Название: Die zweite Reise
Автор: Jannis B. Ihrig
Издательство: Автор
Жанр: Историческая фантастика
isbn: 9783957446695
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Während die Natter sich den Kopf darüber zerbrach, wie sie ihre eingeschränkte Bewegungsfreiheit wieder entfesseln konnte, musste ein anderer Delta-Gatling-Roboter die Erfahrung machen, dass es keine gute Idee war, einem Ork auf den Fuß zu treten.
„Sie können doch nicht einfach so einen 50.000 Kolonialdollar teuren Roboter gegen die Wand treten, Herr!“
„Nun, dass deine … Eisenspinne jetzt zerschmettert an der Wand liegt, scheint aber das Gegenteil zu beweisen“, erwiderte Janok gereizt.
„Janok, du solltest dich entschuldigen“, ertönte eine weibliche Stimme hinter ihm.
„Bei wem ich mich entschuldige, entscheide immer noch ich, kein anderer, erst recht keine Tarborianerin“, erwiderte Janok scharf. Doch dann wandte er sich dem menschlichen Techniker zu und entschuldigte sich: „Es war keine Absicht. Ich bog gerade um diese Ecke, als Ihre Eisenspinne den Gang heruntergeflitzt kam und mir auf den Fuß trat. Da habe ich sie reflexmäßig weggetreten.“
Der Techniker seufzte: „Sie wären aber der Erste, der einen hundert Kilogramm schweren Roboter einfach so wegtritt. Wie soll ich meinem Vorgesetzten erklären, dass einer unserer Roboter nun Schrott ist, nachdem er Ihren Weg gekreuzt hat?“
„Keine Sorge, er wird Ihnen glauben, da ich zufällig Zeuge dieses ungewöhnlichen Aufeinandertreffens wurde.“
Der Techniker sprang auf, drehte sich um und salutierte: „Herr Irving Anderson.“
„Bitte kein Salutieren vor mir. Ich bekleide offiziell keinen militärischen Rang mehr und stehe so als Zivilist vor Ihnen“, bemerkte Irving.
„Ich respektiere Sie auch nicht wegen irgendwelcher Titel, sondern wegen Ihrer Leistung in der gestrigen Schlacht.“
‚Mit einem gigantischen Kampfläufer ist das auch kein Kunststück‘, dachte Irving missmutig, ließ sich aber nichts anmerken und sagte stattdessen: „Lassen Sie sich beim Aufsammeln der Bruchstücke nicht weiter stören.“ Dann wendete er sich an Janok und Schimascha, die hinter ihm standen.
Weil man Irving während seiner Kindheit immer eingetrichtert hatte, dass die Neutralität und Isolation der Menschheit das Beste für die Urvölker Locondias sei, hätte er nie erwartet, einem Ork und einer Tarborianerin zu begegnen. Noch weniger aber, dass sich diese beiden an einem Ort befinden konnten, ohne sich gegenseitig an die Kehle zu springen. ‚Es sind seltsame Zeiten‘, dachte Irving, bevor er mit dem Gespräch begann: „Ich glaube, wir kennen uns noch nicht. Mein Name ist …“
„Irving Anderson. Wir haben schließlich Ohren“, kam ihm der Ork zuvor. „Ich bin Janok und die Tarborianerin heißt Schimascha.“
Irving musste sich daran gewöhnen, dass die Urvölker von Locondia meistens keine Nachnamen trugen, auch nicht in den vielbevölkerten Städten. Dafür geizte das einfache Volk nicht mit Zusätzen, die die besonderen Merkmale eines Individuums hervorhoben, während es bei den Höhergestellten Familiennamen gab. Ein Beispiel waren die Clans der Zwerge.
„Irving reicht. Anderson ist der Name meiner Familie“, klärte Irving auf.
„Dann muss es ja eine bedeutende Familie sein“, bemerkte Schimascha.
Da es tatsächlich der Wahrheit entsprach, nickte Irving nur und versuchte nicht, das menschliche Konzept der Nachnamen zu erläutern. Stattdessen setzte er das Gespräch fort: „Ich muss zugeben, ich habe noch nicht völlig verstanden, was eigentlich in Locondia vor sich geht.“
Der Ork zuckte mit den Schultern: „Was gibt es da viel zu sagen? Die Schattenelfen haben mithilfe der Dämonen und, nehmen Sie es mir nicht übel, Ihrer Mitmenschen die Macht im Elfenreich an sich gerissen und drohen nun, ganz Locondia zu unterwerfen.“
„Und welche Rolle spielen die fünf ungleichen Reiter? Wer oder was sind die überhaupt?“, fragte Irving.
„Ich frage mich auch manchmal, was eigentlich von uns erwartet wird“, murmelte Janok.
Als auf Irvings Gesicht ein überraschter Ausdruck erschien, erklärte Schimascha: „Wir beide gehören zu den ungleichen Reitern. Und eigentlich kann ich Ihnen über uns nicht mehr sagen, außer dass wir von Erwin dem Sonnenelfen höchstpersönlich prophezeit wurden und jeder von uns einen ungewöhnlichen Kampfgefährten hat. Die dürften Ihnen garantiert schon aufgefallen sein.“
Irving nickte. Der Landtintenfisch, der schwarze Drache, der Albinoskorpion, der Basilisk und der Greif waren schwer zu übersehen.
„Warum wir aber so bedeutend sein sollen und welche Rolle wir in diesem Geschehen spielen, kann keiner von uns sagen. Bei der Axt meines Vaters, ich weiß nicht mal, warum ich das Ganze überhaupt mitmache, statt die Sümpfe meiner Heimat zu durchstreifen“, maulte Janok.
„Wer gehört noch zu den Reitern?“, fragte Irving weiter.
„Nun, wie schon erwähnt, wären da ich und der Greif“, begann Janok aufzuzählen. „Schimaschas Kampfgefährtin ist die weiße Goliathskorpionin Alba, dann wären da noch Erwin mit Debecia, dem weiblichen Riesentintenfisch, und Gribus, der Zwerg mit dem steinernen Gesicht. Der reitet Hämatit, den Grünzeug fressenden Drachen. Und zu guter Letzt GKR-3443 mit dem Basilisken Snake.“
Als der Ork GKR-3443 erwähnte, verhärteten sich Irvings Gesichtszüge. „Was genau hat dieser Roboter mit Euch zu tun, Ork?“
Janok, völlig überrascht vom plötzlichen emotionalen Umschwung des Menschen, sah ihn an. „Was er mit mir zu tun hat? Er ist einer von uns und ich hatte schon das Vergnügen, an seiner Seite zu kämpfen. Zugegeben, er ist mir etwas unheimlich, so als Maschine, doch eigentlich ganz in Ordnung.“
„In Ordnung?“, fauchte ihn Irving an und Kristalle brachen aus seinen Schultern hervor. „Er ist ein Roboter mit einem gravierend tödlichen Defekt. Er hat mehrere gute Männer und Frauen auf dem Gewissen. Jetzt muss ich mir anhören, dass er ein legendärer Reiter sein soll, dessen Kommen seit Jahrhunderten prophezeit und erwartet wurde?!“
Weder Janok noch Schimascha wussten, wie sie auf diesen Ausbruch reagieren sollten.
„Falls du Probleme mit mir hast, solltest du mir das ins Gesicht sagen, statt hinter meinem Rücken zu hetzen.“
Diese halb digitale, halb lebendige Stimme jagte Irving einen eiskalten Schauer über den Rücken. Er drehte sich um und sah GKR-3443 in die Augen. Am liebsten hätte der Mensch mit seiner Magie dem Elektro-Cyborg den Stahlschädel mitsamt diesen unnatürlichen Augen weggeblasen, doch er riss sich zusammen. Für den Moment.
Der Roboter starrte ihn an und wusste nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. GKR-3443 war einerseits wütend darüber, wie dieser kümmerliche Mensch auf ihn herabschaute, so wie es alle Menschen mit Robotern taten. Doch gleichzeitig konnte er dessen Wut verstehen. An dem Metall, aus dem er bestand, klebte Blut. Und nicht gerade wenig.
Zum Glück kam in diesem Moment Gribus um die Ecke, erblickte erstaunt das Grüppchen vor sich, erfasste die Lage blitzschnell und entschärfte sie, indem er einfach sagte: „Was auch immer ihr gerade machen wolltet, es muss warten. Wir alle werden nämlich im großen Saal erwartet.“
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