 EUR als angemessen erachtet.[30]
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Je höher Honorierungen ausfallen, desto eher besteht allerdings grundsätzlich die Gefahr, dass seitens der Ermittlungsbehörden ein strafrechtlicher Anfangsverdacht angenommen wird. Es dürfte daher empfehlenswert sein, Umstände, welche für die Marktüblichkeit und Angemessenheit von Honoraren sprechen, in entsprechende Vereinbarungen aufzunehmen und diese ggf. auch offenzulegen bzw. Berufsverbänden zur Prüfung vorzulegen.[31] So lässt sich das Risiko der Aufnahme von Ermittlungen deutlich reduzieren. Dieses liegt in derartigen Konstellationen vor allem darin, dass entsprechende Vereinbarungen Kostenträgern oder Ermittlungsbehörden im Rahmen anonymer Anzeigen zugespielt werden.
d) Unternehmensbeteiligungen
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Unternehmensbeteiligungen von Heilberufsangehörigen an den Firmen anderer Heilberufler sind grundsätzlich zulässig,[32] können jedoch eine Strafbarkeit begründen, soweit durch das konkret gelebte Konstrukt eine Zuwendung von Vorteilen für eine der tatbestandlichen Handlungen der §§ 299a, 299b StGB erfolgt.
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Als besonders praxisrelevant haben sich gesellschaftsrechtliche Beteiligungen von Orthopäden an Physiotherapiezentren erwiesen, an welche die Ärzte Patienten zuweisen. Klassisch sind weiterhin Beteiligungen von Ärzten an Laboren, Apotheken oder Sanitätshäusern.
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Stets unzulässig sind in derartigen Fällen СКАЧАТЬ