Die Melodie des Mörders. Miriam Rademacher
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Название: Die Melodie des Mörders

Автор: Miriam Rademacher

Издательство: Автор

Жанр: Ужасы и Мистика

Серия:

isbn: 9783943709315

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СКАЧАТЬ und schwarzen Jeans bekleidet. Das Gesicht des Mannes unter dem Stoppelschnitt erinnerte Hoffer irgendwie an einen Igel.

      »Sie sind Nathe?«, wollte er wissen.

      Der junge Mann nickte.

      »Und Sie trafen gleich nach diesem Mädchen am Tatort ein?«

      Der Mann nickte wieder. Hoffers Ungeduld entlud sich mit lauter Stimme.

      »Können Sie nicht sprechen, verdammt nochmal?«

      »D-doch. Sch-schon. A-aber …«

      Ein Stotterer. Das hatte Hoffer in dieser Nacht gerade noch gefehlt. Wenn er es recht bedachte, konnte er auf die Aussage dieses Mannes vielleicht doch verzichten.

      »Vielen Dank, Sie können wieder gehen«, ranzte er den kleinen Mann an, der erleichtert davoneilte und in der Menge der Wartenden untertauchte.

      »Kann ich jetzt bitte auch gehen?«, fragte Sue-Sue und sah Dr. Grumming mit flehendem Blick an. Der strich ihr über die Wange und warf Hoffer einen Blick zu, der einen leichten Vorwurf enthielt.

      Zur Antwort löschte der Sergeant das Licht seiner Taschenlampe. »Dann mache ich mich jetzt wieder vom Acker, Doktor. Sieht für mich ebenfalls nach Selbstmord aus. Und der ist ja bekanntlich nicht mehr strafbar. Kann ja jetzt jeder machen was er will, hier in unserem schönen Land.« Sein Blick ruhte bei diesen Worten auf Brin und den beiden Mädchen unter dem Regenschirm, doch die Spitze verfehlte ihr Ziel. Die drei zeigten keinerlei Reaktion. Sie schienen zu sehr erschrocken über den Tod ihrer Kameradin, als dass Hoffers Worte sie hätten berühren können.

      »In Ordnung, dann erledige ich hier nur noch den Papierkram und lasse die Tote abholen, Bobby. Wir sehen uns dann zu deinem Check-up-Termin nächste Woche in meiner Praxis.«

      Hoffer gab einen Grunzlaut von sich und nahm sich vor, den Check-up-Termin zu versäumen. Grumming würde ihm sowieso nur wieder einen Vortrag über gesunde Ernährung und ausreichende sportliche Betätigung halten.

      Der Sergeant hatte seinen Wagen erreicht und schon den Schlüssel ins Schloss gesteckt, als er bemerkte, dass der Doktor zur Leiche zurückgekehrt war und scheinbar fasziniert auf das tote Mädchen zu seinen Füßen starrte. Dann zauberte Grumming eine Pocketkamera aus seinem Parka hervor, nahm die Tote ins Visier und drückte zweimal auf den Auslöser. Hoffer fragte nicht weiter, warum der Doktor sich die Mühe machte, einen offensichtlichen Selbstmord bildlich festzuhalten.

      Und das war eines jener Versäumnisse, für die ihn ein junger Sergeant fast ein Vierteljahrhundert später zur Rechenschaft ziehen würde.

      Little Town of Bethlehem

      »Aber sollten die Schafe nicht auch Text bekommen, Jasper? Mal ehrlich: Das, was die Hirten von sich geben, ist nur debiles Gewäsch. Wäre es nicht lustig, wenn die Schafe den Hirten intellektuell überlegen wären?«

      »Das wäre es ganz bestimmt, aber das hier ist ein Krippenspiel, Norma, und kein Gesellschaftsdrama. Und nimm bitte endlich diesen albernen Elchhelm ab, es gab keine Elche in Betlehem.«

      Jasper Johnson, der Pfarrer einer aufmüpfigen Gemeinde in Mittelengland, war mit den Nerven am Ende. Da sich auch in diesem Jahr zu wenig freiwillige Kinder für ein Krippenspiel gefunden hatten, war er dem Rat seiner guten Freundin, der etwas kurz geratenen Krankenschwester Norma, gefolgt, an Heiligabend Erwachsene in seiner Kirche auftreten zu lassen. Doch er hatte nicht vorausgesehen, dass erwachsene Laiendarsteller noch schlechter zu handhaben waren als eine Horde Kinder. Jeder hatte eine eigene Meinung zum Drehbuch, jeder nahm eigenmächtig Verbesserungen des eigenen Textes vor und jeder quatschte ihm in seine Regiearbeit. Und jetzt hatte Norma, die auf ihrem Kopf einen Elchhelm mit blinkenden Schaufeln spazieren trug, es sich in den Kopf gesetzt, den Schafen das Wort zu erteilen.

      Ein revolutionärer Gedanke, zweifellos. Zu revolutionär für einen genervten Pfarrer an einem Samstagabend.

      Jasper konnte sich nicht erinnern, wann es in seiner Kirche das letzte Mal so laut zugegangen war. Vor dem Altar stand Maria, die im wirklichen Leben Una Porter hieß und den einzigen Friseurladen im Ort betrieb, und stritt mit Balthasar alias Jacob Gregory um ein blaues Seidentuch, das dieser als Turban, Una aber als Stola verwenden wollte. Gleich mehrere Hirten und Schafe planten ihren nächsten Herrenabend, während einer von ihnen geistesabwesend Mary had a little lamb auf der Gitarre zupfte.

      »Baron, bitte«, ermahnte Jasper den Gitarristen und steckte sich demonstrativ die Zeigefinger in die Ohren. »Spiel nur, wenn die Hirten dran sind. Und hatten wir nicht besprochen, dass der dritte Hirte eine Flöte oder eine Leier spielen soll? Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor mehr als zweitausend Jahren auf einem Feld bei Betlehem die Gitarre gezupft wurde.«

      Baron Wiseman, der sich seine Brötchen mit einem eigenen Fotoladen verdiente, legte sein Instrument mit schuldbewusstem Blick zur Seite und antwortete: »Flöte ist öde und Leier habe ich keine. Sei nicht so streng mit mir, Jasper. Das ist künstlerische Freiheit.«

      »Und dein Kostüm ist auch künstlerische Freiheit? Du bist der dritte Hirte und kein Cowboy.« Jasper zog sich die Finger aus den Ohren und deutete auf Barons Wildlederstiefel, die er zu Jeans und Lederjacke trug.

      »Ich hab noch einen Poncho zu Hause. Sieht zwar mehr nach Clint Eastwood aus, geht aber sicher auch als cooler Hirte durch«, erwiderte Baron und grinste schief.

      Cooler Hirte. Jasper beschloss, die Diskussion über ein passendes Instrument und passende Garderobe auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Zumal ihm jetzt jemand von hinten auf die Schulter tippte. Er fuhr herum und sah sich seinem Organisten Clifford gegenüber, der einige Noten unter den Arm geklemmt bei sich trug und ihn unsicher ansah.

      »Hallo Clifford. Was gibt es?«

      Clifford St. Clare, ein rundlicher Mann mit ebenso rundem Gesicht, akkurat gescheiteltem Resthaar und einer Vorliebe für einfarbige Pullunder, stand starr da und wich Jaspers Blick aus, als er leise sagte: »Ich wage ja kaum zu fragen. Bei all dem Trubel hier hast du gewiss genug um die Ohren, aber könnte ich dich kurz sprechen? Vielleicht nach deiner Probe? Es geht um die Tombola, die wir beim Gemeindefest hatten. Es ist mir wichtig.«

      Obwohl der Mann leise gesprochen hatte, hatte Jasper sein Anliegen verstanden. »Natürlich, Clifford. Tombola. Gemeindefest. Klingt für mich, als wäre das schon eine Ewigkeit her, dabei war das erst Anfang Oktober. Und eine Ewigkeit wirst du wohl auch auf unser Gespräch warten müssen, denn das hier kann sich noch hinziehen.«

      Jasper machte eine allumfassende Geste, um Clifford zu verdeutlichen, wovon er sprach. Dem Organisten war anzusehen, dass er bereits begriffen hatte. Der Lautstärkepegel war im Gotteshaus inzwischen noch weiter angestiegen. Auf der Bühne zerrten Maria und Balthasar noch immer an dem blauen Seidentuch, während sich Hirten und Schafe Stammtischwitze erzählten und Norma ihren Elchhelm mit beleidigtem Gesicht in die Krippe legte. Ihr so zum Vorschein gekommenes Haar war flammend rot. Auch wenn sie hartnäckig behauptete, es solle christbaumkugelrot sein.

      Clifford lächelte den Pfarrer mitleidig an und sagte: »Das macht gar nichts. Ich muss sowieso noch rauf zur Orgel und ein paar Dinge für den morgigen Adventsgottesdienst vorbereiten. Wir sprechen dann später miteinander.«

      »Fein«, antwortete Jasper. »Wenn du hinaufgehst, dann wirf doch mal kurz die Orgel an und hau so richtig kräftig in die Tasten, ja? So bekomme ich vielleicht kurzfristig Ruhe in diesen Haufen.«

      »Klar. Mach’ ich gern«, erwiderte sein Organist, СКАЧАТЬ