Die Melodie des Mörders. Miriam Rademacher
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Название: Die Melodie des Mörders

Автор: Miriam Rademacher

Издательство: Автор

Жанр: Ужасы и Мистика

Серия:

isbn: 9783943709315

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СКАЧАТЬ war gut in seinem Job?«, fragte Colin und sah auf den Toten herab, dessen mit Blut bespritzte Hände nie wieder eine Orgel zum Klingen bringen würden.

      »Er war ein Profi der besonderen Art. Die meisten Organisten schätzen es nicht, wenn man in letzter Minute noch das Programm über den Haufen wirft und sie unvorbereitet spielen müssen. Ich hingegen schätze Spontaneität. Und Clifford konnte herrlich improvisieren, hat nie gemeckert und war stets mit allem einverstanden. Er war ein Vollblutmusiker und ein guter Mensch. Ich glaube, den Satz sollte ich mir für die Trauerfeier notieren.«

      Während Jasper seine Taschen nach einem Stift und einem Stück Papier durchsuchte, studierte Colin weiter den Tatort.

      Ein paar Notenblätter, ebenfalls blutbeschmiert, lagen um die Orgel verstreut. Colin entzifferte den Titel eines bekannten Weihnachtsstückes. Er lautete: Pipes of Peace. Mit Blick auf die Orgelpfeife und den Körper des Toten empfand er diese Worte als bittere Ironie. Laut sagte er: »Und doch muss irgendjemand diesen netten Menschen gehasst haben. Sein Mörder hat ziemlich brutal zugeschlagen. Was für einen Grund könnte jemand gehabt haben, ihn zu töten, was meinst du?«

      »Niemand hat Clifford gehasst, und mir fällt auch niemand ein, der ihn hätte töten wollen. Er war das, was man einen charmanten Trottel nennen würde. Ein ewiger Junggeselle. Freundlich zu jedermann. Gutherzig und arglos. Ich weigere mich, etwas anderes zu glauben«, antwortete Jasper und klang ein wenig bockig.

      Colin beschloss, das Gespräch über Clifford an diesem Punkt abzubrechen. Es war wirklich allerhöchste Zeit, Mike in die Geschehnisse einzuweihen. »Dann gehe ich jetzt Mike holen. Kann ich dich auch wirklich hier alleinlassen?«, fragte er, noch immer besorgt um seinen Freund.

      »Ich bitte sogar darum. Im ersten Schrecken bin ich einfach davongelaufen. Dabei ist es an der Zeit, innezuhalten. Zeit für ein Gebet für Clifford. Geh jetzt und hole den Sergeant, Colin.« Mit diesen Worten senkte Jasper das Kinn auf die Brust und faltete die Hände.

      Colin ging. Er selbst gehörte nicht zu den Menschen, die Frieden im Gebet fanden. Und fast beneidete er Jasper um seinen Glauben und seine Rituale, die ihm angesichts eines Mordopfers Halt gaben. Colin hatte diesen sicheren Halt nicht. Er balancierte sich immer wieder neu aus. Wie auf dem Tanzparkett.

      Noch immer dröhnte der Salsa-Rhythmus aus den Boxen, als Colin in das Gemeindehaus zurückkehrte. Fast alle Anwesenden hatten auf Stühlen am Rand der Tanzfläche Platz genommen und feuerten die letzten verbliebenen beiden Paare an. Es handelte sich um das fidele Ferkel, in dessen Armen eine schweißnasse Mary Bittner glänzte, und um ein junges Paar aus einem Nachbardorf. Deren beider Vornamen hatte sich Colin beim besten Willen nicht merken können. Irgendetwas Skandinavisches.

      Mike Dieber drückte sich nahe der Theke herum und versuchte, den Anschein zu erwecken, dass er Ruth Dimbridge bei der Getränkeausgabe unterstützen musste. Mit schmalen Augen sah Colin sich um. Mutterseelenallein stand eine enttäuschte Shelby zwischen den anderen Gästen. Colin hätte Mike am liebsten mit dem Kopf ins Spülwasser getunkt. Stattdessen packte er den jungen Mann am Ärmel und raunte ihm ins Ohr: »In der Kirche gibt es Arbeit für dich. Jasper erwartet dich auf dem Orgelboden. Ich löse hier die Versammlung auf.«

      Mike, dankbar darüber, die Flucht ergreifen zu dürfen, eilte davon, während Colin die Musik abdrehte und die beiden letzten Paare zu Siegern erklärte. Die Menge jubelte und Colin schrieb die Gutscheine für Privatstunden und eine Flasche Sekt auf zwei Servietten, die er den Gewinnern feierlich überreichte.

      Danach flunkerte er allen Anwesenden vor, dass die Anwohner der umliegenden Häuser ihn wegen der Lärmbelästigung um ein baldiges Ende der Party gebeten hätten, und legte, den Protest der Umstehenden ignorierend, leise Rausschmeißermusik auf. Die ersten Gäste brachen auch fast augenblicklich auf. Unter ihnen war auch Shelby, der Colin zum Abschied gerade noch zuwinken konnte, bevor sie mit zusammengepressten Lippen zur Tür hinaus floh. Colin hätte Mike Dieber den Hals umdrehen können. Er hasste es, wenn ein einsames Herz die Party mit einem schlechteren Gefühl verließ als bei der Ankunft. Es machte ihn traurig. Natürlich war die Welt unfair. Aber warum bekam ein Ferkel mit Kreditkarte eine Frau wie Mary Bittner und ein nettes Mädchen wie Shelby nicht einmal einen Trostpreis wie Mike? Nicht einmal für einen Abend?

      Um Ruth und ihre letzten Bierflaschen hatte sich eine lustige Runde versammelt. Colin wusste, dass es sich noch eine Weile hinziehen konnte, bis auch die letzten aufgekratzten Tänzer aufbrachen. Also stellte er sich zu Ruth hinter den Tresen, beugte sich zu ihr hinunter und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich muss nochmal weg. Kann ich dich wirklich alleinlassen?«

      »Klar. Solange ich hier nicht übernachten muss. Du fährst mich doch heim, wenn du getan hast, was du tun musst, nicht wahr?«

      Colin drückte seiner guten Freundin einen Kuss auf die Stirn, was ihm den spontanen Applaus der Umstehenden bescherte, und lief unter ihrem Gelächter zurück zur Kirche.

      I’ll Be Home For Christmas

      Schon an der Tür konnte er Mike Dieber lamentieren hören.

      »Und da wird allen Ernstes der Tanzlehrer zuerst an den Tatort gerufen und nicht die Polizei? Wenn das mein Chef erfährt, könnt ihr was erleben!«

      »Es ist nicht der Tanzlehrer, sondern der Detektiv, den ich engagiert habe, um den Tod meines Freundes Clifford aufzuklären«, erwiderte Jasper nicht viel leiser. »Und du kannst froh sein, dass wir dich geholt haben, bevor dein Boss Hoffer hier auftaucht und dir wieder nur die Drecksarbeit überlässt.«

      Colin sprang die Stufen zum Orgelboden hinauf und bezog genau zwischen den beiden Kontrahenten Stellung. Augenblicklich sackte Mike Dieber merklich in sich zusammen. Colins Predigt am Waschbecken über das korrekte Verhalten eines Gentlemans war ihm augenscheinlich noch in lebhafter Erinnerung.

      »Wie wäre es denn, wenn wir jetzt gleich das ausprobieren, was wir später sowieso wieder tun müssen?«, schlug Colin vor. »Wie wäre es mit Zusammenarbeit?«

      »Ich darf nicht mit Amateuren zusammenarbeiten«, nuschelte Dieber, was ihm einen bösen Blick von Jasper einbrachte.

      »Amateure? Die Amateure haben jetzt schon oft genug deinen Job gemacht und dir die Lorbeeren überlassen«, sagte der Pfarrer und verschränkte die Arme vor der Brust.

      »Aber ich bin derjenige, der die Schwierigkeiten bekommt, wenn mein Boss rauskriegt, dass ich mit euch unter einer Decke stecke«, erwiderte Mike.

      Colin sah hinunter zu Cliffords Leiche und fragte sich, was der zu dieser Diskussion zu sagen gehabt hätte. Angesichts seiner leblosen Augen erschienen Wortgefechte albern und völlig fehl am Platz.

      Colin machte eine beschwichtigende Handbewegung und sagte: »Mike, ich bezweifle, dass du jemals mit irgendjemanden unter einer Decke stecken wirst, egal ob Männlein oder Weiblein, wenn du nicht an deinem Taktgefühl arbeitest. Aber darüber reden wir beide zu einem anderen Zeitpunkt. Clifford ist tot. Da liegt er. Hast du ihn dir überhaupt schon angesehen?«

      Mike Dieber lief dunkelrot an und biss sich auf die Lippen. Dann sagte er, und er versuchte dabei möglichst professionell zu klingen: »Also, was ist hier passiert?«

      Jasper schilderte in kurzen Worten den Ablauf der Theaterprobe und berichtete von Cliffords letzten Aktivitäten. »Er hat ein bisschen herumgeklimpert, dann habe ich eine Weile nichts von ihm gehört. Dann hat er nochmal losgeklimpert, was wirklich störend war. Ich rief ihm zu, dass er aufhören solle, und das tat er СКАЧАТЬ