Ketzer. Gerd Ludemann
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Название: Ketzer

Автор: Gerd Ludemann

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783866744783

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СКАЧАТЬ – 56 unter Benutzung einer sicher auf einen geschichtlichen Kern zurückgehende Tradition (V. 56) von Stephanus28:

      »Voll von heiligem Geist blickte er zum Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und sprach: ›Siehe, ich sehe die Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen‹.«29

      Und Paulus gibt in 2Kor 12,2 – 4 zum Thema »Schauungen und Offenbarungen«, provoziert durch gegnerische Anwürfe, den Eigenbericht einer Entrückung bzw. einer Himmelsreise:

      (2) »Ich kenne einen Menschen in Christus vor 14 Jahren – entweder im Leib, ich weiß es nicht, oder außerhalb des Leibes, ich weiß es nicht, Gott weiß es, dass dieser bis zum drittten Himmel entrückt wurde.

      (3) Ich kenne diesen Menschen – entweder im Leib oder außerhalb des Leibes, ich weiß es nicht, Gott weiß es, (4) dass er in das Paradies entrückt wurde.«

      Indes gewannen diese Erlebnisse nicht die normative Bedeutung wie die zuvor genannten.

      Die erste gemeinsame Erfahrung der Menge in Jerusalem, die mit der Erscheinung Jesu vor den mehr als 500 (1Kor 15,6) identisch sein dürfte, hatte ja eine Art initiatorischen Charakter und steht in ihrer Bedeutung mit der ersten Vision des Petrus in Galiläa auf einer Stufe. So wie nur in dieser die eigentliche Berufung des Petrus erfolgte, so war auch das Pfingstereignis konstitutiv für die Bildung einer neuen Gruppe innerhalb der Jerusalemer Juden. Es verlieh der Jesusgemeinde einen Kraftschub und veränderte ihre Lage gegenüber der vor der Hinrichtung Jesu grundlegend.

      Erste Institutionalisierungen und Parteiungen30

      Bereits auf die von Petrus in Galiläa betriebene Wiederherstellung des Zwölferkreises treffen die Merkmale einer Institutionalisierung zu, doch hatte diese offenbar einen eschatologisch-symbolischen Charakter und war ganz vom Enthusiasmus geprägt. Denn »sinnvoll war sie nur, wenn wie bei Jesus 12 Stämme Israels bei Anbruch der Gottesherrschaft voll repräsentiert sein sollten«31, was ja eine fast rauschhafte Naherwartung voraussetzte. Hingegen ergab sich nach dem Abflauen der Pfingsterfahrung die Notwendigkeit eines größeren Realitätsbezugs, das Leben ging weiter.

      Die nun folgenden Institutionalisierungen waren an einem Weiterbestehen des gegenwärtigen Äons orientiert – nicht an seinem Ende –, wobei Einzelelemente der Lehre und Erwartung Jesu aufgenommen und produktiv weiterentwickelt wurden.32

      Die erste und bedeutendste Institutionalisierung neuen Charakters bestand in der Einführung der Taufe33, die von Anfang an zur Vergebung der Sünden geschah und mit der die Verleihung des heiligen Geistes per Handauflegung verbunden war. Der eigentliche Grund für diese Handlung dürfte die schlichte Tatsache der Taufe Jesu durch Johannes (»zur Vergebung der Sünden«34) gewesen sein. Als dann Jesus zum Mittelpunkt des neuen Kultes geworden war, entstand wohl die Meinung, er habe auch selbst getauft (vgl. Joh 3,26 [»(Jesus) tauft und alle kommen zu ihm«]), die aber sofort korrigiert wird (vgl. Joh 4,2 [»Jesus taufte nicht selber, sondern seine Jünger«]).

      Die zweite gleichermaßen bedeutende Institutionalisierung war die des »Herrentages«. (so wörtlich in Apk 1,10), an dem das Herrenmahl gefeiert wurde. Der »Herrentag« war der Tag nach dem Sabbat, an dem Jesus nach urchristlichem Glauben von den Toten auferweckt worden war (1Kor 15,4b). Wahrscheinlich hielt die junge Gemeinde zusammen mit den Juden auch den Sabbattag, doch streicht die ebenfalls allwöchentlich begangene Feier des Herrenmahls am Sonntag ihre Identität schon stark heraus.

      Eine dritte Institutionalisierung wird zuweilen in der Apg 6,1 ff geschilderten Witwenversorgung als Diakonat bzw. als Tischdienst gesehen.35 Doch fällt eine Zustimmung zu dieser These schwer, weil Lukas in Apg 6 mit der Witwenversorgung offensichtlich einen anderen Konflikt überspielt.36. Gleichwohl dürften die Sieben (ebenso wie die Zwölf) eine institutionelle Aufgabe gehabt haben. Vielleicht sind die Sieben Kontrastbildung zu den Zwölf, den bisherigen Repräsentanten des Zwölf-Stämme-Volkes. Nur wissen wir damit noch nichts über ihre Funktion.37

      In jedem Fall deuten die Sieben auf eine Parteiung hin. Denn die sieben Männer (Stephanus, Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas, Nikolaos) tragen alle griechische Namen. Sie waren offensichtlich Vertreter einer von den aramäisch sprechenden Jesusnachfolgern zu unterscheidenden griechischsprachigen Gemeinde in Jerusalem, die sich aus Juden der Diaspora rekrutierte und die, wie Apg 6 – 7 berichtete, in freierer Weise als die »Hebräer« unter Berufung auf Jesus (Apg 6,13 f) Gesetzeskritik übten.38

      So bleibt festzuhalten, dass nahezu von Beginn an zwei unterschiedliche Arten von Christentum in der heiligen Stadt versammelt sind, die eine aramäischsprachig und an jüdischen Sitten festhaltend, die andere griechischsprachig mit latent antinomistischer Tendenz. Pluralität steht also am Anfang der Urgemeinde, die viele der später ausgebrochenen Gegensätze bereits in sich barg. Aber zunächst hielt man noch zusammen.

      Die geschichtliche Entwicklung:

       Von den Anfängen bis zum Apostelkonzil

      Als erste Phase ist die eschatologische Sammlung unter der Leitung des Petrus anzusprechen. Während dieser Zeit wird die griechischsprachige Fraktion des Christentums, die Hellenisten, gewaltsam aus Jerusalem gedrängt und Stephanus, einer der Sieben, in einem Tumult zu Tode gebracht (Apg 7,58). Die Akteure hierbei waren im Gegensatz zum Prozess gegen Jesus, in dem die Römer einschritten, Jerusalemer Juden, die Stephanus steinigten. Die andere Fraktion des Christentums verblieb unbehelligt in der jüdischen Metropole. »Die eschatologische Institutionalisierung war das Werk des Petrus … Er leitete die Versammlung für Gott und war insofern dessen theokratischer Repräsentant. Als solcher konnte er nur ein einziger sein.«39 Es ist kein Zufall, dass Paulus ihn alsbald (drei Jahre) nach seiner Bekehrung aufgesucht hat, um ihn kennenzulernen (Gal 1,18).

      In der Folgezeit bildeten zwei andere Männer, Jakobus und Johannes (die Söhne des Zebedäus), zusammen mit Petrus ein Leitungsgremium und erhielten den Ehrennamen »die Säulen«. Sie waren zusammen mit Petrus zu Jesu Lebzeiten dessen engste Vertraute gewesen.40 Als der Zebedaide Jakobus Opfer einer Verfolgung wurde (Apg 12,1 f), trat sein Namensvetter Jakobus, der Bruder Jesu, an seine Stelle, dies wohl nicht in erster Linie aufgrund seiner Jüngerschaft, sondern vor allem wegen Familienzugehörigkeit.41 Paulus hatte jedenfalls 14 Jahre danach bei seinem zweiten Besuch in Jerusalem (Gal 2,1) mit einem Leitungsgremium zu tun, das sich aus diesem zweiten Jakobus, dem Petrus sowie dem anderen Zebedaiden Johannes zusammensetzte (Gal 2,9).

      Inzwischen waren die aus Jerusalem vertriebenen Hellenisten nicht untätig geblieben. Sie verbreiteten den neuen Glauben im Umkreis von Jerusalem und bis hin nach Damaskus, Antiochien und Phönizien (Apg 11,19 – 22). Ihre geisterfüllte Predigt (Apg 6,10) schloss nun auch Heiden nicht mehr aus, ja beide, Juden- wie Heidenchristen bildeten bald eine Gemeinschaft.

      In Antiochien empfing die merkwürdige neue Sekte aus Juden und Nichtjuden von Außenstehenden den fortan geltenden Namen: Ihre Mitglieder wurden »Christianer« genannt (Apg 11,26). Dies geht nicht etwa auf das Programm der betreffenden Gruppe zurück, sondern ist eine Fremdbezeichnung durch politische Behörden, die etwas auf einen Begriff bringen, oder durch konkurrierende Gruppen, die sich damit abgrenzen.42 Dieser Name wurde von den Christen recht bald übernommen, weil er deren Anliegen treffend wiedergab. Bereits zwei Generationen später kann Bischof Ignatius aus demselben Antiochien, in dem diese Fremdbezeichnung aufgekommen war, wie selbstverständlich vom »Christianismos« sprechen und triumphierend ausrufen: »Das Christentum ist nicht zum Glauben an das Judentum gekommen, sondern das Judentum (zum Glauben) an das Christentum«. (IgnMagn 10,3 u.ö.).

      Die Jerusalemer Gemeinde dürfte die Entwicklung in Antiochien mit großer Skepsis und Sorge beobachtet haben. Wohnte sie selbst am Vorort des Heils, Jerusalem, und sah sie sich selbst als die Gemeinde an, die auf den Säulen Petrus, Jakobus und Johannes ruhte und von der es allenfalls einige Ableger außerhalb СКАЧАТЬ