Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
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c) Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)
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Der EBM,[102] der das wertmäßige Verhältnis der vertragsärztlichen Leistungen zueinander definiert, ist nunmehr als Euro EBM ein Teil des Bundesmantelvertrags Rechtsnorm nach § 87 Abs. 2 SGB V. Er steuert neben seinen Vergütungsregelungen grundlegend das Spektrum erbringbarer und abrechenbarer Leistungen und der Mengenentwicklung auch gegenüber den Versicherten.[103] Leistungen, die im EBM nicht beschrieben sind, können zu Lasten der Krankenkassen grundsätzlich von Vertragsärzten nicht erbracht und von gesetzlich Krankenversicherten insoweit nicht in Anspruch genommen werden. Der EBM unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle.[104] Der Bewertungsausschuss hat einen weiten Gestaltungsspielraum,[105] wie bspw. der Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V v. 11.12.2019 zur Änderung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) mit Wirkung zum 1.1.2020 (EBM-Detailänderungen) aufzeigt.[106]
d) Sonstige Verträge
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Leistungskonkretisierungen können auch auf regionaler Ebene durch Vereinbarungen der Gesamtvertragsparteien erfolgen. Bekanntestes Beispiel sind die Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 SGB V.[107] Umstritten sind sog. Me-Too-Listen. Zwar werden durch die Me-Too-Listen Arzneien nicht aus der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen, nach § 31 Abs. 2 SGB V trägt die Krankenkasse aber lediglich die Kosten von Arzneimitteln in Höhe vergleichbarer Referenzarzneimittel. Die Arzneimittelverordnungen werden auf KV-Ebene auf der Grundlage der Bewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen geschlossen.[108] Es werden patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen aufgeführt, die keine oder lediglich marginale Unterschiede zu bereits zugelassenen Arzneimitteln haben. Die hierzu sich entwickelnde Rechtsprechung ist sehr umfangreich.[109]
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Einfluss auf das Leistungsrecht können auch Verträge über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V und Verträge über besondere Versorgung der Versicherten gem. § 140a SGB V haben. So sind in weiten Teilen der Bundesrepublik zwischen den Hausarztverbänden und den Krankenkassen Hausarztverträge geschlossen worden, an denen gesetzlich Krankenversicherte durch Beitritt teilnehmen können.
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Die Krankenkasse können in ihren Satzungen unter anderem regeln, ob und welche Anreize beziehungsweise Vergünstigungen den an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten gewährt werden. Die Vergütung im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung kann in Selektivverträgen der Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung für Vertragsärzte geregelt werden, die dann entsprechend bereinigt werden muss. Seit dem 1.4.2014 sind Kriterien für die Wirtschaftlichkeit und Maßnahmen zu deren Umsetzung sowie Regelungen zur Qualitätssicherung, die über die allgemeine hausärztliche Qualitätssicherung hinausgehen, obligatorisch. Die Einhaltung der Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens nach vier Jahren nachweisbar sein. Die Regie der Versorgung mit Krankenbehandlung und Arzneimitteln ist liberalisiert, ausgeschlossen bleiben lediglich aus der GKV verbannte Verfahren und Medikamente. Parallel hierzu haben Ärzteverbände und Krankenkassen eine Vielzahl auch fachärztlicher Versorgungsverträge geschlossen, die ähnliche Modifikationen enthalten.
7. Kapitel Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung › D. System der Anspruchskonkretisierung durch untergesetzliches Recht › IV. Rahmenempfehlungen und sonstige Richtlinien der Spitzenverbände
1. Rahmenempfehlungen
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Die Rahmenempfehlungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, die stets gemeinsam mit maßgeblichen Spitzenorganisationen der Leistungserbringer geschlossen werden müssen, werden in unterschiedlichen Versorgungsbereichen geregelt.[110] Die Rahmenempfehlungen bspw. zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Durchführung und Abrechnung der Versorgung im Hilfsmitteln[111] sind keine Rechtsnormen. Rechtsnormen sind insoweit nur die Richtlinien des G-BA.[112] Rahmenempfehlungen sind Grundlage für regionale Vereinbarungen.
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Von den Rahmenempfehlungen sind die Rahmenverträge des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen mit den maßgeblichen Spitzenorganisationen abzugrenzen. So sind beispielsweise mit dem TSVG nach § 125 SGB V die Rahmenempfehlungen für Heilmittel entfallen und stattdessen Rahmenverträge auf Bundesebene eingeführt worden.[113] Sie entfalten Bindungswirkung für die Vertragspartner.
2. Hilfsmittelverzeichnisse nach § 139 SGB V
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Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt nach § 139 SGB V und § 78 SGB XI Verzeichnisse von Hilfs- und Pflegmitteln.[114] Derartige Verzeichnisse sind keine Rechtsnormen. Sie stellen auch keine Positivlisten dar. Vielmehr handelt es sich um sachliche Feststellungen der Eignung der Hilfsmittel mit dem Ziel einer einheitlichen und wirtschaftlichen Versorgung.[115]
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In der Praxis kommt den Verzeichnissen eine wichtige Rolle zu. Sie entfalten eine Markt steuernde Wirkung, da auf das Verordnungsverhalten der Ärzte gegenüber den Kostenträgern und Versicherten mit Hilfe der Verzeichnisse Einfluss genommen wird.[116] Ein Problem stellte die Aktualität der Verzeichnisse dar,[117] weshalb der Gesetzgeber mit dem § 139 Abs. 9 SGB V i.d.F. HHVG dem GKV-SV auferlegte, sämtliche seit dem 30.6.2015 nicht mehr grundlegend aktualisierte Produktgruppen einer Prüfung und Aktualisierung zu unterziehen und fortzuschreiben, um so dem technischen Fortschritt und neuen medizinischen Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Über die durchgeführten Fortschreibungen hat der GKV-SV gegenüber dem Ausschuss für Gesundheit einmal jährlich zu berichten.
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Streitigkeiten bestehen immer wieder über die Aufnahme eines (Medizin)Produktes in die Verzeichnisse. Das BSG hat in einer aktuellen Entscheidung festgestellt, dass ein Hilfsmittelhersteller über die Aufnahme seines Produkts in das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands hinaus auch die sachgerechte Zuordnung unter Berücksichtigung der systematischen Struktur des Verzeichnisses beanspruchen kann, nicht aber eine Listung im Sinn eines Optimierungsgebots zu seinen Gunsten.[118] Bei der der Gestaltung und Entwicklung der systematischen Struktur der Verzeichnisse ist der GKV-SV weitgehend frei bzw. hat eine weite Entscheidungsprärogative, ebenso wie bei der Festlegung von indikations- oder einsatzbezogen besonderen Qualitätsanforderungen i.S.d. § 139 Abs. 2 S. 1 SGB V.
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Tipp
Hilfsmittelherstellern, die die Aufnahme ihrer Produkte ins Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnis anstreben, sei ein Blick in die Verfahrensordnung des SpiBuKK empfohlen (§ 139 Abs. 7 SGB V). Dort wird u.a. ausgeführt, welche generellen Anforderungen der GKV-Spitzenverband an den Inhalt und die Form der Aufnahmeanträge stellt und welche СКАЧАТЬ