Название: Katholiken in den Thüringer Kleinstaaten
Автор: Martin Gebhardt
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Erfurter Theologische Studien
isbn: 9783429062866
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19 In Altenburg, Gotha, Greiz, Meiningen, Rudolstadt und Weimar.
20 Im Falle des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach ist darauf zu verweisen, dass bedeutende Aktenbestände 1945 in Bad Sulza durch Brand vernichtet wurden.
A. KIRCHE UND GESELLSCHAFT IN THÜRINGEN – HISTORISCHE GRUNDLAGEN IM ÜBERBLICK
1. Thüringen – Land der Kleinstaaten und der Reformation
Die thüringische Landschaft wies als das für sie typisches Merkmal eine Vielzahl von Edlen und Adelshäusern auf, die ihren Eigeninteressen nachgingen und bestrebt waren, eigenständige Territorien aufzubauen.21 Erst das Geschlecht der Ludowinger konnte eine Vorrangstellung als regierende Landgrafen erreichen. Ihre Herrschaft ist dennoch nicht mit der Region Thüringen gleichzusetzen.22 Nach einer geschichtlich kurzen Episode mit herausragenden Personen wie Ludwig IV. (1200-1227)23 und der Heiligen Elisabeth (1207-1231), endete die Ludowinger Herrschaft durch Aussterben im Mannesstamm im Jahr 1247.24
Das Machtvakuum führte zum Thüringisch-Hessischen Erbfolgekrieg 1247-1264, der nicht einem anderen thüringischen Adelshaus, sondern einer „ausländischen“ Macht die Herrschaft sicherte. Das Haus Wettin setzte sich in den Streitigkeiten durch und stieg zu einer der bedeutendsten europäischen Mächte auf. Im Weißenfelser Vertrag von 1249 wurde dem Wettiner Heinrich dem Erlauchten (1221-1288) das Erbe der Landgrafschaft für den Thüringer Teil zugesprochen.25 Damit trat das sächsische Adelshaus in eine enge Verbindung zur Thüringer Geschichte und prägte die Geschicke des Landes bis zum Untergang der Monarchie im Jahr 1918. Diese Verbindung degradierte Thüringen zu einer Randprovinz Sachsens. Auch den Thüringern muss der wettinische Machtanspruch als fremde Machteinwirkung erschienen sein, sind doch immer wieder Vorbehalte zu der sächsischen Fremdherrschaft nachweisbar.26
1.1 Thüringen – Land der Kleinstaaten
Im Jahr 1485 teilten die Brüder Ernst (1441-1486) und Albrecht III. (1443-1500) die wettinischen Gebiete unter sich auf, so dass eine ernestinische und eine albertinische Linie entstanden.27 Den Albertinern fiel dabei die Mark Meißen zu. Die Ernestinern, die auch die Kurwürde28 innehatten, herrschten über weite Teile Thüringens und die sächsischen Kurgebiete.29 Im Zuge der religiösen, politischen und militärischen Auseinandersetzungen der Reformationszeit mussten die Ernestiner die Kurwürde und die damit verbundenen Kurländer an die Albertiner abtreten.30 Zwar war die Macht der Ernestiner auf Reichsebene extrem geschwächt, doch konnten sie die bestimmende Größe in Thüringen bleiben. Die 1553 von Herzog Johann Friedrich (1503-1554) festgesetzte Unteilbarkeit des ernestinischen Besitzes, welche die verbliebene politische Macht erhalten sollte, wurde unter seinem Sohn Herzog Johann Friedrich II. (1529-1595) aufgegeben, der 1566 in Weimar die Teilung der Einkünfte zwischen ihm und seinem Bruder Herzog Johann Wilhelm (1530-1573) vereinbarte.31 In der Folge kam es zu mehreren Erbteilungen und zeitweisen Wiedervereinigungen der Ländereien. Hieraus erwuchs eine unübersichtliche Zerrissenheit und eine ständige Veränderung der ernestinischen Herrschaftsgebiete.32 Die Thüringer Kleinstaaterei steht damit in direktem Zusammenhang zu den ernestinischen Territorialteilungen und den daraus entstandenen Herzogtümern.33
Darüber hinaus konnten sich innerhalb des ernestinischen Einflussbereichs weitere Territorialherrschaften behaupten, die die politische Teilung Thüringens verstärkten. Es waren vor allem zwei Geschlechter, die sich gegenüber der sächsischen Machtpräsenz etablierten: Zum einem das Haus Schwarzburg und zum anderen das Geschlecht derer zu Reuß.34
Die Herkunft der Schwarzburger lässt sich nicht bis ins Detail klären. Fest steht, dass schon um das Jahr 700 erste Vorfahren der Stammlinie in Thüringen vorzufinden waren und die Familie zum Thüringer „Altadel“ gehörte.35 Die Herrschaft des Hauses beruhte wahrscheinlich bereits im 8. Jahrhundert auf zwei Standorten, die im späteren Verlauf namensgebend für die Familie bzw. für sich aus ihr ergebenen Zweige werden sollten: die Käfernburg bei Arnstadt und die Schwarzburg, im Schwarzatal des Thüringer Waldes gelegen.36 Eine Unterscheidung in zwei selbstständige Familien ist ab dem 12. Jahrhundert nachweisbar, jedoch nur von kurzer Dauer, da die Käfernburger im 14. Jahrhundert ausstarben.37
Die Wettiner versuchten mehrfach den Schwarzburgern die Reichsstandschaft38 abzusprechen. Nur eine direkte Verbindung zum Reich und dem Kaiser konnte die Adelsfamilie in ihrer Eigenständigkeit bewahren und ihren Anspruch als souveräne Herren garantieren. Unter Kaiser Maximilian II. (1527-1576) wurde den Schwarzburgern die Viergrafenwürde bestätigt und ihnen unter Rudolf II. (1552-1612) sämtliche Rechte zu Sitz und Stimme in der Reichsversammlung zugebilligt.39 Die Reichsunmittelbarkeit des Hauses bedeutete jedoch nicht, dass damit auch alle anderweitigen Verpflichtungen und Abhängigkeiten aufhörten, denn die Schwarzburger waren Reichs- und Landstände und als letztere blieben sie auch den Wettinern verpflichtet.40
Auch die Schwarzburger unterschieden sich in mehrere Erbschaftslinien. Im Stadtilmervertrag von 1599 wurde die Aufteilung des Gesamtbesitzes geregelt: danach unterteilte sich das Haus Schwarzburg in eine Rudolstädter- und eine Sondershäuserlinie, die jeweils Besitzungen in der Ober- und Unterherrschaft verwalteten.41 Auch nach dem Stadtilmervertrag gab es weitere Erbschaftsteilungen, sie sich dann auf die jeweilige Linie beschränkt blieb.
Der Aufstieg des Hauses Reuß in den adligen Stand beruhte auf der geschickten Dienstpolitik der Familie.42 Als Vögte verstanden sie es eigene erbliche Besitzungen zu etablieren und ein eigenes Machtzentrum an der Weida, an der sie den gleichnamigen Ort gründeten, zu schaffen.43 Ähnlich den Schwarzburgern konnten die Reußen ihre Herrschaft nur behaupten, indem sie die Verbindung zum Kaiser und der böhmischen Krone eng knüpften.44 Erst dies ließ aus einem Geschlecht von Vögten reichsunmittelbare Herren werden, die letztendlich zu Fürsten mit eigenen Staaten aufsteigen sollten. Im Jahr 1564 teilten die Reußen den Gesamtbesitz in drei zu unterscheidende Erblinien auf: eine ältere Linie, mit der Herrschaft Untergreiz, eine mittlere Linie mit der Herrschaft über Obergreiz und eine jüngere Linie mit dem Besitz der Herrschaft Gera.45 Die Aufteilung in drei Linien beendete die Erbteilungspraxis in der Folgezeit jedoch nicht, sondern beschränkte diese auf den jeweiligen Familienzweig, mit der Folge, dass sich die Zersplitterung der Ländereien verstärkte.
Doch nicht nur Erbteilungen der Adelshäuser führten zu einem territorialen Flickenteppich.46 Auch die kirchlichen Besitzungen des Mainzer Erzstifts47, welche die bedeutendste Metropole Thüringens, Erfurt48, umfasste und das auch das Eichsfeld besaß, verstärken die Unterteilung.49
1.2 Thüringen – Land der Reformation
Thüringen ist Ausgangspunkt einer der größten Umbrüche in der europäischen, besonders aber der deutschen Geschichte geworden. Die von Martin Luther ausgehende bzw. von ihm auf vielfältigem Weg angestoßene Kirchenreform war in besonderem Maße an die wettinische Herrschaft gebunden: Thüringen als Teil des sächsischen Machtraumes wurde zum Ausgangspunkt bzw. mittragenden Faktor der Reformation.50 Sie veränderte Thüringen in seinen Herrschaftsgebieten nachhaltig. Eine umfassende Darstellung der entsprechenden Zeitumstände kann an dieser Stelle jedoch nicht erfolgen.51 Stattdessen soll auf das neue Miteinander von Staat und Kirche aufmerksam gemacht werden, das fortan die Thüringer Staatenwelt prägen sollte: Das evangelische Landeskirchentum.
Die Schutzfunktion des sächsischen Kurfürsten Friedrich III., genannt Friedrich der Weise (1463-1525), über Luther und seine Lehre deutet bereits an, wie stark und wichtig die Rolle des Staates innerhalb der Reformation war. Nach dem Tod des Kurfürsten, 1525, hatte die bis dahin nur passiv ausgeübte, die Reformation fördernde Politik ein Ende und wurde durch eine aktiv in die Kirchenreform eingreifende Herrschaftsausübung abgelöst.52 Friedrichs Bruder, Kurfürst Johann der Beständige (1468-1532), СКАЧАТЬ