Menschen im Krieg – Gone to Soldiers. Marge Piercy
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Название: Menschen im Krieg – Gone to Soldiers

Автор: Marge Piercy

Издательство: Автор

Жанр: Книги о войне

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isbn: 9783867548724

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СКАЧАТЬ lernte. Als Zach fliegen lernte, lernten auch seine Freunde fliegen – auf seine Kosten natürlich. Alleinsein war für ihn ein ungenügender Zustand, der sofort berichtigt werden musste. Trommelt die Truppen zusammen. Bringt die Begleiter herein. Ruft die getreuen Gefolgsleute. Er brauchte bei seinen Eskapaden Gesellschaft, und für sie war das Fliegen zur Leidenschaft, zum Mittelpunkt geworden.

      Warum bildete sie sich ein, dass eine Verkehrspilotenlizenz sie befreien würde? Sie hätte immer noch die Pflicht, für ihren Vater zu sorgen. Luftrennen zu gewinnen, Flugzeuge zu testen wie Jacqueline Cochran war so weit entfernt wie das Mitsegeln auf einem Piratenschiff.

      Sie schälte die Kartoffeln und schaute dabei zum Kalender. Noch drei Tage bis Sonntag, dem siebenten, ihrer nächsten Injektion der Kinodroge. Zwanzig Tage bis Weihnachten. Wann kam Jeff? Heute Abend, nach dem Abwasch, würde sie ihm schreiben, ihn drängen, ein Datum für seine Heimkunft festzumachen. Sie hatte schon Professor Horgan, der Kunstgeschichte lehrte, überredet, als Weihnachtsgeschenk für Jeff in Boston eine Tube Kadmiumrot und Kadmiumgelb zu besorgen, teure Farben, die er liebte und sich oft nicht leisten konnte. Er würde sich freuen.

      Mit kleinen Bestechungen, kleinen Versprechungen, mit endlosen Tagträumen brachte sie sich dazu weiterzumachen. Was gab es sonst? Was sonst würde es je geben für Professor Coates’ Tochter, die die Betreuung und Verpflegung ihres Vaters geerbt hatte, die ihm den Haushalt führte und dessen Haushalt ihr Kost und Logis gewährte? Bernice, die im Schlaf flog und nur beim Aufwachen weinte, kurz, denn sie war zu vernünftig, um das, was nicht zu ändern oder zu umgehen war, lange zu beweinen.

      Jeff 1

      Emplumado

      Es war dumm gewesen, sich mit Quinlan zu prügeln und ihm eine blutige Nase zu verpassen. Aber es brachte Jeff aus Taos heraus, und es war ihm eine Wohltat, einiges von dem Zorn losgeworden zu sein, den er in den vergangenen Monaten angehäuft hatte.

      Wie überrascht Quinlan gewesen war, in dessen Kopf feststand, dass der wohlerzogene, künstlerische Jeff jede Beleidigung schluckte. Dabei prügelte er sich, wenn es sich denn nicht vermeiden ließ, ganz gern. Er mochte es, seinen Körper zu fordern. Mit dem Rucksack in die Berge zu klettern, was nach Ansicht seiner Bekannten in Taos zwangsläufig zu Stürzen von Steilwänden führte oder in die Irre. Zum ersten Mal war er in Österreich geklettert, dann in der Schweiz. Er hatte festgestellt, die Berge um Taos waren faszinierend, aber nicht übermäßig anspruchsvoll. Er hatte festgestellt, Quinlan war leicht niederzuschlagen.

      Quinlan hatte sich von Anfang an wie ein Schinder aufgeführt. Er leitete die Ferienranch im Auftrag eines Konzerns, und Jeff vermutete, dass er so viel nur irgend ging in die eigene Tasche wandern ließ, indem er bei der Pflege der Tiere, den Unterkünften und dem Essen der Hilfskräfte kürzte, neben ärgerlichen kleinen Einsparungen wie der, dass es auf der Latrine für die Hilfskräfte nie Toilettenpapier gab.

      Das Schimpfwort, mit dem Quinlan ihn belegt hatte, war nicht der Grund, ihn niederzuschlagen, nur der Vorwand. Quinlan, dem jedes Talent für Kraftausdrücke abging, schimpfte ihn einen roten Homo. Rot, weil Jeff Anhänger von Roosevelts Wirtschaftspolitik war, obwohl der Präsident sie für sein Gefühl nicht energisch genug durchsetzte. Homo, weil er es vermied, mit Mrs. Terwilligher ins Bett zu steigen, die reich war, ebenso widerwärtig wie Quinlan und für ihn sicherlich genauso wenig empfand wie er für sie. Jeff hatte sich angewöhnt, so zu tun, als verstünde er nicht, dass die Hilfskräfte den Urlaubern auch sexuell zur Verfügung zu stehen hatten, dass auch sexuelle Bedienung von den Kellnerinnen erwartet wurde, von den Zimmermädchen und den sogenannten Fährtenburschen, die die Überfressenen auf bequemen Rundblickpfaden umherführten.

      Dabei hatte Jeff im Prinzip nichts gegen dieses Arrangement. Als er die Schützlinge seines Vaters, des Professors, auf ihren Kulturreisen begleitet hatte, waren sie für ihn ein Harem gewesen, aus dem er sein Bett bestückte. Der Professor war wohl nie dahintergekommen, auch wenn Bernice Bescheid wusste. Für eine Jungfrau war sie überraschend verständnisvoll. Arme Bernice. Sein Brachvogel in einem sehr schlichten Käfig.

      Er gab die beiden Bilder, die er für die besten hielt, zusammen mit seiner französischen Staffelei an Bernice auf, nachdem er seine Schulden mit Leinwänden bezahlt und für alle Fälle drei in der Galerie gelassen hatte. Falls sie verkauft wurden, sah er bestimmt nie sein Geld, aber wenigstens wurden sie ausgestellt. Als Landschaftsmaler, der in relativ kleinen Formaten arbeitete, war er definitiv aus der Mode, aber nicht unverkäuflich. Trotzdem hatte er seine besten Arbeiten nicht in Taos gemacht. Er sah immer wieder Arbeiten anderer Maler, die das formale Wesen der Landschaft erfassten, wie O’Keeffe oder Dasburg, oder die dramatischen Wechsel von Himmel und Stein, wie sie Marin gemalt hatte, immer den Heiligen Berg. Er hatte Taos nicht zu seinem Eigen gemacht. Die Klarheit von Taos hatte sich bei ihm nicht herauskristallisiert. Er wanderte aus der Stadt hinaus und fuhr per Anhalter nach Denver.

      Er trug seine wenigen Habseligkeiten in einem Rucksack, leichter zu tragen als ein Koffer, aber kein Amerikaner sonst schien einen Rucksack zu benutzen. In Denver fand er beim Bahnhof eine billige Absteige. Er angelte sich aus einer Mülltonne eine Zeitung. Die Russen unternahmen allem Anschein nach eine Gegenoffensive in den Vororten von Moskau. Zach hatte aus London geschrieben, wohin er mit der Idee gegangen war, in die Royal Air Force einzutreten, doch die hatte ihn abgelehnt. Zu viele alte Verletzungen? Vielleicht fanden sie Zach mit achtundzwanzig jenseits seiner besten Jahre. Nicht, dass Zach die Nazis hasste. Die politischen Ansichten seiner Familie gingen durchaus in die gleiche Richtung. Jeff konnte sich ohne weiteres vorstellen, wie Zachs Vater – Zachary Barrington Taylor der Dritte, so wie Zach der Vierte war – sagte: »Dieser Hitler ist eine Spur ordinär, aber er versteht es, die Arbeiter auf Vordermann zu bringen«, und anschließend Geld für die Parteikasse spendete. Zach ging einfach dahin, wo es aufregend war. Er liebte das Fliegen. Er war mit Träumen von Kampffliegerduellen im Weltkrieg aufgewachsen und wollte sich mit dem Roten Baron messen. In den letzten Jahren hatte Zach irgendetwas Langweiliges im Versicherungsunternehmen seiner Familie in Chicago getan; genauer gesagt, hatten die Taylors die Mehrheitsbeteiligung an diesem Konzern wie an vielen anderen, ganz zu schweigen vom Barrington-Familienimperium in Textilien und Zucker. Zach war seinen Familienpflichten nachgekommen, hatte geheiratet und ein Kind gezeugt. Jeff hatte nichts mit der respektablen Seite von Zachs Leben zu tun. Man würde ihn dort nicht einmal zur Tür hereinlassen.

      Zach drängte ihn, nach England herüberzukommen, unterließ es aber, ihm Fahrkarten zu schicken, was hieß, dass es ihm nicht ernst war. Zach musste wissen, dass Jeff nicht einmal das Geld hatte, um nach Hause zu fahren, geschweige denn nach Europa. Was hatte die Depression für Zach bedeutet: mehr Gesindel auf den Straßen? Jeff, dessen Leben von der Depression zu Bruchstücken aus Hilfsarbeit und Arbeitslosigkeit in etlichen Städten und Landstrichen zerhackt worden war, der zum hundertsten Mal in der Flohkiste einer Absteige schlief, der bei diversen Notprogrammen der Regierung gearbeitet und Steine für den Straßenbau gebrochen und Weizen geerntet hatte, verspürte einen stechenden Groll, stark genug, um seinen Freund zu durchbohren wie ein Dolch aus Eis.

      Aber Zach kam mit seinem Vater nicht besser aus als Jeff mit dem Professor; Zach war früh in die Rolle des zweiten, des schlechten Sohnes, des schwarzen Schafs gefallen. Er hatte nie in das Leben hineingepasst, das für ihn zurechtgelegt war wie der Gesellschaftsanzug von einem Kammerdiener. War er endlich entronnen?

      Jeff wollte nach Hause. Nicht zu seinem Vater, dem kalten Zwangsneurotiker, den nur seine eigene Arbeit und seine eigene Bequemlichkeit kümmerten und der ihm das Gefühl gab, ein unartiges, pflichtvergessenes Kind zu sein. Nach all den Jahren, die der Professor damit verbracht hatte, Schützlinge durch die Museen Europas zu schleifen, hatte er kein Verständnis für einen Sohn, der malte. Jeff wollte nach Hause zu Bernice, die seine Mutter war und auch wieder nicht. Natürlich war sie es nicht, denn sie hatten eine richtige Mutter gehabt, jenes Geschöpf aus Fleisch und Intellekt und Humor und Betriebsamkeit, die beste Köchin des Lehrkörpers, die Gedichte liebte und sie ihnen statt alberner Kinderbücher vorlas, die СКАЧАТЬ