Die Melodie des Mörders. Miriam Rademacher
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Название: Die Melodie des Mörders

Автор: Miriam Rademacher

Издательство: Автор

Жанр: Ужасы и Мистика

Серия:

isbn: 9783943709315

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СКАЧАТЬ unter den Tanzenden entdeckt. »Da ist ja Mike. Ob wir ihn gleich mitnehmen sollten?«, schlug er vor.

      »Das hat Zeit. Der Junge arbeitet gerade an seinem guten Benehmen, da wollen wir ihn doch nicht stören. Ich verschaffe mir erst einmal selbst einen Eindruck«, antwortete Colin.

      Seite an Seite verließen sie das Gemeindehaus. Kaum draußen an der frischen Luft begannen beide wie auf ein geheimes Zeichen hin zu rennen. Das Portal der Kirche stand offen und schien sie zu erwarten.

      »Das ist wirklich ganz unglaublich«, keuchte Colin leicht außer Atem, als sie das Gotteshaus erreichten. Es wurde anscheinend dringend Zeit, dass er mal wieder etwas für seine eigene Fitness tat. »Du hast einen Toten in deiner Kirche gefunden? Weißt du überhaupt, was das bedeutet?«

      »Dass die Mörder in diesem Dorf wirklich vor gar nichts zurückschrecken? Oder dass der, den wir suchen, ein Freund der kurzen Wege ist?«, schlug Jasper nach kurzem Nachdenken vor.

      »Nein, nein. Es bedeutet, dass der Fluch gebrochen ist. Endlich einmal hat jemand anderes die Leiche entdeckt. Zum ersten Mal bin nicht ich es, der über den Toten gestolpert ist.«

      »Stimmt«, bestätigte Jasper. »Wahrscheinlich hat der Fluch seine Wirkung verloren, als du dich endlich entschlossen hast, als Detektiv zu arbeiten und nicht mehr widerwillig versucht hast, alle Ermittlungen auf andere abzuwälzen.«

      »Abzuwälzen? Du bist doch derjenige, der kaum zu bremsen ist, wenn es darum geht, einen Mörder zu jagen«, widersprach Colin.

      Jasper tupfte sich mit einem Taschentuch über die Stirn. »Diesmal nicht. Gute Güte, ich bin noch immer ganz von der Rolle. Wenn ich es mir recht überlege, war es eigentlich ganz nett, dass du bisher immer über die Mordopfer gestolpert bist. Ich will diese Aufgabe nicht übernehmen. Die nächste Leiche ist bitte für Norma reserviert.«

      »Wo steckt die überhaupt?«, fragte Colin. »Ich denke, sie spielt in deinem Krippenspiel den Melchior?«

      »Erinnere mich bloß nicht daran. Sie scheint Melchior mit Rudolph dem rotnasigen Rentier zu verwechseln. Ich bin froh, wenn ich ihr blinkendes und dudelndes Elchgeweih für eine Weile nicht sehen muss. Hättest du ihr nicht ein anderes Andenken aus New York mitbringen können?«

      »Es erschien mir passend für Norma. Es macht sie auch irgendwie größer, findest du nicht?«

      »Norma ist und bleibt eine halbe Portion, da hilft auch ein Geweih nichts.«

      Colin war Jasper während ihres Wortgeplänkels die Treppe hinauf auf die Empore gefolgt. Er erreichte den Raum hinter der Orgel und automatisch verlangsamte sich sein Schritt. Fast andächtig näherte er sich dem toten Clifford und betrachtete ihn dann eingehend.

      »Wer war der arme Mann?«

      »Clifford St. Clare, mein Organist. Wir kannten einander schon ewig. Seit ich diese Stelle hier angetreten habe, spielte Clifford regelmäßig für mich. Es gibt nur wenige gute Organisten in unserer Gegend«, erklärte Jasper. »Heute kam er her, um den morgigen Adventsgottesdienst vorzubereiten.«

      »Und du bist dir sicher, dass es kein Unfall war? Die Orgelpfeife kann nicht von irgendwoher auf ihn herabgestürzt sein?«, fragte Colin und musterte die Pfeife, die noch immer halb auf Cliffords totem Körper lag. Das Ding war fast so lang wie der Tote selbst und hatte fast zehn Zentimeter Durchmesser. Ein langer Riss in ihrer Außenhülle wies darauf hin, dass auch die Pfeife die Begegnung mit Cliffords Schädel nicht unbeschadet überstanden hatte.

      »Natürlich bin ich mir sicher«, sagte Jasper. »Oder siehst du über uns vielleicht irgendwelche Orgelpfeifen? Die befinden sich auf der anderen Seite dieser Wand. Im Kirchraum.«

      »Aber wie ist dann diese Pfeife hierhergekommen?«, wollte Colin wissen.

      »Die stand schon seit einer Ewigkeit auf dem Orgelboden herum. Wir wussten nicht, wohin damit. Sie wurde bei einer Reparatur gegen eine neue Pfeife ausgetauscht und vom Orgelbauer vergessen. Danach stand sie irgendwie immer im Weg und wanderte von einer Ecke in die andere.«

      »Das heißt also, dass die Tatwaffe dem Mörder quasi auf einem Silbertablett serviert wurde. Sieht mir nicht nach einer geplanten Tat aus. Und du hast keine Ahnung, wer bei ihm hier oben gewesen sein könnte?«

      »Clifford ist allein hier heraufgestiegen. Und ich habe auch nicht bemerkt, dass ihm irgendwer gefolgt ist. Die Schauspieler waren alle bei mir unten im Kirchraum«

      »Gibt es einen anderen Weg hierher?«, fragte Colin und sah sich im Halbdunkel des Raumes um.

      »Nein. Hierher führt nur diese eine Treppe, die wir beide gerade heraufgekommen sind.«

      Colin zog eine Augenbraue hoch. »Das bedeutet, der Mörder muss durch den Kirchraum zu ihm heraufgekommen sein. Kann es sein, dass ein Fremder an allen Schauspielern der Krippenspielprobe vorbei unbemerkt bis hierher gelangt ist?«

      Jasper legte die Stirn in Falten. »Nein, das kann ich mir kaum vorstellen. Natürlich ist denkbar, dass ich einen Fremden, der die Kirche betrat, übersehen habe. Ich kann meine Augen ja nicht überall haben. Aber er kann unmöglich von uns allen unbemerkt rein- und wieder rausgeschlichen sein. Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.«

      »Damit wäre der Täterkreis bereits klar einzugrenzen«, stellte Colin fest. »Der Mörder ist demnach unter deinen Darstellern zu finden. Er schlich sich in einem günstigen Moment die Treppe hinauf, erschlug den Organisten mit der Pfeife, kam wieder herunter und nahm seinen Platz im Krippenspiel wieder ein.«

      »Ich kann das nicht glauben«, rief Jasper aus. »Ich kenne die meisten dieser Leute schon genauso lange wie Clifford. Nein. Ich will das auch gar nicht glauben.«

      »Dann schlage ich dir eben ein anderes Szenario vor«, meinte Colin. »Der Orgelpfeife sind Flügel gewachsen, sie hat sich in die Lüfte geschwungen und ist über dem Schädel deines Organisten abgestürzt. Zufrieden damit?«

      »Nicht wirklich«, antwortete Jasper und nahm seine tadellos saubere Brille ab, um die Gläser mit einem Taschentuch abzuwischen.

      Übersprunghandlung, stellte Colin fest. Jasper war noch immer aufgeregt und nicht ganz bei sich. »Nun, ich fürchte, dann bleibt uns nur eine der ersten beiden Versionen. Und die wahrscheinlichere ist, dass der Mörder sich bereits in der Kirche befand und diese nach dem Mord auch nicht direkt wieder verließ. Jetzt sollten wir Mike Dieber dazubitten. Da es sich hier ganz eindeutig um einen Mord handelt, bringen wir uns nur in Schwierigkeiten, wenn wir die Polizei weiterhin außen vor lassen.«

      »Gut.« Jasper setzte sich die Brille wieder auf die Nase. Colin bemerkte, dass die Hand seines Freundes leicht zitterte. »Holen wir Mike dazu. Nein, hol lieber du Mike dazu. Ich möchte hierbleiben. Ich sollte hierbleiben.«

      Colin sah seinen Freund etwas beunruhigt an. Noch immer war der Pfarrer etwas blass um die Nase. »Jasper, bist du sicher, dass du in Ordnung bist? Vielleicht solltest du erst einmal einen Brandy oder so etwas trinken. Das beruhigt die Nerven.«

      »Ich will meine Nerven jetzt nicht beruhigen. Und ich bin auch nicht in Ordnung. Der Mann, der hier vor uns liegt, ist Clifford. Er war mein Freund. Er liebte Mandarinen und Händels Wassermusik. Er ist nicht irgendein namenloser Toter. Er ist auch nicht irgendjemand, den ich gar nicht richtig leiden konnte. Clifford wird fehlen, wird in der Gemeinde eine nicht zu schließende Lücke hinterlassen. Ganz davon abgesehen, dass ich jetzt während der Gottesdienste wohl selbst die Mundharmonika spielen muss, bis sich ein Ersatz СКАЧАТЬ