Название: Die Hochzeitskapelle
Автор: Rachel Hauck
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783865069641
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Er war ihr Schwachpunkt. Er war ihr Schlussverkauf im Schuhgeschäft, ihre Schokoladentafel, ihr großes Eis (mit Sahne) an einem heißen Sommertag, ihr fleischgewordener Highschoolschwarm.
Sie hatte gar nicht gewusst, dass er in Manhattan war, bis sie an jenem kalten Januartag im wahrsten Sinn des Wortes in ihn hineingerannt war, als sie um die Ecke Madison/67. bog. Sie hatte gerade einen Auftrag abgeschlossen und fand, ein Besuch in Tory Burchs exklusiver Boutique wäre eine nette Belohnung.
Nicht, dass sie das Geld gehabt hätte, um bei Tory Burch einzukaufen, aber Bummeln und Träumen schadeten nie. Auf dem Nachhauseweg würde sie sich einen Caffé Latte gönnen, als echte Belohnung.
Stattdessen entdeckte sie Jack. So viel besser, als Kleider anzuschmachten, die sie sich sowieso nicht leisten konnte. Ja, das war’s. Einen Mann anzuschmachten, den sie sich genauso wenig leisten konnte, aber aus irgendeinem Grund war ihre Gefühlsbank bereit, eine Investition in Jack Forester zu riskieren.
Zuerst war da einfach nur ein großes Hallo gewesen. Zwei Freunde aus Heart’s Bend, Tennessee, im großen Big Apple.
Dann Abendessen, gefolgt von einem Mittagessen, dann wieder Abendessen. Acht Wochen später hatte er ihr am Strand von Martha’s Vineyard die zwei betörenden Worte ins Ort geflüstert: „Heirate mich.“ Kein Zögern. „Ja.“
Mit müden, brennenden Augen schloss Taylor den Laptop. Sie würde am Morgen fertigwerden und die Fotos immer noch pünktlich an Melinda schicken. „Ge-gehst du aus?“
Jack warf ihr einen Blick zu und schaute dann wieder zum Fernseher, wo er beim Sportkanal gelandet war. „Ja. Aaron hat angerufen, er wollte Basketball spielen.“
„Jetzt?“
„Es war ein langer Tag. Ich muss ein bisschen Energie abbauen. Hops ist ganz aufgeregt wegen der FRESH-Water-Geschichte.“
Jack war Aufsteiger in der Werbewelt New Yorks. Ad Age nannte ihn den „Betörer“. Seine Arbeit an einem Super Bowl-Werbespot hatte seiner Agentur den ersten CLIO Award eingebracht.
„Was ist denn da los mit FRESH Water?“
Sie hatte gewollt, dass Jack sie für eine FRESH-Kampagne empfahl. Aber sein Chef, Hops Williams, missbilligte Vetternwirtschaft. Da spielte es keine Rolle, wie gut Taylor war oder wie billig – zählte kostenlos überhaupt? Er ließ den Gedanken daran, dass die Frau seines besten Mannes für einen der Kunden arbeitete, nicht zu.
„Nichts, wir versuchen nur, alle Aspekte zu berücksichtigen.“
Nichts? Es fühlte sich nicht an wie nichts. „Hops regt sich auf wegen nichts?“
„Taylor –“ Jack stand auf und ging in die Küche. „Es ist nur die Arbeit.“ Er öffnete die Kühlschranktür.
Sie spürte all das sehr deutlich, empfand es als Zeichen dafür, dass ihre Beziehung im Sterben lag. Am Anfang hatten sie zusammen mit verschlungenen Armen und Beinen im Bett gelegen, während sie über ihre Arbeit sprachen, über ihre Träume, über die witzigen Stellen bei Jimmy Fallon. Dann waren sie Arm in Arm eingeschlafen. Aber jetzt gingen sie zu unterschiedlichen Zeiten zu Bett. Jack mauerte, was seine Arbeit anging, und wenn Taylor sich nicht verrechnet hatte, war es schon eine ganze Weile her, dass sie … nun ja … sich ineinander verschlungen hatten.
„Wie geht es Aarons Neugeborenem?“
Jack drehte den Deckel von einer Flasche Wasser, während er ins Wohnzimmer zurückkam, und lachte leise. „Was glaubst du, warum er mitten in der Nacht Basketball spielen will? Der muss Stress abbauen. Ich nehme an, das Ding hat Koliken oder zahnt oder was weiß ich.“
Das Ding? Eine der Grundsatzdiskussionen, die sie im Wirbel ihrer Gefühle ausgelassen hatten, war die Frage, wie viele Kinder sie haben wollten oder ob sie überhaupt welche wollten. Von seiner Standardantwort „Jetzt nicht“ einmal abgesehen, wusste Taylor nicht, was Jack von Familie hielt.
Und davon abgesehen, dass er seine eigene Familie verabscheute.
Taylor musterte ihn. Sie spürte ihr Herz in der Brust rasen. Sosehr sie es auch versuchte, sie schaffte es einfach nicht, ihre Ehe mit einem realistischen Blick zu betrachten. Jack zog sie immer noch in seinen Bann. Der bekümmerte, nachdenkliche, umwerfend gutaussehende Junge von der Highschool, der mit den verletzten, vernachlässigten Jugendlichen unterwegs war und trotzdem in allen Punkten herausragende Leistungen zeigte. Aus irgendeinem unbekannten, verstörenden Grund hatte sie den Wunsch, nein, das tiefe Bedürfnis, seine Aufmerksamkeit zu erhaschen und zu halten. Sie wollte ihn dazu bringen, sie anzulächeln, wegen ihr zu lächeln, für sie zu lächeln. Sie wünschte sich, in seinen Augen zu sehen, dass sie ihm etwas bedeutete, sein Leben vollständig machte.
„Warum musst du?“, fragte sie ohne Vorwarnung.
Jack schaute kurz zu ihr. „Was muss ich?“
„So … perfekt sein.“
„Perfekt?“ Er zog eine Grimasse und nahm einen Schluck Wasser. „Abgesehen davon, dass ich zu viel Geld ausgebe, meinst du?“
„Jack …“
„Ich bin entschlossen, zielstrebig, genau, vielleicht ein Perfektionist, aber wohl kaum perfekt.“ Noch ein Schluck Wasser. „Perfektion habe ich erst im Kalender stehen, wenn ich fünfundvierzig bin oder so.“ Er grinste und zwinkerte, und eine Hitzewelle überflutete Taylor. „Also entspann dich.“
Hinter seiner Stärke und seinem Selbstbewusstsein erhaschte Taylor einen Blick auf den Jungen aus Heart’s Bend, der mit Dämonen kämpfte, die nur er allein sehen konnte. Er hatte all seine Gaben und einzigartigen Talente darauf verwendet, sich selbst zu heilen; Taylor musste erst noch entscheiden, ob ihm seine Versuche tatsächlich dabei halfen, wieder heil zu werden, oder ob sie ihn nicht sogar noch mehr verwundeten.
War sein spontaner Heiratsantrag nur ein weiteres Heftpflaster für seine Wunden gewesen? Ein weiterer Versuch, seinen Schmerz zu vergessen? Waren sie zu ungestüm gewesen? Zu wollüstig? Von Sinnen?
Ganz zu schweigen davon, dass Jack jede Frau haben konnte, die er wollte. Betonung auf jede. Models. Schauspielerinnen. Schönheitsköniginnen. Sie hatte sich mal seine Freundesliste bei Facebook angeschaut.
Warum hatte er sich also gerade sie ausgesucht? Eine zu spät geborene Hippie-Fotografin. Aus der kleinen Stadt, die ihre gemeinsame Heimat war?
Drüben am Kühlschrank überprüfte Jack eine Schachtel übriggebliebenes chinesisches Essen.
„Haben wir noch etwas anderes als drei Tage alten gebratenen Reis?“ Er warf die kleine weiße Schachtel wie ein Basketballspieler in hohem Bogen in den Müll.
„Ich dachte, du hättest keinen Hunger.“ Taylor hielt ihre Stimme leise und nüchtern, versuchte, nicht defensiv zu klingen.
„Ich habe es mir anders überlegt. Wow, da haben wir nun also einen fünfzehnhundert Dollar teuren Kühlschrank mit nichts drin außer Essensresten.“
„Wir haben Milch“, sagte sie, ging zum Sofa und setzte sich neben die Stelle, wo er gesessen hatte. „Und Müsli.“
„Müsli?“ Sein schwerer Seufzer СКАЧАТЬ