Название: Über den Kopf hinaus
Автор: Werner Huemer
Издательство: Bookwire
Жанр: Математика
isbn: 9783831257355
isbn:
Welche Musik verwenden Sie für diese Therapie?
Haffelder:
„Wir benutzen bisher Mozart-Musik, und für die Einspielungen steht mir glücklicherweise ein sehr gutes Orchester zur Verfügung. Wir müssen die Musik, die wir für therapeutische Zwecke verwenden, deshalb neu einspielen, weil der normale Grundton A bei 440 Hz gestimmt ist, und das ist für unsere Zwecke zu hoch. Wir verwenden die alte französische Stimmung von 432 Hz. Alle Körperrhythmen sind mit dieser Stimmung verbunden, also benutzen wir sie und lassen dann immer langsamer spielen, bis wir bei EEG-Messungen auf Grund von bestimmten Parametern sehen, dass zum Beispiel der Spiegel eines Botenstoffs, der unbedingt für das Lernen notwendig ist, steigt. Wenn er angestiegen ist, dann wissen wir, jetzt haben wir die richtige Geschwindigkeit. Wir benutzen die Musik also quasi als Träger, und darauf kommen zum Beispiel spezielle „Frequenzpatterns“, die wir erstellen, um bestimmte Blockaden zu lösen.“
Können Sie Beispiele nennen für Erfolge, die Sie mit dieser Therapie hatten? Welche Indikationen gibt es da?
Haffelder:
„Wir können zum Beispiel bei Lernstörungen helfen. Wir können ein Lernfenster im limbischen System öffnen, und dadurch ist es dann völlig egal, was der Mensch oder das Kind lernen soll; wenn dabei die Musik gehört wird, ist das Lernen erfolgreich. Allerdings brauchen wir dazu auch noch Bewegung. Das heißt, wir setzen das Kind auf ein Kissen, das mit Luft gefüllt ist, so dass es immer in einer Mikrobewegung ist. Das bedingt, dass die Lerninhalte gut im Gehirn abgelegt und vernetzt werden. In diesem Bereich haben wir sehr große Erfolge.“
„Inception“ made in Japan
Möglicherweise wird es künftig nicht bei solchen „sanften“ Manipulationen bleiben. Denn weltweit gibt es Forschungsansätze, um von Gehirnströmen Rückschlüsse auf konkrete Gedanken oder Erlebnisinhalte ziehen zu können. Dabei geht es nicht nur um das Tagbewusstsein, sondern bereits auch um Traumerlebnisse.
„Neuroimaging“ lautet ein aktuelles Schlagwort für die Versuche, Denkprozesse mit Computerhilfe zu visualisieren. Beispielsweise wurden bereits Vorhersagemodelle entwickelt, die es erlauben, anhand der Aktivitätsmuster im Gehirn Aussagen dahingehend zu treffen, welches Bild jemand gerade betrachtet. Entwickelt wurden diese Modelle mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie, die zur Erfassung der Gehirnaktivitäten eingesetzt wurde, während die Versuchspersonen Tausende von Bildern anzuschauen hatten.
Seit kurzem gibt es nun Belege dafür, dass das Gehirn Traumoder Phantasiebilder in ähnlicher Weise verarbeitet wie Bilder, die tagbewusst wahrgenommen werden. Einem japanischen Forscherteam der „ATR Computational Neuroscience Laboratories“ in Tokio gelang es bereits, eine Art Traumdatenbank zu erarbeiten, also spezifische Hirnsignale korrekt bestimmten Trauminhalten zuzuordnen.
Für diese Forschungen mussten zahlreiche Probanden im „heimeligen“ Umfeld eines Magnetresonanztomographen schlafen. Nach der ersten Traumphase wurden sie geweckt, damit sie berichten konnten, was sie gerade gesehen hatten. Nachdem auf diese Weise Daten gesammelt worden waren, gelang es den Forschern mit einer Neuroimaging-Software, weitere Messungen am Gehirn direkt in „Traumbilder“ umzuwandeln, wobei diese künstlich generierten Bilder in immerhin 60 Prozent aller Fälle mit den „echten“ Traumbildern der Versuchspersonen übereinstimmten. Ein beachtlicher Erfolg! Allerdings müsse, so Yukiyasu Kamitani, der Versuchsleiter dieser Studie, „bis zur Dechiffrierung zum Beispiel von Gerüchen, Farben, Gefühlen oder gar einer ganzen Traumsequenz noch viel Forschungsarbeit geleistet werden“.
Wie weit der Weg dann noch bis zur Manipulation von Träumen ist, wird die Zukunft zeigen.
Vor einigen Jahren lief im Kino der Science-fiction-Blockbuster „Inception“, in dem es um die gezielte Beeinflussung von Träumen geht, und sorgte für angeregte Diskussionen über die möglichen Zusammenhänge von Gehirnströmen und Bewusstsein. Werden Technologien, wie sie in diesem Film gezeigt wurden, bald in greifbarer Nähe sein? Und sollten wir uns vor all dem, was plötzlich machbar erscheint, lieber schon jetzt fürchten? Vor manipulierten Soldaten beispielsweise, denen Angst, Schmerz und Empathie neurotechnisch ausgetrieben wurden, damit sie in ihrer Mission von keiner altmodischen menschlichen Regung behindert werden können?
Ansätze in dieser Richtung gibt es bereits: In Tierversuchen ist es Wissenschaftlern der „Harvard Medical School“ gelungen, die visuelle Wahrnehmung von Ratten mit Hilfe von Ultraschallwellen zu unterdrücken. Wie weit ist es also noch bis zur Verwirklichung der Vision von einem „Schallwellenhelm“ oder einem „Hirnschrittmacher“ für Soldaten?
Allerdings könnte sich demnächst auch erweisen, dass all die großen Utopien im Hinblick auf die Manipulation oder die künstliche Erzeugung von Bewusstsein doch nur der Ausdruck einer ziemlich engen gedanklichen Sackgasse waren – weil unser Menschsein letztlich doch nicht so maschinengleich funktioniert.
Einsteins attraktives Hirn
Momentan jedenfalls steht die Vorstellung, das Gehirn erzeuge Bewusstsein und die Besonderheit des Menschseins erschöpfe sich in den neuronalen Möglichkeiten, noch ziemlich protzig im Raum. Das zentrale Steuerorgan des physischen Körpers und dessen größtmögliche Intelligenz haben es unserer Gesellschaft angetan.
Fast karikaturhaft spiegelt sich diese Gesinnung in einer Anekdote rund um das Gehirn Albert Einsteins wider, die der österreichische Journalist Klaus Kamholz im Magazin „Format“ (26/1999) unter dem Titel „Einsteins Hirn“ veröffentlichte: Als der wahrscheinlich bedeutendste Denker des 20. Jahrhunderts in der Nacht zum 18. April 1955 im Krankenhaus der Princeton University (USA) im Alter von 76 Jahren starb, entnahm der Chefpathologe des Spitals, der die Obduktion durchzuführen hatte, dem toten Körper das Gehirn, fotografierte das wertvolle Stück und zerschnitt es in 240 Teile, um einen Bericht über die gewiss ganz besonderen grauen Zellen des Nobelpreisträgers zu schreiben. Nachdem der Pathologe bald danach seine Kündigung erhielt, nahm er das konservierte Hirn kurzerhand mit, was in der Folge dazu führte, dass immer wieder einmal über Einsteins unfreiwillige Hinterlassenschaft berichtet wurde. „Sein Hirn zu berühren ist, wie wenn man die Weißen Zwerge, die Schwarzen Löcher, den Urknall und die Geisterwellen berührt. Es ist, als reite man auf einem Lichtstrahl …“, geriet einer der Journalisten, der dem Schatz besonders nahe kommen durfte, in himmlische Verzückung.
Einstein selbst schätzte sich übrigens bedeutend nüchterner ein. Er meinte sinngemäß, dass besonders starke Denkkraft bei ihm nur in bescheidenem Ausmaß vorhanden sei. Auch zeigte sein Denkorgan, wie sich nach dem Tod des berühmten Physikers herausstellte, mit 1.320 Gramm ein recht durchschnittliches Gesamtgewicht.
Aus der Struktur eines Gehirns eindeutige Rückschlüsse auf menschliche oder intellektuelle Qualitäten ziehen zu wollen, dieser Ansatz bleibt grundsätzlich fragwürdig. Jedem seriösen Forscher ist klar, dass alles bisher gesammelte Wissen bei weitem nicht dafür ausreicht.
Sicher: Das Denkvermögen jedes Menschen widerspiegelt sich im Gehirn und im neuronalen Feuer, das es „erleuchtet“. An dieser Tatsache ist nicht zu zweifeln. Aber definiert sich dadurch unser Menschsein? Sind Gedanken wirklich nichts weiter als Gehirnströme, beschränkt auf den Kopf, der sie denkt? Oder sind umgekehrt die Gehirnströme erst die Folge der Gedankentätigkeit, das „Nachglühen“ einer geistigen Befähigung, die wir in ihrer Eigenart noch nicht ansatzweise begriffen haben?
Günter Haffelder hat im Laufe seiner langjährigen Forschungsarbeit immer wieder Belege dafür gefunden, dass das menschliche Bewusstsein mehr umfasst als nur Gehirnströme und Nervenimpulse, die auf den Körper beschränkt sind. „Die Gehirnströme sind nur die Oberfläche“, sagt der Stuttgarter Forscher, „da liegt noch sehr viel darunter oder darüber.“
СКАЧАТЬ