Menschen im Krieg – Gone to Soldiers. Marge Piercy
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Название: Menschen im Krieg – Gone to Soldiers

Автор: Marge Piercy

Издательство: Автор

Жанр: Книги о войне

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isbn: 9783867548724

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СКАЧАТЬ begonnen, den Haushalt zu führen, in tiefer Verwirrung und mit ständigem innerem Gebet, ihre Einsamkeit und ihre Last mögen nicht von Dauer sein. Mutter würde wiederkommen, ebenso unversehens, wie sie entschwunden war, zuerst ins Krankenzimmer, dann ins Krankenhaus, dann in den plötzlich geschrumpften Leib. Ihr Vater hatte immer nur hinter meist verschlossenen Türen gelebt, doch ihre Mutter hatte sie, bei allem Respekt, den sie für ihre Konzentration verlangte, immer auf den Schoß genommen, während sie las oder plauderte.

      Das ganze nächste Jahr über wachte Bernice jeden Morgen mit der Hoffnung auf, ihre Mutter würde in der Küche sein und Schinkenspeck braten, Rosinenzimttoast bereiten. Immer wieder wartete sie auf diesen Geruch nach Zimt und Kaffee.

      Doch sie kam herunter in eine kalte und leere Küche mit dem Geschirr vom Vorabend, schon von ihr abgewaschen oder auch nicht, um Frühstück zu machen, ein Mädchen, bald groß genug, um an die hohen Borde heranzukommen. Für Jeff und sich machte sie Haferschleim mit einem Drittel Erdbeermarmelade, ihre Erfindung. Sie erfand viele Gerichte in ihrer frühen Kochphase, die meisten davon sonderbar. Zu ihrem dreizehnten Geburtstag schenkte ihr der Professor ein Fannie Farmer-Kochbuch. Sie hasste es auf Anhieb, seinen ruhigen, gebieterischen Ton, sein Gewicht, seine Schnürschuhmanier, aber sie meisterte es trotzdem. Schlichte, vernünftige Küche. Warum nicht? War das nicht, wie die Leute sie sahen? Ein schlichtes, vernünftiges Mädchen.

      Jetzt, dreizehn Jahre später, machte sie immer noch jeden Morgen dem Professor das Frühstück. Montags bis freitags mochte er seine Eier pochiert oder als Ochsenaugen auf Zimttoast, mit knusprigem, aber nicht angekohltem Schinkenspeck. Er trank Café au lait mit einem Teelöffel Zucker. Er mochte seine Morgenzeitung, den Globe, zusammengefaltet neben seinem Teller. An Wochenenden bevorzugte er Pfannkuchen mit Ahornsirup, und das Frühstück wurde um neun Uhr serviert.

      Der Professor verließ zeitig das Haus, um zum fünf Querstraßen entfernten Campus zu gehen, aber letzte Nacht hatte es geschneit, und er nahm sich zusätzliche Zeit zur Bewältigung der noch nicht freigeschaufelten Bürgersteige. Die Leute dachten oft, sein leichtes Humpeln rührte von einer Kriegsverletzung her, denn er hatte in dem Krieg gedient, der allen Kriegen ein Ende machen sollte. Bernice wusste, dass ihr Vater den Krieg in Washington mit dem Übersetzen deutscher Kommuniqués zugebracht hatte. Sein Fuß war verletzt worden, als ihm eine Kuh drauftrat, auf der Farm ihres Großvaters in Putney, Vermont, als Bernice noch klein war.

      Den Eberkopfspazierstock hatte er in Köln erstanden, als Ersatz für einen älteren Hickorystock, der – auch wenn das allen hier unglaubhaft vorgekommen wäre – in einer Straßenschlägerei entzweigegangen war, als der Professor einen jüdischen Heine-Forscher besuchte, mit dem er eine Korrespondenz unterhielt. Beim Verlassen eines Theaters waren die Braunhemden über seinen Freund hergefallen, der kurz zuvor bereits von der Universität gejagt worden war. Bernice sah dieses Abenteuer als die vielleicht beste Stunde des Professors; den jedenfalls hatte sein körperlicher Mut halb überrascht und halb beschämt, denn Schlägereien fand er unkultiviert. Bernice hielt den Eberkopfgriff auf Hochglanz. Deutschland hatten sie danach von ihrer Reiseroute gestrichen.

      Bernice stand am Spülbecken und wusch das Frühstücksgeschirr ab. Sherlock Holmes streckte den mageren, sehnigen Arm und injizierte sich die Kokainlösung, die sie sich immer als blaue Flüssigkeit vorstellte, wie Kobalt. Ihre eigene Droge war, sich im Kopf Abenteuerfilme vorzuspielen. Am Sonntagnachmittag war sie mit ihrer Nachbarin Mrs. Augustine im Kino gewesen, um sich Errol Flynn als Pirat anzuschauen. Danach hatte sie diesen Film mit Variationen durchgespielt, während sie das Haus putzte, während sie die Socken des Professors stopfte, während sie die Manuskripte anderer Professoren tippte, aber ihre Vorstellung von sich selbst als herausgeputzter Beutemaid irgendeines Piraten hatte sich innerhalb eines Tages abgenutzt, war eigentlich vom ersten Moment an unglaubwürdig. Seitdem hatte sie sich zu den Piraten geschlagen. Doch, es hatte auch Piratinnen gegeben, Anne Bonney zum Beispiel.

      Mit dem Säbel um sich zu hauen und sich durch die Takelage zu schwingen war ihr Schönstes, auch wenn sie an Flynns sinnliches Gesicht und seinen drahtigen Körper mit Wohlgefallen zurückdachte. Bernice handhabte das Rapier mit einiger Fertigkeit, denn sie hatte mit ihrem Bruder in St. Thomas gefochten, unter dessen Eleven immer einige, wenn auch nicht besonders gern gesehene Mädchen waren. Nun rief sie einen Tagtraum auf, von dem sie drei Jahre lang gezehrt hatte. Darin flog sie zum Pazifik und rettete Amelia Earhart von einer unkartierten Insel, auf der sie abgestürzt war. Manchmal führte Bernice die Expedition an, und manchmal flog sie als blinder Passagier mit und übernahm dann an einem kritischen Punkt, erwies sich als beste Fliegerin der ganzen Gruppe: So sehr aus der Luft gegriffen war das gar nicht. Die Burschen auf dem Flugfeld achteten ihr Talent.

      Als Nächstes stapfte sie zum Campus mit einer Liste von Büchern, die der Professor haben wollte. St. Thomas war kein katholisches College, denn das hätte es in den Ruch gebracht, von Schülern niederer sozialer Herkunft bevorzugt zu werden. Wenn überhaupt, dann war es episkopal (Teilnahme an den Gottesdiensten war, zumindest auf dem Papier, Vorschrift); im Grunde jedoch war St. Thomas ein College, auf das reiche Eltern die Söhne schickten, die es geschafft hatten, woanders rauszufliegen, Jungen, die sich an Wochentagen betranken, Jungen, die am falschen Ort in der falschen Gesellschaft oder mit dem falschen Geschlecht erwischt worden waren, Jungen, die, um die Prüfungsfragen vorher zu erfahren, den Pedell bestochen hatten und dabei aufgeflogen waren.

      Ihr Vater hatte einst den Ehrgeiz gehabt, St. Thomas für etwas Vielversprechenderes zu verlassen, aber die Kombination aus der Großen Depression und Violas Tod hatte ihn dort ein für alle Mal auf Grund gesetzt. Sie saß mit ihm auf Grund. »Wie geht es ihm?«, fragten die Nachbarn sie. Wie es ihr ging, sah man ja. Gesund, immer gesund.

      Der Briefträger kam mit der Morgenpost die Straße herauf. Sie wartete auf ihn und entfernte sorgfältig den Schnee von den Rhododendren. »Wie geht es Ihnen heute, Msch Coates?« Aus Taktgefühl vernuschelte er ihre Anrede, denn der Briefträger empfand ihren ledigen Stand als eine Schande, die er nicht betonen mochte.

      Sie wurde für ihre Nettigkeit zu den Rhododendren mit einem Brief von ihrem einzigen Bruder Jeff belohnt, inmitten einer Handvoll Briefe aus Europa von Bekannten, die Einwanderungsbürgen oder Hilfe suchten. Vielleicht hatte Jeff auch dem Vater geschrieben, aber er wusste, dass sie täglich die Post in Empfang nahm, und schrieb ihr getrennt.

La Colina Roja
Taos, New Mexico 30. November 1941

      Liebster Brachvogel,

       es ist kalt hier oben. Letzte Woche hatten wir ein paar Stäubchen Schnee, aber am meisten vermisse ich Neuengland im Herbst und dann wieder schmerzlich, wenn die Feiertage nahen. Es tut mir leid, dass ich zu Thanksgiving nicht heimkommen konnte, aber offen gestanden kann ich nicht zweimal fahren – keine $$ wie üblich, deshalb dachte ich, ich komme zu Weihnachten. (Ich bin halb versucht, nicht hierher zurückzukehren, aber wir werden sehen.)

      Sie las nicht weiter und faltete den Brief sorgfältig in ihre kleine, praktische Umhängetasche (was musste sie, gattenlos, kinderlos, beruflos, schon dabeihaben außer ihrer Brieftasche, der Geldbörse, den Schlüsseln und einem kleinen, praktischen Kamm zur Erste-Hilfe-Leistung, wenn der Wind ihren kurzen, praktischen Haarschnitt zerzaust hatte?). Die Zeilen hatten sie aufgewühlt. Jeff war wieder einmal auf dem Absprung in eine neue Richtung. Der Professor würde verärgert, sarkastisch reagieren. Sie hingegen war neidisch auf die Freiheit, die Jeff vielleicht nicht gewinnbringend nutzte, aber immer hatte.

      Die Freiheit, eines Morgens seine Sachen zu packen und sich davonzumachen, abzuhauen. Er hatte Freiheit in Hülle und Fülle, und sie hungerte nach einem Krümel davon. Sie empfand auch eine Handbreit Zorn, ein Gefühl, dass sie keine Schwierigkeiten gehabt hätte, sich nützlich in der Welt niederzulassen und ihre Energie, ihre Intelligenz, ihre Kraft einer würdigen Aufgabe zu widmen. Ihr fielen fünfzig Unternehmungen ein, zu denen sie nur zu gerne aufgebrochen wäre.

      Sie СКАЧАТЬ