Der Henker. Johannes Sachslehner
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Название: Der Henker

Автор: Johannes Sachslehner

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783990401729

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СКАЧАТЬ in seiner Baracke, erst nach einiger Zeit taucht er auf, gibt sich dann aber sehr höflich und zuvorkommend – er offeriert den beiden jüdischen Ärzten Zigaretten, bittet sie Platz zu nehmen und fragt sie über den Grund ihres Kommens. Bieberstein und Schwarz versuchen ihr Anliegen vorzubringen, Göth lässt sie jedoch nicht richtig zu Wort kommen. Er erzählt, dass er sich um den Aufbau von zwei Lagern, Płaszów und Szebnie, kümmern müsse und deshalb momentan sehr viel Arbeit hätte. In Płaszów wolle man vor allem große Werkstätten errichten, so sollen unter anderem die „Zentrale für Handwerkslieferungen“ sowie die Firmen „Optima“ und Julius Madritschs Unternehmen hierher verlegt werden. Seine Absicht sei es, dass es allen Arbeitern, die hierher übersiedelt würden, gut gehe, sie ordentlich ernährt sein sollten und die bestmögliche ärztliche Betreuung für sie gewährleistet sei. Im Verlaufe des denkwürdigen Gesprächs fällt, wie Bieberstein später bezeugen wird, kein einziges Mal der Begriff „Jude“ und auch nicht das Wort „Häftling“. Göth präsentiert sich als leutseliger Organisator – und als Patient: Er zeigt den beiden Ärzten sein Bein, das am Unterschenkel einige Geschwüre aufweist, und fragt sie nach ihrer Spezialisierung. Dr. Bieberstein erklärt, dass er Internist sei, Dr. Schwarz stellt sich als praktischer Arzt vor und erzählt, dass er sich im Besonderen mit Röntgentherapie beschäftige und der Röntgenologe des Spitals im Ghetto sei. Das kranke Bein des Herrn Kommandanten sei am besten mit Röntgenstrahlen zu heilen. Göth fragt ihn, ob der Röntgenapparat im Ghetto für diese Therapie geeignet sei. Dr. Schwarz verneint, und Göth meint daraufhin, dass man sich bemühen werde, für das Lager ein besseres Gerät zu beschaffen. Und er hat eine Bitte an die beiden Ärzte: Er möchte, dass sie ihn mit der Weigl-Impfung gegen Fleckentyphus immunisieren, da man um die geringe Widerstandskraft der Deutschen gegen Typhus wisse und mit der Größe des Lagers wachse ja auch die Ansteckungsgefahr.

      Damit ist das Treffen zu Ende, Bieberstein und Schwarz kehren ins Ghetto zurück und berichten im Rahmen einer Konferenz über ihr Gespräch. Einige Kollegen sind mit dem Ergebnis zufrieden, Dr. Bieberstein sieht es anders: Er interpretiert Göths Auftritt als hinterhältig, perfide und absolut zynisch.

      Zwei, drei Tage später erhalten Bieberstein und seine Kollegen von den Ingenieuren des Lagerbaus eine Kopie des geplanten Spitals – und sind überrascht. Tatsächlich ist da ein ordentliches Spital geplant: 3 bis 4 Baracken werden zusammengefasst und sind durch die Korridore verbunden, überall schöne Fenster und kleine Patientenzimmer, sogar an Wohnungen für die Ärzte hat man gedacht. Bieberstein jedoch ist weiter skeptisch, er glaubt nicht, dass diese Pläne auch verwirklicht werden. Sein Verdacht verstärkt sich, als er durch Zufall von einem für die Verpflegung zuständigen Unteroffizier, der sich von ihm impfen lässt, die Liste der geplanten täglichen Lebensmittelrationen erhält. Maximal 2.200 – 2.500 Kalorien pro Tag sind da vorgesehen – auch bei günstiger Interpretation zu wenig für schwer arbeitende Menschen.

      An einem der ersten Märztage begibt sich neuerlich eine Ärztedelegation aus dem Ghetto nach Płaszów, diesmal sind es bereits 5 oder 6 Mediziner. Mit Göth selbst sprechen jedoch nur wieder Dr. Bieberstein und Dr. Schwarz; der Unterschied zum ersten Gespräch ist jedoch gewaltig: Göth empfängt sie nicht in seinem Büro, sondern am Zeichentisch, wo er ihnen die Baracken für das Spital zeigt. Als Bieberstein anmerkt, dass diese Baracken aus Holz für ein Spital nicht geeignet seien, antwortet Göth kurz angebunden, dass im Lager arbeitende Menschen leben würden und keine schwer kranken, die Mängel würden später behoben. Nach zwei Minuten ist das Gespräch vorbei, von der Freundlichkeit des ersten Zusammmentreffens keine Spur mehr.

      Es ist Freitag, der 5. März 1943. Am Morgen lässt Göth die Häftlinge am Appellplatz antreten. Der 17-jährige Moniek Puntirer, Sohn eines kleinen Milchverkäufers in Kazimierz, seit September 1942 in Płaszów, wird Zeuge, wie Göth auf Grund des Fehlens zweier Mädchen, die ins Ghetto zurück geflüchtet sind, zwei jüdische Kapos erschießt. Die Männer müssen sich niederknien, dann tötet er beide durch Schüsse aus nächster Nähe. Anschließend nimmt Göth seinen Hut ab, füllt diesen mit dem Blut der Toten und setzt ihn einem der Mithäftlinge Puntirers auf. „Jetzt führst du das Kommando!“, sagt er zu dem völlig überraschten Mann – eine Szene, die Moniek Pantirer in „wahre Todesangst“ versetzt und die er nie vergessen wird. Göth macht auf ihn den Eindruck eines „Raubtiers auf der Jagd“ und rasch erkennen er und seine Lagergenossen, welch besondere Rolle die Kopfbedeckungen für Göth spielen: Trägt er sein einfaches Soldatenkäppi, ist von ihm weniger zu befürchten, gefährlich wird es, wenn er seine Offiziersmütze oder gar seinen Tirolerhut aufsetzt – „ich rannte“, so Moniek Pantirer, „dann immer in die Latrine, weil er die nie betrat. Dann kam er in die Baracken und verließ sie erst wieder, nachdem er ein paar Leute erschossen hatte.“

      Am Abend dieses 5. März 1943 schockt Göth das Lager mit einer ersten Hinrichtung. Die beiden jungen Mädchen, Rega Teichmann-Salz und Erica Weitz, sind gefunden worden. Sie hatten zwar die Erlaubnis, das Lager zu verlassen, kehrten aber über Nacht nicht zurück – daraufhin ließ sie Göth im Ghetto suchen, wo sie schließlich auch entdeckt wurden. Eine Eskorte von zwanzig Wachleuten bringt sie nach Płaszów zurück. Noch weiß niemand, was für eine Strafe sie erwartet, die Häftlinge glauben, dass es beim Auspeitschen bleiben wird, doch für Göth ist diese „Disziplinlosigkeit“ Anlass genug, erstmals ein Exempel zu statuieren: Rega und Erica, beide fast noch Kinder, sollen vor versammelter Belegschaft um sieben Uhr abends gehängt werden. Zuvor werden sie noch ausgepeitscht, dann behandelt man ihre Wunden mit Jod; über ihr Schicksal lässt man sie bis zuletzt im Unklaren.

      Die „Show“ am Appellplatz beginnt, nachdem alle Häftlinge von ihrer Arbeit ins Lager zurückgekehrt sind. Als Henker fungiert der aus einer prominenten Familie stammende jüdische Kapo Itche Saltz, ein Brillenträger. Er hat nicht einmal ordentliche Stricke zur Verfügung, stattdessen benutzt er Gürtel. Bei einem der Mädchen reißt der Lederriemen, worauf Göth es unbarmherzig noch einmal hängen lässt und dann noch einige Schüsse auf den baumelnden Körper abgibt. Ihr qualvolles Sterben wird begleitet von der deutschen Lagerband: Den Schlager, den sie zur Hinrichtung spielen muss, hat Göth selbst ausgesucht: Komm zurück! von Rudi Schuricke.

      Zeugin der entsetzlichen Szene sind unter anderem die 17jährige Felicja Friedmann aus Krakau, die im Kabelwerk beschäftigt ist, und der neunzehnjährige Julius Feldman, der in der „Zentrale für Handwerkslieferungen“ in der Limanowskiegostraße 4 arbeitet. Hier werden Möbel aus jüdischen Wohnungen zusammengetragen, überholt und den diversen Nazi-Bonzen zur Verfügung gestellt. Gut möglich, dass sich auch Göth bei der Einrichtung seiner Villa aus der „Zentrale“ bedient hat.

      Der Mord an Diana Reiter

      Die Bauarbeiten auf dem Lagergelände sind in vollem Gange. Die Leitung des Lagerbaus hat Göth dem 47-jährigen jüdischen Ingenieur Zygmunt Grünberg aus Krakau anvertraut, der, das ist ihm bekannt, von Julian Scherner protegiert wird. Grünberg ist ein tüchtiger Architekt, der auch in dieser aus Angst und Unsicherheit emporwachsenden Barackenwelt seinen Mann steht. „Wo andere aufgaben, fand Grünberg noch immer eine Lösung“, wird später Mietek Pemper über ihn schreiben.

      Auch Göth ist rasch vom großen Können Grünbergs überzeugt und entwickelt ein seltsames Verhältnis zu ihm. Anfangs verspricht er ihm noch einen besonderen Status im Lager: „Du wirst hier wie ein König leben, wenn du alle meine Wünsche erfüllst“, soll Göth, so berichtet Jakub Stendig in seinem Buch über Płaszów, zu Grünberg anlässlich der „Amtsübergabe“ gesagt haben. Gleichzeitig macht er jedoch Grünberg für alle Probleme beim Lagerbau verantwortlich und beginnt ihn dafür immer wieder erbarmungslos zu schlagen und zu quälen. Grünberg, so erleben es die Häftlinge mit, ist jener Unglückliche, der die Wutanfälle Göths in erschreckend häufiger Weise auf sich konzentriert. Da Grünberg die Sympathien Scherners besitzt, kann er von Göth nicht getötet werden, obwohl dieser einige Male kurz davor steht. Als Grünberg, verzweifelt und am Ende seiner Kräfte, ihn eines Tages bittet, ihn doch gleich zu erschießen, antwortet ihm Göth, dass er damit noch warten würde, weil er ihn vorher noch brauche.

      Mietek СКАЧАТЬ