Die Melodie des Mörders. Miriam Rademacher
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Название: Die Melodie des Mörders

Автор: Miriam Rademacher

Издательство: Автор

Жанр: Ужасы и Мистика

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isbn: 9783943709315

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СКАЧАТЬ zu Clifford genauso auf Abstand bedacht wie wir anderen auch.«

      Colin schaltete die Scheibenwischer ein, um den Nieselregen von der Windschutzscheibe zu vertreiben, und hoffte, dass Ruth weitersprechen würde. Als sie es nicht tat, hakte er nach: »Was weißt du noch über Clifford? Hatte er Familie? Stammt er aus dem Dorf oder ist er ein Zugezogener, so wie ich?«

      Ohne hinzusehen, wusste er, dass Ruth grinste. »Versuchst du mich zum Tratschen zu überreden, Colin? Du weißt, dass das nicht meine Art ist.«

      »Tratsch interessiert mich nicht so sehr wie Fakten. Wenn du mir Fakten über Clifford liefern kannst, besorge ich mir den Tratsch gerne woanders. Ich muss sowieso mal wieder dringend zum Friseur«, antwortete Colin und dachte dabei an Una, in deren Salon Gerüchte genauso gerne serviert wurden wie Kaffee. Und dann gab es schließlich auch noch Norma. Sie wusste über jeden etwas zu erzählen.

      »Die Fakten also oder dass, was ich dafür halte«, sagte Ruth gnädig. »Clifford ist hier geboren. Als kleiner Junge war er anhänglich, als Teenager penetrant, aber niemals bösartig. Er hatte nur eine furchtbare Angst davor, irgendwie übrig zu bleiben. Und genau das ist er dann natürlich. Er war nie verheiratet und wohnte in dem L-förmigen Bungalow, der so gar nicht ins Dorfbild passt. Er ist der letzte Nachkomme einer verarmten Adelsfamilie. Die Grundschule, an der wir gleich vorbeifahren, war einst Familienstammsitz, wurde aber schon vor Cliffords Geburt aufgegeben. Meines Wissens hat er keine lebenden Verwandten in der Nähe.«

      »Ein einsamer Geselle«, stellte Colin fest. »Aber hatte er Feinde?«

      Ruth schien einen Moment nachdenken zu müssen. Dann sagte sie: »Wenn er sich einen Feind gemacht hat, dann sicher nicht wissentlich. Clifford war ein herzensguter Trottel und wollte niemandem Böses. Was aber nicht ausschließt, dass er jemandem unbeabsichtigt zu nahe getreten sein kann. Hier ist er übrigens, zu unserer Rechten: der Stammsitz der St. Clares, heute das symbolische Ende der Kindheit.«

      Colin warf einen flüchtigen Blick auf den grauen Steinbau am Straßenrand und konzentrierte sich wieder aufs Fahren. Der Nebel wurde dichter. Um die Straßenlaternen und ihren beleuchteten Weihnachtsschmuck in Form großer Sterne erstrahlte ein heller Hof. Doch die Sicht verbesserte diese Lichtquelle nicht.

      »Clifford muss jemanden gegen sich aufgebracht haben«, stellte Colin fest. »Sein Mörder hat ihm die Riesenflöte nicht einfach nur aus einem Impuls heraus über den Schädel gezogen. Er hat mit aller Kraft auf ihn eingeschlagen. Er wollte ihn auf jeden Fall töten. Er muss Clifford sehr gehasst haben.«

      »Hass ist nicht immer ein Motiv für einen brutalen Mord«, wandte Ruth ein. »Was ist beispielsweise mit Neid? Oder Angst?«

      Colin runzelte nachdenklich die Stirn und bog in den Feldweg ein, der sie zu Ruths Bauernhof bringen würde. Dort würden ihre Doggendame Pony und ihr Ehemann Tom sie bereits sehnsüchtig erwarten.

      Erst als schon die Lichter des Hofes im Nebel auftauchten, formulierte er seine Gedanken aus: »Ist es denn denkbar, dass jemand Angst vor Clifford hatte? Was du gerade über ihn erzählt hast, klingt nicht danach. Und Neid? Auf einen einsamen Kirchenmusiker? Macht das Sinn?«

      »Es macht kaum weniger Sinn, als das Motiv des Hasses. Aber irgendetwas muss sich in Cliffords ödem Leben ereignet haben. Und du musst herausfinden, was es war, Colin. Beginne mit dem heutigen Tag und arbeite dich rückwärts durch sein Leben. Irgendwo da muss die Antwort auf die Frage nach dem Motiv sein. Hast du erst ein Motiv, ist der Mörder vielleicht nicht mehr weit, und du kannst Jasper seinen Kopf auf einem Silbertablett servieren.«

      »Ganz so biblisch wird Jasper es dann doch nicht von mir erwarten«, sagte Colin und hielt mitten auf dem Hof. Im selben Moment öffnete sich die Haustür und die hagere Gestalt eines Mannes im Blaumann näherte sich dem Wagen, wurde aber von einer gewaltigen Dogge überholt.

      »Hast du heute Abend überhaupt schon etwas gegessen, Colin? Möchtest du noch mit reinkommen?«, fragte Ruth, während sie sich vom Gurt befreite.

      »Nein und nein. Lieb von dir, aber ich kann mich Ponys stürmischen Zärtlichkeiten heute nicht mehr stellen. Ich merke, dass meine Kräfte nachlassen.«

      Im selben Augenblick wurde die Beifahrertür aufgerissen und Tom Dimbridge hob seine Frau aus dem Auto. Dabei rief er statt einer Begrüßung: »Da seid ihr ja endlich, ihr Nachtschwärmer! Colin, ich hatte schon Sorge, du bringst mir meine Frau überhaupt nicht mehr zurück.«

      »Wie albern, Tom. Spätestens zu Weihnachten bin ich immer wieder zu Hause«, erwiderte Ruth und schmiegte sich an ihren Ehemann. Colin sprang aus dem Auto und zerrte den Rollstuhl aus dem Kofferraum, doch da hatte Tom seine Frau schon über die Schwelle getragen. Rasch schob er das Vehikel hinterher.

      »Gute Nacht, Colin. Und vergiss nicht, mich auf dem Laufenden zu halten«, rief Ruth.

      Colin versprach es und musste nun doch noch Ponys Liebesbekundungen über sich ergehen lassen, bevor es ihm gelang, zurück in den Wagen zu flüchten.

      I saw Mama kissing Santa Claus

      Als der Seat sich im Schneckentempo durch den Nebel auf Mrs Greys Haus zubewegte und neben dem Gartenzaun zum Stehen kam, fiel Colins Blick auf das Messingschild am Tor:

      Colin Duffot

      Tanzstunden und Ermittlungen aller Art

      Unterricht und Problemlösung auf Anfrage

      Er selbst hatte es kürzlich dort angeschraubt und war bei seinem Anblick noch immer von Ungläubigkeit und Stolz erfüllt. Er hatte ein neues Kapitel aufgeschlagen, hatte sich für einen Schlenker in seinem Lebensweg entschieden. In jungen Jahren war er sicher gewesen, dass die Gesellschaftstänze und die Freude an der Arbeit mit Menschen seinen Ansprüchen und seinem Ego genügen würden. Sein Lebensweg sollte über das Tanzparkett führen. Nie hatte er sich als Detektiv gesehen. Auch nicht, als seine Freunde und das Schicksal ihm klargemacht hatten, dass er ein Talent besaß, in den Bewegungen und im Verhalten seiner Mitmenschen zu lesen wie in einem Buch. Doch jetzt gefiel es ihm. Ja, es machte ihm Spaß, der Detektiv im Dorf zu sein. Fast noch mehr als der Tanzlehrer.

      Sein Magen knurrte laut, als er durch den Vorgarten schritt, und erinnerte ihn an das versäumte Abend­essen. Die Haustür öffnete sich, noch bevor er sie erreicht hatte, und auf der Schwelle erschien seine Vermieterin, Mrs Dorothy Grey, in einen geblümten Bademantel gehüllt. Ihre grauen Locken hatte sie unter ein Haarnetz geschoben, um eine Frisur zu schonen, die dies eigentlich kaum nötig hatte.

      »Clifford St. Clare ist also tot? Ich mochte ihn gern«, sagte sie und hielt Colin die Tür auf.

      Der trat sich rasch die Schuhe ab und sah Mrs Grey, die er seit dem Sommer Dorothy nennen durfte, verblüfft an. »Woher weißt du davon? Es ist nach Mitternacht. Schlafen die Buschtrommeln in Mittelengland niemals?«

      »Niemals. Der Pfarrer hat angerufen und lässt ausrichten, dass er es dir sehr übel nimmt, dass du dich einfach verdrückt hast. Danach hat Norma angerufen und sich darüber beschwert, dass sie die Neuigkeit über die Tochter ihres ehemaligen Hausarztes Grumming erfahren musste. Und zum Schluss lässt Hoffer bestellen, dass du dich gefälligst raushalten sollst, er gedenkt, den Fall alleine zu lösen.«

      »Warum rufen die nicht auf meinem Handy an?«, fragte Colin.

      »Weil jeder weiß, dass du es nie bei dir trägst und nur alle Jubeljahre auflädst. Im Prinzip habe ich ja auch nichts dagegen, deine Sekretärin zu spielen. Aber vielleicht sollten wir Büroöffnungszeiten vereinbaren, СКАЧАТЬ