Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
isbn:
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Da aber selbst bei Berücksichtigung der untergesetzlichen Normen, Normverträge, Richtlinien und Beschlüsse nur selten ein zwingender Weg der Subsumtion der Anspruchsgrundlagen möglich ist, erfolgt die Zusprache anstehender medizinischer Maßnahmen auf unterschiedlichem Wege.
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Entweder erfolgt eine konkrete Leistungsbewilligung durch die Krankenkasse oder eine Konkretisierung des Behandlungsanspruchs des Versicherten durch die Leistungserbringer in der Leistungserbringung selbst.
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Grundsätzlich sieht § 19 SGB IV vor, dass Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Antrag erbracht werden, soweit nicht anderweitige gesetzliche Regelungen eine unmittelbare Inanspruchnahme vorsehen. § 15 SGB V stellt die Weiche in Richtung Bewilligungsleistungen oder Leistungen durch unmittelbare Inanspruchnahme.
7. Kapitel Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung › E. Anspruchsstruktur und Anspruchskonkretisierung im Einzelfall › II. Bewilligungsentscheidungen durch die Krankenkasse
1. Antragsbedürftige Leistungen
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Regelmäßig auf Antrag des Versicherten nach § 19 SGB IV entscheidet die Krankenkasse über die Bewilligung von Zahnersatz(-kronen)[1], Krankengeld, häuslicher Hilfe, über die Gewährung von Heil- und Hilfsmitteln oder über Rehabilitationsmaßnahmen.
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Je nach Ausgestaltung der geltend gemachten Leistungen steht dem Versicherten ein unbedingter, ein antragsabhängiger Anspruch oder insbesondere ein Anspruch auf Ermessensentscheidung zur Leistungsbewilligung zu. Bei Rehabilitationsleistungen bspw. hat der Versicherte regelmäßig Anspruch auf Rehabilitation, während die Entscheidung über die Art, den Zeitpunkt und den Umfang der Leistung unter Berücksichtigung von Wünschen des Versicherten nach § 40 SGB V zu einer Ermessensentscheidung befugt. Ein Antrag ist auch erforderlich vor Behandlung mit neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit dem Ziel späterer Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V (siehe Rn. 82) sowie beim Einsatz nicht zugelassener Arztmittel – „Off-Label-Use“, „compassionate use“ (siehe Rn. 122 ff. und Rn. 141 ff.), insbesondere nach § 2 Abs. 1a SGB V, wobei der Antrag auch durch den Leistungserbringer gestellt werden kann.
2. Förmliche Anspruchsberechtigung
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Die Krankenkasse hat die persönlichen Voraussetzungen für den Leistungsanspruch des Versicherten für die Mitgliedschaft oder Familienmitgliedschaft nach den §§ 5–10 SGB V oder sonstige Voraussetzungen wie z.B. Altersgrenzen etc. zu prüfen. Ebenso ist die vorrangige Leistungspflicht z.B. der gesetzlichen Renten-, Unfall- oder Pflegeversicherung auszuschließen. So gewährt § 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (ICSI) nur verheirateten Personen.[2] Die Antragsbefugnis hat der Versicherte. In Fällen des § 2 Abs. 1a SGB V kann auch der behandelnde Arzt ohne Schriftformerfordernis Antrag auf Leistungsbewilligung stellen.
3. Vorliegen des Versicherungsfalls
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Im Mittelpunkt der Prüfung steht der Versicherungsfall. Es müssen die subjektiven und die tatbestandlichen Voraussetzungen für die jeweils in Anspruch zu nehmenden Leistungen nach den materiellen Leistungskomplexen der §§ 20 ff. SGB V vorliegen. Medizinische Sachverhalte sind für die entscheidende Krankenkasse dabei gem. § 275 Abs. 2 SGB V durch den Medizinischen Dienst zu prüfen.
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Die Leistung erfolgt bei einem zugelassenen Leistungserbringer bzw. Vertragspartner.[3] Bei der Entscheidung sind die Ortswahl und die religiösen Bedürfnisse des Versicherten bei der Auswahl von Leistungserbringern nach § 2 Abs. 3 SGB V zu berücksichtigen.
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Das sozialverwaltungsrechtliche Verfahren endet mit einem Verwaltungsakt nach §§ 31 f. SGB X.
7. Kapitel Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung › E. Anspruchsstruktur und Anspruchskonkretisierung im Einzelfall › III. Norm- und Anspruchskonkretisierung durch Inanspruchnahme
III. Norm- und Anspruchskonkretisierung durch Inanspruchnahme
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Nach § 19 SGB IV und § 15 SGB V ist für die Leistungsbewilligung im Verhältnis des Krankenversicherten zur Krankenkasse grundsätzlich ein Antrag erforderlich. Das Problem aber ist, dass ambulante und stationäre Krankenbehandlung sowie die Anordnung und Verantwortung von Behandlungsleistungen sonstiger Leistungserbringer Massengeschäfte sind, die eine vorherige Bewilligung der Krankenbehandlung im Verhältnis des Krankenversicherten zur Krankenkasse ausschließen. Es handelt sich um Sach- und Dienstleistungen, deren Erbringung die Krankenversicherung dem Versicherungsnehmer gegenüber schuldet. Dies ist der Grund, warum § 15 Abs. 2–6 SGB V das Recht des Versicherten auf unmittelbare Inanspruchnahme der Leistung bei der Krankenbehandlung als Ausnahme von § 19 SGB IV regelt. So wird der Antrag des Versicherten konsequenterweise nicht mehr als eigenständige materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung[4] angesehen. Ob überhaupt ein konkludenter Antrag vorliegt, kann bestritten werden.
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Das Versorgungskrankenhaus und der Vertragsarzt sind bei Vorliegen der Voraussetzungen verpflichtet, den Behandlungsanspruch selbst oder durch Anordnung von Behandlungen zu erfüllen. § 15 Abs. 2–6 SGB V verlangt, dass sich der Krankenversicherte durch Chipkarte als Krankenversicherungsnachweis (eGK) gem. § 291 SGB V gegenüber dem Vertragsarzt ausweist. Dieser hat dann selbst zu behandeln oder Leistungen beispielsweise des Krankenhauses zu verordnen. Die Verordnung von Krankenhausleistungen bindet das Krankenhaus nicht unmittelbar. Die Behandlungspflicht folgt vielmehr allein aus der Feststellung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt selbst.[5] Selbst eine entgegenstehende Entscheidung der Krankenkasse lässt die Leistungspflicht des Vertragsarztes oder des Krankenhauses[6] nicht entfallen.
1. Speziell: Der Versicherungsfall der Krankheit
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Wegen der besonderen Bedeutung wird im Folgenden allein der Versicherungsfall der Krankheit[7] als Leistungsvoraussetzung knapp erörtert und der Leistungsanspruch auf Krankheitsbehandlung[8] gegen Ansprüche auf Vorsorge, Rehabilitation und auf Pflege abgegrenzt.
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In der anwaltlichen Praxis dürfte die Vertretung von gesetzlich СКАЧАТЬ