Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
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c) Finanzierung
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Die Kammern erheben zur Erfüllung ihrer Aufgaben[81] Mitgliedsbeiträge, die einkommensbezogen oder nach Art der Berufsausübung (selbstständig, angestellt, ohne Berufsausübung) in einer Beitragssatzung festgesetzt werden und mit denen sie ihre Aufgabenerfüllung finanzieren. Nach Tettinger handelt es sich dabei um eine eigenständige Abgabenart, die dem Typus „Verbandslast“ zuzuordnen ist.[82] Franz spricht von einem „korporativen Beitrag“, der begrifflich eher dem Mitgliedsbeitrag denn dem öffentlich-rechtlichen Beitrag entspricht.[83] Bei der Beitragsbemessung sind sowohl der allgemeine Gleichheitssatz wie auch das Äquivalenzprinzip zu beachten.[84] Für die Durchsetzung fälliger Beiträge finden die allgemeinen Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren bei Abgaben Anwendung.[85] Daneben erheben die Kammern für bestimmte Dienstleistungen Gebühren, z.B. für Prüfungen oder Bescheinigungen.
d) Berufsgerichtsbarkeit
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Kammern bieten der Allgemeinheit wie auch dem einzelnen Patienten die Gewähr für die Einhaltung der in den Heilberufekammer-Gesetzen und Berufsordnungen verfassten Berufspflichten. Wo diese verletzt werden, sanktioniert die Berufsvertretung den Verstoß mit einer Rüge (mit oder ohne Geldbuße) oder dem Antrag auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens.[86] In jedem Fall ist das betroffene Kammermitglied zuvor anzuhören. Während das Rügeverfahren (eingeschlossen das Widerspruchsverfahren) Sache der Selbstverwaltung ist, entscheiden in berufsgerichtlichen Verfahren staatliche Gerichte für besondere Sachgebiete, die mit einem Volljuristen und mit zwei Kammermitgliedern besetzt sind.[87] Die Berufsgerichte können einen Verweis aussprechen, Geldbußen verhängen oder den Verlust von Mitgliedschaftsrechten in Organen oder von Wahlrechten anordnen.
e) Ahndung von Wettbewerbsverstößen
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Kammern der Freien Berufe sind befugt, Wettbewerbsverstöße von Kammerangehörigen oder deren Wettbewerbern im Zivilrechtsweg zu verfolgen. Dabei ist abzuwägen, ob das Vorgehen im Zivilrechtsweg angemessen erscheint und nicht unverhältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Kammerangehörigen eingreift.[88]
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Unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung[89] hat der Bundesgerichtshof die Klagebefugnis einer Kammer aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG abgeleitet, der ausdrücklich Verbände zur Förderung selbstständiger beruflicher Interessen benennt. Auch die begrenzte Kompetenz des Bundesgesetzgebers für das Recht der Heilberufe ändert daran nichts, soweit hierzu Regelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb getroffen wurden. Zugleich wird klargestellt, dass die berufsrechtliche Überwachungsfunktion der Kammern damit nicht eingeschränkt, sondern nur ein weiterer „zivilrechtlicher“ Weg zur Durchsetzung der Berufspflichten eröffnet wird. Auch das Bundesverfassungsgericht bejaht die Klage von Berufskammern nach § 13 Abs. 2 UWG.[90]
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Der Vorteil einer solchen Vorgehensweise liegt aus Sicht der Kammern darin, einen vermeintlichen Verstoß gegen Berufspflichten schnell zu unterbinden, wobei es in diesem Falle (noch) nicht auf das Verschulden ankommt. Bei irreführenden Werbeangaben, soweit diese Mitbewerber und Verbraucher beeinträchtigen und das Ansehen der Berufsgruppe schädigen, liegen die Voraussetzungen für ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen der Kammern gegen ihre Mitglieder vor.
f) Dachverbände
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Die Kammergesetze erlauben den berufsständischen Kammern, sich in Vertretung der beruflichen Belange ihrer Mitglieder in Bundesorganisationen nicht nur des eigenen Berufsstandes zusammen zu schließen. Hierzu hat das OVG Berlin-Brandenburg[91] entschieden, dass es effektiver sein kann, die Belange von Kammerangehörigen eines bestimmten Berufs auf einer sachlich übergeordneten wie auch überregionalen Ebene zu vertreten und dadurch zu einer Bündelung der verschiedenen Berufssparten gemeinsamen Interessen beizutragen. Ältere restriktive Entscheidungen – auch des BVerwG – haben zu Recht Kritik erfahren.[92] Es liegt in der Natur der Interessenwahrnehmung, sich mit anderen, gleich orientierten und strukturierten Organisationen zu verbünden. In der Regel wird durch den Beitritt zu einem Dachverband der Haushalt der entsprechenden Berufskammer und damit der Mitgliedsbeitrag des einzelnen Kammerangehörigen nur geringfügig belastet; somit sind die Folgen des Beitritts für das einzelne Kammermitglied nicht unverhältnismäßig.[93]
3. Selbstverwaltungs-Aufgaben
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Es entspricht dem Wesen berufsständischer Organisationen, ihre Mitglieder in allen mit dem Beruf in Zusammenhang stehenden Fragen zu beraten.[94] Dies beinhaltet nicht nur die Wahrnehmung berufsständischer Interessen des gesamten Berufsstandes, sondern auch Hilfe im Einzelfall.[95] Taupitz hat den Versuch einer Typisierung von Tätigkeitsfeldern der funktionalen Selbstverwaltung vorgenommen[96] und dabei drei Komplexe benannt:
– | Berufsaufsicht, |
– | Vertretung des Gesamtinteresses eines Berufszweiges nach außen, |
– | Förderung des Berufsstandes. |
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Folgt man dieser Kategorisierung, so lassen sich auf Grundlage der Heilberufekammer-Gesetze der Länder[97] folgende Aufgabenkatalog differenzieren:
a) Berufsaufsicht
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– | Regeln und Überwachung der Berufspflichten, |
– | Sicherung der Qualität |
– | Prävention/Gesundheitsschutz |
– | Sicherstellung des Notfalldienstes |
– | Förderung der Kollegialität |
– | Streitschlichtung aus dem Berufsverhältnis |
– | Schlichtung |
b) СКАЧАТЬ