Wie lernt Kirche Partizipation. Группа авторов
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СКАЧАТЬ und um des Wachstums der communio willen gelebt und verwirklicht werden.“29

      Nach Walter Kasper wird der Communio-Begriff des Zweiten Vatikanischen Konzils unterdessen in dem Fall „unzureichend, ja falsch verstanden, würde man ihn lediglich als Strukturbegriff verstehen, der organisatorisch in einem besseren geschwisterlichen Miteinander der einzelnen Christen, Charismen, Ämter und Dienste, der Geschlechter, Völker, Kulturen und nicht zuletzt der Ortskirchen innerhalb der einen Kirche umzusetzen wäre“30. Insofern versteht Kasper „Communio“ als „das Wesen, besser: das Mysterium der Kirche selbst“, womit Kirche als Communio letztlich „Ikone, vergegenwärtigendes Abbild und Teilhabe an der trinitarischen Communio zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist“31 ist.

      Darüber hinaus entfaltet das Konzil in Lumen Gentium den Leitgedanken vom Priestertum aller Gläubigen (LG 10). Demnach sind alle Getauften zu „einem heiligen Priestertum geweiht“ und dazu berufen, an der Sendung der Kirche mitzuwirken. Mindestens irreführend klingt die Aussage, dass das besondere oder hierarchische Priestertum sich vom gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen „dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach“ unterscheide (LG 10). Denn diese Aussage, so konstatiert Bernd J. Hilberath, „suggeriert die zumindest hier unangebrachte Alternative von Wesen und Funktion“ und er führt weiter aus: „Das Wesen Christi war seine Funktion, sein Dasein für andere.“32 Theologisch wird deshalb betont, dass kein gradueller, quantitativer Unterschied (im Sinne von „mehr“ oder „größerer“ Teilhabe) zwischen den geweihten Amtsträgern und den „Laien“ gemeint sein kann. Die Aussageintention von LG 10 ist auch keine „ontologische Höherqualifizierung des Amtspriestertums“ wie die Formulierung „dem Wesen nach“33 vermuten lassen könnte. Vielmehr sollte der eigene nicht vom gemeinsamen Priestertum abhängige Charakter hervorgehoben werden, woraus konsequenterweise auch folgt, dass umgekehrt, „die anderen Dienste und Charismen in der Kirche sich nicht vom Amt her ableiten und definieren (etwa als ‚nicht-amtliche‘ oder ‚Laien-Dienste‘), sondern einen eigenen, dem ‚Wesen‘ nach verschiedenen (= unableitbaren) Charakter vom Amt haben“34.

      Diese Sicht wird durch mindestens zwei weitere Leitgedanken des Zweiten Vatikanischen Konzils unterstützt. Da ist zum einen die Lehre vom Glaubenssinn des ganzen Volkes Gottes, vom „sensus fidelium“ (LG 12). Demzufolge kann laut LG 12 die

      „Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben, […] im Glauben nicht fehlgehen, und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie mittels des übernatürlichen Glaubenssinns des ganzen Volkes dann kund, wenn sie von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert.“ (LG 12)

      Darüber hinaus heißt es zu Beginn des Laiendekretes Apostolicam actuositatem: „Das Apostolat der Laien, das in deren christlicher Berufung selbst seinen Ursprung hat, kann in der Kirche niemals fehlen.“ (AA 1) Daneben formuliert das Zweite Vatikanische Konzil in der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium den auf Papst Pius X. zurückgehenden Leitgedanken der participatio actuosa (SC 11; SC 14; SC 21), das heißt der „tätigen Teilnahme“ des gesamten Volk Gottes an der Liturgie. Josef Ratzinger weist darauf hin, dass der Begriff „participatio“ oftmals „sehr schnell in einem äußerlichen Sinn mißverstanden und die Notwendigkeit eines allgemeinen Agierens daraus abgeleitet worden [sei], als ob möglichst viele möglichst oft für alle sichtbar in Aktion treten müßten“35. Der Begriff „Participatio“ bedeutet jedoch nicht „Teilnahme“, sondern „Teilhabe“ und rekurriert damit „auf eine Haupthandlung, an der alle teil-haben sollen“36, so Ratzinger. In diesem Verständnis ist die „actio“, an der alle teilhaben, das „Handeln Gottes“37. In der „actio“ aber, im „betenden Zugehen als Teilhabe“ aller, gibt es „keinen Unterschied zwischen Priestern und Laien“38.

      Das Zweite Vatikanische Konzil benennt theologisch den Anspruch, hinter den eine sich „partizipativ“ nennende Kirchenentwicklung nicht mehr zurückgehen kann. Die „geistwirkte Gleichrangigkeit aller im Glauben bildet das Fundament jeder kirchlichen Lebensordnung und Struktur“39, bleibt hingegen „harmlos […], wenn sie sich nicht auch strukturell auswirkt“40. Partizipation greift zu kurz, wenn sie abgeleitet wird von der Erlaubnis oder der Abhängigkeit der einen von den anderen. Bucher bringt dies folgendermaßen auf den Punkt:

      „Es ist zu wenig, das Engagement der Ehrenamtlichen noch einmal nach dem Motto ‚Ihr dürft auch‘ theologisch zu legitimieren. Solch ein Ansatz fällt nicht nur hinter das II. Vatikanum, sondern auch hinter das Selbstbewusstsein und den Autonomiestatus heutiger Existenz zurück, die nicht paternalistisch ‚zugelassen‘ werden will, um deren Partizipation die Kirche der Hauptamtlichen vielmehr bitten muss.“41

      Vielmehr würde dadurch eine – systemtheoretisch gesprochen – „Differenz zwischen Semantik und Systemstruktur“ erneut aufklaffen, etwa dort, wo theologische Semantiken konträr zueinander stehen42, oder dort, wo Partizipation ein Lippenbekenntnis bleibt, weil diese in der Praxis schließlich doch (strukturell) zunehmend erschwert, verhindert oder nur in Ausnahmefällen aufgrund von „Priestermangel“ genehmigt wird. Die Differenzen wirken sich nicht zuletzt in Form von gegenläufigen Habitus-Konzepten aus und führen nicht selten zu enormen Frustrationen sowie schwer lösbaren Konflikten.

      Umso wichtiger ist es, das Thema „Partizipation“ weder strukturell zu „verharmlosen“ noch länger binnenkirchlich zu verengen und in dem Sinne zu funktionalisieren, dass freiwillig Engagierte „nur als Lückenbüßer für das krisenhafte professionelle System der Kirche“43 an bestimmten Aufgaben partizipieren dürfen, wenn andere es gerade für notwendig erachten. Darüber hinaus ist wahr- und ernstzunehmen, dass einst selbstverständlich praktizierte Teilhabeformen im Raum von Kirche gesellschaftlich längst unter einen enormen Verflüssigungsdruck geraten sind.44 Demgegenüber wäre Partizipation viel stärker von der Sendung der Kirche her zu begreifen, die „Instrument und Werkzeug des Heils für die Welt“ (LG 1) ist; in diesem Sinne stünde die Teilhabe an „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ der Menschen von heute im Zentrum von Partizipation. Neu zu verstehen und zu entdecken wäre die Gegenseitigkeit der Unterstützung im Mensch- und im Christsein. Mit Martin Pott gesagt: „Der Begriff der Partizipation steht im christlichen Glauben im Tiefsten für die Teilhabe an Gottes Verheißung eines ‚Lebens in Fülle‘ (Joh 10,10). Er steht sodann für die Teilhabe am Aufbau des Reiches Gottes in dieser Zeit.“45

      4.4 KONSEQUENZEN FÜR DEN PROJEKTTITEL „VERANTWORTUNG TEILEN“

      Die Ausführungen zum Begriff „Partizipation“ lassen den Projekttitel „Verantwortung teilen“ auf den ersten Blick missverständlich erscheinen. Denn Verantwortung kann letztlich doch jede/r als Subjekt nur selbst wahrnehmen. Streng genommen lässt sich Verantwortung also gar nicht teilen.46 Insofern kann auch die Aufgabe von (Weiter-)Bildung in nichts anderem bestehen als in der Aktivierung und Förderung von Selbstleitung im Sinne der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung jedes einzelnen Subjekts. Denn ohne Selbstleitung gibt es kein verantwortliches (Leitungs-)Handeln. Der Titel suggeriert demgegenüber eine latente Verhaftung an der klassischen „Aufgabenpastoral“, wonach sich freiwillig Engagierte die „Verantwortung“ für bestimmte Aufgaben, die zuvor hauptsächlich die Hauptamtlichen und die Pfarrer erfüllt haben, nun teilen. Dies entspricht jedoch gerade nicht dem Anspruch der partizipativen Prozesse, die im Rahmen des Projekts angestoßen werden sollen. Umso deutlicher ist herauszustellen, dass der Titel „Verantwortung teilen“ in dem Sinne zu verstehen ist, dass Christinnen und Christen für sich, für ihr Denken und Handeln Verantwortung wahrnehmen und (gemeinsam) als Subjekte Kirche vor Ort sind und leben, wodurch über die bloße Addition individueller Einzelverantwortungen hinaus, eine ganz neue Verantwortungs-Qualität freigesetzt wird (Stichwort Emergenz).

      4.5 SERVANT LEADERSHIP

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