Wie lernt Kirche Partizipation. Группа авторов
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СКАЧАТЬ zu führen haben, nämlich sich selbst.“ 47

      (Peter F. Drucker)

      Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem Verständnis von Leitung. Der Begriff „Servant Leadership“ steht für ein auf den ehemaligen amerikanischen Manager der Telefongesellschaft AT&T Robert K. Greenleaf (1904 bis 1990) zurückgehenden Führungsansatz, wonach Leitung im Unterschied zum beherrschenden Leiten vor allem als dienende Leitung verstanden wird. Dieser Ansatz ist weder Konzept noch Technik, sondern beschreibt eine „Lebenshaltung, die sich auf alle Lebensbereiche erstreckt“ und mit der „die Vertrauensbasis gelegt [wird] für persönliches und professionelles Wachstum, effiziente Zusammenarbeit, (Eigen-)Verantwortlichkeit und Tatkraft“48. Servant-Leadership ist damit alles andere als eine „Schnellreparatur-Methode“49 für Organisationen. Im Zentrum steht vielmehr ein „persönlicher geistiger Reifeprozess“50. Servant Leadership vertritt eine ganzheitliche Sicht „der Qualitäten von Mensch, Arbeit und Gemeinschaftssinn“51. Im Gegensatz zur herrschenden Haltung kennzeichnet die dienende Haltung unter anderem folgende Grundmerkmale:

      – Leitung hört zu, anstatt zu bevormunden und zu belehren

      – Leitung fragt nach Einsicht, anstatt zu (ver-)urteilen

      – Leitung tritt in einen Dialog anstatt zu reglementieren

      – Leitung respektiert, anstatt gering zu achten

      – Leitung dient, anstatt zu (be-)herrschen52

      „Servant Leadership“ ist in diesem Sinne auch für das Projekt „Verantwortung teilen“ entscheidend, und zwar mit dem Fokus auf einen zentralen Aspekt: Wie das Eingangszitat von Peter F. Drucker deutlich werden lässt, beginnt „Servant Leadership“ nämlich nicht – wie häufig mit Rekurs auf das Merkmal „dienend“ in der pastoralen Landschaft einseitig hervorgehoben wird – bei der Leitung von anderen, sondern bei der Leitung von sich selbst. Leonhard Schnorrenberg führt aus: „In dem Maße, worin wir unsere eigene Individualität entwickeln, entwickeln wir gleichzeitig eine größere Dienstbarkeit nach anderen, weil wir wissen, dass der andere nicht so ist wie wir.“53 Dienende Leitung wäre also ganz und gar missverstanden, wenn diese in der Sorge für andere in dem Sinne als „dienend“ begriffen würde, dass die Geführten schließlich doch wieder in gewisse Machtabhängigkeiten gerieten. Dienende Leitung heißt vielmehr „Empowerment“, Ermutigung zur Selbstleitung durch Selbstleitung.54 In diesem Verständnis entfaltet der Ansatz „Servant Leadership“ auch für das Projekt „Verantwortung teilen“ seine Relevanz hinsichtlich der Frage nach dem Leitungsstil. Der Leitungsdienst, den wir einander zu „leisten“ haben, hat „dafür zu sorgen, dass wir frei von Abhängigkeiten werden“, denn so „sind wir auch in ‚Kon-takt‘ mit anderen“55.

      5. TEAMUND ERMÖGLICHUNGSKULTUR ALS ZWEI WESENTLICHE LEITLINIEN DES PROJEKTS

      Die theoretische Bewusstwerdung und theologische Vergewisserung ist das Eine; das Andere ist die praktische Konkretion. Wie wird praktisch und zugleich praxistauglich, was unter Schlagworten wie Partizipation, Selbstorganisation, gemeinsames Priestertum aller Getauften, „Servant Leadership“, partizipative Kirchenentwicklung usw. firmiert? Dieser Schritt stellt eine der größten Herausforderungen dar, weil dazu vieles, was und wie es zuvor gelernt und liebgewonnen wurde, wieder zu verlernen und Neues zu erlernen ist. Der Schritt von der Theorie in die Praxis erfolgt im Rahmen des Projekts „Verantwortung teilen“ im Wesentlichen über zwei inhaltliche Leitlinien, die sich in den beiden Modulen „Teamkultur“ und „Ermöglichungskultur“ (unter dem Stichwort: „pastorale Entwicklung (an-)leiten“) des Bildungscurriculums konkretisieren. Die methodische Umsetzung verpflichtet sich dem zu vermittelnden Inhalt: der Ermöglichung von Partizipation.

      5.1 TEAMKULTUR

      Rainer Bucher erklärt die Dichotomien zwischen „Laien und Klerikern“ sowie „Hauptamtlichen und sogenannten Ehrenamtlichen“ zu den gegenwärtig „unfruchtbaren wechselseitigen Ressentiments innerhalb des Volkes Gottes“56, und zwar insofern sie in der praktischen Realität für beide Parteien nicht als Gewinn erlebt werden (können). Solcherart unfruchtbare Dichotomisierungen zeigten sich im Bistum Aachen etwa dort, wo die Fortbildungen für Hauptamtliche und freiwillig Engagagierte nicht nur in dem Fall, wo die unterschiedliche Profession es erforderlich macht, sondern auch in dem Fall, dass in der Praxis beide zusammen im Team arbeiten, getrennt organisiert wurde.

      Darüber hinaus ergibt sich auch mit dem Auftrag, über das Projekt „Verantwortung teilen“ Unterstützung für freiwillig Engagierte in Form von Fortbildung zu organisieren, die Gefahr weiterer Dichotomisierungen im Denken und Handeln, nämlich zwischen denen, die scheinbar befähigt werden müssen, um zu partizipieren, und jenen, die fähig sind zu partizipieren bzw. zwischen denen, die Unterstützung brauchen und jenen, die unterstützen. Wo sich diese Subjekt-Objekt-Bezüge im Gegensatz zu einem wechselseitigen Lernen auf Augenhöhe weiter verfestigen und für die Organisation von Bildungsprozessen dominant werden, ist ein Kulturwandel im Sinne partizipativer Kirchenentwicklung nicht möglich. Vielmehr wird es nur dort, wo es zum Auf-Bruch solcher Dichotomisierungen kommt, echten Aufbruch geben können. Freiwillig Engagierte sind nicht die MitarbeiterInnen oder HelferInnen des Pfarrers bzw. der Hauptamtlichen und auch „nicht zuerst ‚Ehrenamtliche‘, sie sind vielmehr von Gott berufene Mitglieder des Volkes Gottes“57 und, so Bucher weiter, als „gemeinsame Mitglieder der Kirche sind wir mehr füreinander als ‚Hauptamtliche‘ oder ‚Ehrenamtliche‘“58.

      Als zentrale Herausforderung stellt sich in diesem Zusammenhang auch heraus, dass freiwillig Engagierte nicht einfach für eine Praxis ausgebildet werden dürfen, die schließlich im Zusammenspiel mit hauptamtlich Tätigen und besonders den Pfarrern gar nicht zum Einsatz kommt bzw. kommen kann – und umgekehrt. Notwendig ist, bewusst zu machen, dass es nicht nur freiwillig Engagagierte sind, sondern auch Hauptamtliche einschließlich der Pfarrer, die gefordert sind zu lernen. Denn das „zentrale Zuordnungsprinzip in der Kirche“ ist „nicht die Über- oder Unterordnung, sondern der Beitrag zur pastoralen Gesamtaufgabe der Kirche“59. Wie dieser Beitrag hingegen erfolgreich umgesetzt werden kann, steht derzeit gerade infrage. Das Projekt fördert daher eine Teamkultur, die bereits im Prozess des Lernens und des Suchens nach Antworten ansetzt. Dazu bedarf es der Einsicht, dass die Heterogenität der Zusammensetzung im Team gerade das Kreativitäts- und Innovationspotenzial eines Teams erhöht. Zusammenfassend gesagt: Differenzierungen sind fruchtbar zu machen sowie kreativ ins Spiel zu bringen und zwar in der Zuordnung auf das, was wieder neu zu lernen ist: die Frohe Botschaft, die wir den Menschen von heute zu verkünden haben.60

      5.2 ERMÖGLICHUNGSKULTUR

      Freiwillig Engagierte und hauptamtlich Tätige, die (gemeinsam) leitende Verantwortung in der Kirche vor Ort wahrnehmen, sei es in Räten, Gremien, Leitungsteams oder darüber hinaus, haben mehr denn je kreative Prozesse pastoraler Entwicklungen zu ermöglichen und „Neues“ zu gestalten als lediglich das Gewohnte zu verwalten.61 Wie aber lernt man, kreative Prozesse (an-)zuleiten? Durch die reine Verordnung von neuen Konzepten werden keine wirksamen Prozesse in der Pastoral initiiert. Insofern kommt es in der Tat auf das Präfix des Verbs „(an-)leiten“ an – verstanden in dem Sinne, dass es darum geht, möglichst vielen Personen zu ermöglichen, an Prozessen von Anfang an zu partizipieren, selbst Entwicklungen anzustoßen und sich auf einen eigenen Lernweg zu begeben. Anders gesagt: Jede bzw. jeder ist im Hinblick auf neue Entwicklungsprozesse in der Pastoral ihre bzw. seine wichtigste Ressource.

      Neben strukturellen Voraussetzungen sind zur Anleitung pastoraler Entwicklungsprozesse im Sinne der Ermöglichungskultur folgende Faktoren notwendig, die das lernende Subjekt in den Fokus stellen. Zum Teil orientieren sie sich an den fünf Disziplinen, die Peter M. Senge als „Kunst und Praxis der lernenden СКАЧАТЬ