X-World. Jörg Arndt
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Название: X-World

Автор: Jörg Arndt

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

Серия:

isbn: 9783865068736

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СКАЧАТЬ er und speicherte die Notiz als „ToDoList.txt“ ab. Dieselbe Geste, die den Computerbildschirm hervorgebracht hatte, ließ ihn auch verschwinden. Der Himmel war wieder makellos. Ein paar Möwen zogen vorbei.

      Der Programmierer wandte sich um und ging auf den Dschungel zu, der kurz hinter dem Strand begann. Die Details der Pflanzen sind mir wirklich gut gelungen, dachte er zufrieden, als er in das grüne Dickicht unterschiedlicher Gewächse eintauchte. Es fehlt eigentlich nur noch ein Gefühlseindruck. Man spürt gar nichts, wenn man einen Zweig zur Seite schiebt. Aber der optische Impuls ist so stark, dass man fast meint, etwas zu spüren.

      Ein tiefes Grollen riss ihn aus seinen Überlegungen. Eine Adrenalinwelle jagte durch seinen Körper. Alle Muskeln spannten sich an; uralte Überlebensprogramme, die die Menschen seinerzeit sicher durch die Steinzeit gebracht hatten, aktivierten sich in seinem Inneren. Ron konnte das Pochen seines Herzens bis zum Hals fühlen.

      Instinktiv suchte er Deckung hinter einer stattlichen Palme. Vielleicht hatte ihn das Tier noch nicht gewittert. Der Tiger stand etwa 30 Meter von ihm entfernt und sah zu ihm herüber. Ron stockte der Atem. Die Raubkatze sah fantastisch aus. Natürlich wusste er, dass ihm keine Gefahr drohte, schließlich befanden sie sich nur in einem Computerspiel, das er zudem selbst programmiert hatte, und trotzdem. Die Bedrohung wirkte unglaublich real.

      Überrascht registrierte Ron, dass sein Gehirn von sich aus fehlende Details beisteuerte. Er meinte, den Wind, der die virtuellen Blätter bewegte, auf der Haut zu spüren, und es schien ihm sogar, als könne er den animalischen Geruch des Tigers riechen. Es war perfekt. Fantasie und Unterbewusstsein arbeiteten Hand in Hand mit den Geräuschen und visuellen Eindrücken, die der Computer lieferte. Sein Kopf schuf daraus eine so überzeugende Illusion, dass er sich immer wieder bewusst machen musste, wo er sich eigentlich befand. Soviel war klar, dieses Spiel würde ein Renner werden.

      Der Tiger kam näher und brachte den Programmierer in die virtuelle Wirklichkeit zurück. Wieder spannten sich seine Muskeln reflexartig an, sein Herz begann zu rasen.

      „Du musst keine Angst haben, Joey ist ganz lieb!“, rief eine helle Stimme. Ron drehte sich um und sah in ein fröhliches Kindergesicht. Zerzauste blonde Haare, die in verschiedenen Farbtönen spielten, Sommersprossen, strahlend blaue Augen.

      „Hast du dem Tiger diesen Namen gegeben?“, fragte er erstaunt. Der Junge nickte stolz.

      Ron war mehr als überrascht. Das konnte eigentlich nicht sein. So zufrieden er auch mit sich und seinen Fortschritten im Bereich der künstlichen Intelligenz war – dass ein Bot einer anderen Kreatur selbstständig einen Namen gab, reichte weit über das hinaus, was er erwartet hatte. Das war eine enorme Leistung, die Vernunft, ja, Bewusstsein voraussetzte.

      „Wie bist du auf diesen Namen gekommen?“

      „Keine Ahnung“, antwortete der Junge treuherzig. „Ich wusste einfach, dass er so heißen sollte, und Joey hat sofort auf seinen Namen gehört. Du kannst ruhig dichter herangehen, er tut nichts!“

      Ron ging ein paar zaghafte Schritte auf das Raubtier zu.

      Dies war eine neue Erfahrung für ihn. Alles, was er bislang kannte, war die Perspektive des Zoobesuchers, dem dicke Metallgitter Sicherheit bieten. Aber hier gab es keine Barriere zwischen Mensch und Tier, und Ron wusste, dass er nicht den Hauch einer Chance hätte, wenn es dem Tiger einfallen sollte, ihn als Beute auszuwählen.

      „Es ist alles nur virtuell!“, rief der Programmierer sich zur Ordnung. Er trat noch einen Schritt näher und hob die Hand, um das Fell des Tigers zu berühren. Plötzlich spürte er ein unangenehmes Vibrieren an seinem rechten Bein. Er zuckte zusammen. Ebenso unvermittelt, wie es gekommen war, verschwand das Vibrieren wieder, nur um Sekunden später erneut seine Beinmuskeln zum Pulsieren zu bringen.

      Es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass es sich um sein Handy handelte, das einen Anruf meldete. Hastig hob er die Hand und vollführte eine Doppelschleife in der Luft. Als das Display erschien, loggte er sich aus dem Spiel aus und riss sich den Helm vom Kopf. Jetzt konnte er auch den Klingelton hören – die Titelmusik der Uraltserie „Raumschiff Orion“, deren antikem Charme er vor langer Zeit verfallen war.

      Er stellte die Verbindung her. Der Anrufer sprach mit asiatischem Akzent: „Guten Tag, Herr Schäfer, Kim hier von ‚Future Computing‘. Ich wollte mich nur bei Ihnen erkundigen, ob unser Paket Sie erreicht hat.“

      „Oh ja, das hat es.“

      „Und funktioniert alles zu Ihrer Zufriedenheit?“

      „Ja, bestens, vielen Dank, Herr Kim.“

      „Sehr schön. Dann sind wir gespannt auf Ihre Präsentation. Mein Chef hat hohe Erwartungen an Sie.“

      Die weiße Stadt leuchtete im Licht der Morgensonne. Einfache Hütten von Handwerkern und Fischern bildeten einen schimmernden Rand, weiter innen glänzten die herrschaftlichen Häuser der Kaufleute und Bürger. Doch das alles war nichts im Vergleich zu dem prunkvollen Palast aus weißem Marmor, der in der Mitte erstrahlte. Auf allen Türmen wehte die Fahne des Königs. Ein perfektes Motiv für einen Maler – doch müsste er sich mit seiner Kunst beeilen, denn so, wie die Dinge lagen, waren die Stunden dieses Ortes gezählt.

      Unaufhaltsam rückten die schwarzen Heerscharen vor und zogen einen dunklen Ring um das leuchtende Juwel. Die Zahl der Angreifer war unermesslich. Die weiße Stadt glich bald einer Perle auf schwarzem Samt. Es war absehbar, dass sie sich binnen Kurzem erst zum feuerroten Rubin wandeln und schließlich als rauchende Kohle enden würde.

      Die feindlichen Truppen brachten ihr Kriegsgerät in Stellung. Sie positionierten die Wurfmaschinen, schoben Rammböcke und Belagerungstürme heran. Die Lage war aussichtslos.

      Aller Augen richteten sich auf Yannick, den jungen Befehlshaber der weißen Armee. Überraschenderweise war ihm keine Nervosität anzumerken – er vermittelte den wenig beruhigenden Eindruck, als wäre ihm das Schicksal seiner Stadt völlig gleichgültig.

      Die Wachen auf den Stadtmauern patrouillierten auf und ab. Sie waren entschlossen, ihr Äußerstes zu geben. Munition und Löschmaterial gegen die Brandpfeile lagen bereit, doch den Steinwürfen der mächtigen Wurfmaschinen hatten sie außer der Dicke ihrer Mauern nichts entgegenzusetzen. Sie konnten nur hoffen, dass ihr Anführer einen genialen Plan hatte, denn sonst wäre ihr Untergang besiegelt.

      Die Spannung wuchs ins Unerträgliche.

      Schließlich begann der Angriff. Die Wurfmaschinen nahmen ratternd ihre Arbeit auf, riesige Felsbrocken sausten durch die Luft. Noch trafen die wenigsten – die Maschinen mussten sich erst einschießen.

      Der junge Befehlshaber beugte sich vor. Er hatte den Ansturm erwartet, sogar erhofft. Sein Widersacher hatte alles in die Schlacht geworfen, was er an Material und Soldaten besaß. Nun war die schwarze Stadt schutzlos.

      Yannick gab seine Befehle, und die weißen Truppen, die sich bis dahin verborgen gehalten hatten, stürmten gegen die wehrlose Heimat des Gegners vor. Deren Mauern waren nur schwach befestigt, denn ihr Kommandant hatte die vorhandenen Ressourcen fast vollständig in die Herstellung von Kriegsmaschinen gesteckt.

      Im Handumdrehen fiel das Tor. Die Angreifer drängten in das Innere der Stadt. Die wenigen Wächter hatten keine Chance. Nach einigen kurzen Scharmützeln marschierten die weißen Soldaten in den Palast ein und nahmen den schwarzen König gefangen.

      Die Zuschauer applaudierten. СКАЧАТЬ