Rüstungsproduktion in der Mitte Deutschlands 1929 – 1945. Frank Baranowski
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СКАЧАТЬ (RL3) gibt Auskunft über neu angesiedelte, für die Luftwaffe relevante Werke, u. a. Polte in Duderstadt und Oigee in Osterode, und über die Einbeziehung bestehender Firmen in die Rüstungsproduktion. Die Einheiten RL3/​398 und RL3/​424 des Bestandes geben einen quantitativen Überblick über die Luftwaffenfirmen in der Wehrwirtschaftsinspektion XI. Die Unterlagen des Reichswirtschaftsministeriums (BAL, R3101) ermöglichten, weitere Lücken zu schließen. Die beim Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion geführte Firmenkartei (BAL, R4603, ehemals R3) brachte weitere wichtige Erkenntnisse, obwohl sie nur lückenhaft erhalten blieb und daher keine flächendeckende Übersicht bietet. Belegschaftsstruktur und Zwangsrekrutierung ausländischer Arbeitskräfte lassen sich an Hand der Berichte des Rüstungskommandos und der Rüstungsinspektion relativ gut nachvollziehen. Gegliedert nach Wirtschaftsgruppen finden sich in den Unterlagen Beschäftigtenzahlen für die deutsche Industrie in den Jahren 1939 bis 1944. Außerdem ermöglichen die Beschäftigtenmeldungen der Reichsgruppe Industrie, Abteilung Maschinelles Berichtswesen des RMfRuK (BAL, R12I) für den Gau 14 (Südhannover-Braunschweig) umfassende ‚Momentaufnahmen‘.4 Die Meldungen sind – nach Firmen alphabetisch geordnet – für den Zeitraum November 1944 bis einschließlich Februar 1945 erhalten geblieben. Das Bild ergänzen die im Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Hannover, dem NARA Washington und dem IWM London liegenden Demontageunterlagen sowie Bestände der regionalen Kreis- und Stadtarchive. Dank gilt auch der Salzgitter AG, Bosch (Hildesheim) und der Göttinger Firma Ruhstrat, die dem Autor Material aus ihren Werksarchiven zur Verfügung stellten und ihn teilweise sogar die Bestände persönlich sichten ließen. Manfred Heber steuerte weitere Unterlagen zur Geschichte der HEMAF bei, darunter eine Vielzahl bislang unveröffentlichter Fotoaufnahmen.

      Weitaus schwieriger gestaltete es sich, Quellen zum Thema des Aufbaus von Rüstungskapazitäten in der Region Nordthüringen aufzufinden. Unterschiede der Verwaltungsstruktur bedingten, dass Gemeinden, Städte oder Landkreise verschiedenen Ländern oder preußischen Provinzen angehörten. Entsprechend sind die einschlägigen Akten über mehrere Staats- und Landesarchive verteilt. Außerdem sind die Quellen dünner gesät und weniger ausführlich. Die Vierteljahresberichte der Rüstungsinspektion Kassel (RW20 - 9), der „Kriegstagebücher“ der Rüstungskommandos Weimar (RW21 - 62) und Kassel (RW21 - 30) geben, anders als die des Rüstungskommandos Hannover, lediglich einen groben Überblick über den Berichtszeitraum. Auch hier helfen die Eintragungen in der Reichsbetriebskartei (BAL, R4603) weiter.

      Aufschlussreiche Bestände konnten im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar gesichtet werden, insbesondere die Unterlagen der Firmen Rheinmetall Sömmerda, Gebrüder Thiel GmbH (Ruhla), Gebrüder Franke KG (Mühlhausen) und der Südharzer Kaliwerke. Ergiebig war ebenfalls der Weimarer Bestand „Landeskommission zur Durchführung der Befehle 124/​126“, der sich vordergründig mit der Verstaatlichung und Enteignung von Betrieben nach 1945 befasst, zur Rechtfertigung angeordneter Zwangsmaßnahmen oft aber auf die vorangehende Kriegsproduktion verweist. Exemplarisch ist der Nordhäuser Rüstungsbauer MABAG, dessen Betriebsdirektor sich einer Verstaatlichung widersetzte, woraufhin der Betrieb bereits kurz nach Kriegsende in die ‚Treuhänderschaft‘ des Landes Thüringen überführt wurde. Die im Weimarer Hauptstaatsarchiv ausgewerteten Akten der Verstaatlichung von Unternehmen in der Sowjetischen Besatzungszone umfassen neben jeweils einer Firmenchronik teils konkrete Angaben über Art und Umfang der Kriegsproduktion.

      Der Strukturwandel hin zur Rüstungsproduktion, den die Mühlhäuser Industrie vollzog, lässt sich in den Beständen des dortigen Stadtarchivs vergleichsweise gut nachzeichnen. Angeregt durch die Nachforschungen des Verfassers stellte eine Archivmitarbeiterin in akribischer Kleinarbeit ein Dossier der verstreut bewahrten einschlägigen Dokumente zusammen, so dass das Dunkel dieser Phase Mühlhäuser Industriegeschichte gut ausgeleuchtet werden konnte.5 Im Stadtarchiv Nordhausen fanden sich dagegen nur wenige Informationen, trotz der großen Zahl von Rüstungsbetrieben in der Stadt. Die Bestände der Kreisarchive in Nordhausen und des Eichsfeldes, letzteres mit Sitz in Heiligenstadt, ließen insbesondere den Umfang des Zwangsarbeitereinsatzes in der Region erkennen. Damit ergänzten sie die Zahlen, die sich aus den Statistischen Mitteilungsblättern des Gauarbeitsamtes Thüringen sowie den Akten des Arbeitsamtsbezirks Erfurt, aufbewahrt im Staatsarchiv Gotha, ermitteln ließen. Aus ihren Betriebsarchiven steuerten die Firmen NOBAS (Nordhausen) und Meister (Dingelstedt) weitere Unterlagen bei. Material kam zusätzlich von privater Seite, so ein relativ umfangreicher Fundus zur MABAG und zum Schicksal ihres Betriebsdirektors Paul Radtke, der sich gegen die Verstaatlichung des Betriebes gewehrt hatte und im russischen Speziallager Nr. 2 in Buchenwald auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald bei Weimar starb.

      Im Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Hannover (Nds. HStA) lagern die Bestände des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld (Hann. 184). Sie geben Auskunft über die ersten Untertagelager, die das Militär aus Furcht vor der Entdeckung der illegalen Wiederaufrüstung und zur Tarnung ihrer verborgenen Munitionsbestände in stillgelegten Kaliwerken der Südharzregion einrichten ließ. Doch auch die Untertagebauvorhaben sind hier erfasst, die die Rüstungsunternehmen mit Unterstützung der SS Jahre später in der Region aufnahmen. Das Bild rundeten die Bestände der Kaliindustrie des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar sowie Unterlagen des Reichswirtschaftsministeriums (BAL, R3101) ab. Ergänzend wurden zur Unterverlagerung von Rüstungsproduktion Archivalien des Landesarchivs Merseburg (Leuna Werke GmbH, Grün & Bilfinger AG), des Landeshauptarchivs Dessau (Junkers-Werke), des Public Record Office (PRO), London, sowie des National Archives and Record Administration (NARA), Washington, ausgewertet. Ebenso wurden die alliierten Geheimberichte (BIOS- und CIOS-Berichte) gesichtet, zumal sie in Teilen als Kopie in der Universitätsbibliothek Bochum und dem Nds. HStA Hannover leicht zugänglich sind.6 Nähere Auskunft über die Entscheidungsträger und ihre zum Teil erheblich voneinander abweichenden Zielsetzungen geben die Unterlagen des Reichsluftfahrtministeriums (BA-MA, RL3), der Amtsgruppen und Abteilungen im Heereswaffenamt (BA-MA, RH8), der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft (BAL, R125), der Industriebeteiligungsgesellschaft (BAL, R121) und des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion (BAL, R4603). Die Steuerungsmechanismen der Untertageverlagerung und die Struktur der Sonderstäbe, die zur Koordinierung der Untertageprojekte in letzter Minute zusammengestellt wurden, treten darin ans Licht. Zudem ließen sich in den für den Verfasser zugänglichen Betriebsarchiven der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, Bereich KSE (LMBV mbH), ehemals Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung von stillgelegten Bergwerksbetrieben mbH (GVV in Sondershausen), der IVG Immobilien AG (Bonn) und der Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH (VTG in Hamburg) weitere Informationen sammeln.

      Um den Häftlingseinsatz auf den Untertagebaustellen sowie den Industriebetrieben der Region zu erfassen und die damit verbundene Herausbildung eines nahezu flächendeckenden Lagerkosmos nachzuzeichnen, wurde von den Beständen des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar zum Konzentrationslager Buchenwald (NS4) ausgegangen. Im Bundesarchiv Berlin fand sich im herausgelösten Bestand NS4, die Sammlung „Sonstige zentrale Dienststellen und Einrichtungen der SS“ (NS48); er liefert umfangreiches statistisches Zahlenmaterial für diese Nachforschungen. Auch der Bestand „Persönlicher Stab Reichsführer-SS“ (NS19) konnte in Berlin konsultiert werden. Die Dokumentationszentren der KZ-Gedenkstätten Mittelbau-Dora, Buchenwald, Langenstein-Zwieberge, Ravensbrück, Auschwitz und Neuengamme übermittelten weitere wichtige Quellen, so Transportlisten und zahlreiche Kopien aus ausländischen Archiven. Auf gezielte Nachfrage konnten auch Unterlagen des Archivs Yad Vashem, Jerusalem ausgewertet werden. Abschließend bestand im September 2011 die Möglichkeit, die umfangreichen Bestände des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen (ITS) persönlich zu sichten. Bereits in den Jahren zuvor hatte der ITS dem Autor zu Forschungszwecken zahlreiche Kopien, vorwiegend Transport- und Bestandslisten, zukommen lassen.7

      Als besonders hilfreich erwiesen sich die bisher in Deutschland unbeachteten Bestände des Archivs „Service des Victimes de la Guerre“ (AVSG) in Brüssel, die der Verfasser 2008 einsehen konnte. Das heute vom belgischen Gesundheitsministerium (Ministère de la Santé Publique) getragene Archiv bewahrt einen Fundus von Prüfungsunterlagen für Haftentschädigungen auf, die der belgische Staat ehemaligen belgischen Zwangsarbeitern und anderen Opfern der deutschen Besatzung gewährte. Die Prüfung und Auszahlung erfolgte durch eine zu diesem СКАЧАТЬ