Название: Seewölfe Paket 9
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954394982
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Da waren die Boote der „Revenge“, insgesamt fast ein Dutzend, die sich in wohlgeordneter Formation auf die an der Pier liegenden Schiffe des Seewolfs und Jean Ribaults zubewegten. Die Gruppierung, die sie eingenommen hatten, glich einem Halbmond, dessen äußere Enden nach vorn, auf den „Feind“, gerichtet waren. In einem der mittleren Boote stand Robert Parsons, der erste Offizier, und seine Positur erinnerte an die eines Flottenkommandanten hinter der Schmuckbalustrade einer mächtigen Kriegsgaleone.
Einige der Zuschauer konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es war mittlerweile bekannt, welche Formation die spanische Armada bei ihrem Angriff auf die königlich englische Flotte eingenommen hatte. Und haargenau diese Formation kopierten jetzt die Männer von Admiral Drakes Flaggschiff. Daß sie dies in ihren Ruderjollen taten, hatte etwas höchst Groteskes.
Der weiße Feuerregen, der plötzlich vom Himmel fiel, brachte die „Revenge“-Männer in sichtliche Verwirrung. Allen Schaulustigen wurde jetzt klar, daß Parsons und seine Leute damit gerechnet haben mußten, daß sie unbemerkt die „feindlichen“ Schiffe erreichen würden.
Und dann noch die Tatsache, daß von der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ ebenfalls Boote „in See gegangen“ waren – Boote, deren Besatzungen in äußerst ungeordneter Formation zum Gegenangriff ansetzten.
Zusätzliche Demoralisierung bewirkte bei Parsons Mannen das plötzliche wilde Gebrüll, das die Seewölfe und ihre Kampfgefährten anstimmten. Ihr Schlachtruf hallte wie Donnerbrausen über die weite Wasserfläche der Mill Bay.
„Ar-we-nack! Ar-we-nack!“ Immer wieder stießen sie diesen Ruf aus, während sie mit kräftigen Schlägen auf den Gegner zupullten.
Letzterer geriet in jähes Durcheinander. Die eben noch präzise Schlachtordnung löste sich auf, und es hatte den Anschein, als wußte Robert Parsons nicht recht, ob er zum Rückzug oder zum Angriff blasen sollte. Sein offenkundiges Zögern wurde zu einem nicht wieder auszubügelnden Nachteil für die „Revenge“-Männer.
Die Zuschauer an Land hielten den Atem an. Es war schon ein schaurigeindrucksvoller Anblick, den die Verteidiger der beiden stolzen Schiffe boten. Im Bug jedes Bootes standen mindestens zwei oder drei von ihnen bereit zum Angriff, während die anderen pullten, als gelte es, dem Teufel persönlich ins Gesicht, zu springen.
Die Männer der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ waren mit Enterbeilen bewaffnet, die sich hoch über ihren Köpfen schwangen. Aber da gab es noch andere, die einem unbeteiligten Beobachter leicht einen Schauer über den Rücken jagen konnten: der bullige Profos Edwin Carberry, dem seine bloßen Hände genug waren, um es mit den Angreifern aufzunehmen, der riesenhafte Schiffszimmermann Ferris Tucker, der seine schwere Axt mitgeschleppt hatte und dessen Haare im grellen Licht des chinesischen Feuers einen noch rötlicheren Schimmer hatten als gewöhnlich, und da war der schwarze Herkules Batuti, der seinen mörderischen Morgenstern schwang und seine weißen Zähne blitzen ließ.
Die Distanz zwischen den gegnerischen Parteien schmolz rasch zusammen.
Nur noch zehn Yards, bis sich die ersten Boote begegnen würden. Das Kampfgebrüll der Seewölfe und ihrer Gefährten steigerte sich zu einem donnernden Inferno.
Auch Robert Parsons schrie jetzt Befehle und versuchte, Ordnung in seine verwirrte Flotte zu bringen, um sie nun doch noch zum Angriff zu bewegen.
Zu spät.
Die „Revenge“-Männer schafften es nicht einmal mehr, ihre Boote auf Kurs und die Riemenschläge in einen einigermaßen brauchbaren Takt zu bringen.
Eines der „Vengeur“-Boote war zuerst dran, zersplitterte vier Riemen auf einmal unter seinem Kiel, und im Vorbeigleiten ließen Pierre Puchan und Grand Couteau auf geradezu elegante Weise ihre Entermesser kreisen. Trokkene Schläge hackten in das Holz des „Revenge“-Bootes, bevor dessen Besatzung auch nur zu einer Gegenwehr ansetzen konnte. Schon drehte das Boot mit Pierre Puchan und Grand Couteau ab, und die fassungslosen „Revenge“-Männer mußten erkennen, wie es durch zwei Lecks in ihrer Nußschale hereinsuppte.
Das Gebrüll der Seewölfe steigerte sich zu erstem Triumph.
Und dann ging es Schlag auf Schlag, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ferris Tucker ließ sich seelenruhig auf eins der Gegner-Boote zudirigieren. Während sein Nebenmann Luke Morgan die aufgescheuchten Verteidiger im Heck dieses Bootes auf Distanz hielt, zerschmetterte Tuckers Axt den Spiegel mit weniger als einem halben Dutzend wohlgezielter Hiebe. Das Boot sackte weg wie ein Stein, und seine Besatzung ergoß sich als schreiendes Knäuel in die nachtdunklen Fluten der Mill Bay.
Batutis Morgenstern sorgte bei einer anderen Bootsbesatzung für Panik. Schon der Anblick der furchtbaren Waffe, die der gambische Herkules in kreisende Bewegung versetzte, genügte für zwei, drei Männer, fluchtartig über Bord zu springen. Auch die anderen begriffen in ihrer Angst zu spät, daß Batuti nicht sie als Zielscheiben ausgesucht hatte, sondern lediglich die Bootsbeplankung mit wenigen kraftvollen Schlägen seines Mordinstruments in Trümmer legte.
Edwin Carberry ließ ein Gegner-Boot, das er aufs Korn genommen hatte, kurzerhand rammen. Mit einem Satz enterte er über. Und wie es der Zufall wollte, handelte es sich um Robert Parsons’ Boot. Drakes erster Offizier wurde weiß im Gesicht, als er sich zum zweiten Mal an diesem Abend den Riesenpranken des Profos ausgeliefert sah.
Zum zweiten Mal an diesem Abend mähte Carberry Drakes „Ersten“ von den Füßen. Nur gab es diesmal keinen Fußboden, von dem Parsons sich wieder aufrappeln konnte. Er versank gurgelnd, tauchte wieder auf und strebte mit verzweifelten Schwimmzügen dem Kai entgegen.
Dorthin, wo sich die Menschenmenge zu immer begeistertem Beifallsgeschrei steigerte. Das, was die Seewölfe und ihre Freunde hier boten, war wirklich eine Augenweide! Eine Seeschlacht im Kleinformat!
„Die Schlacht auf der Mill Bay!“ schrie jemand, und der Ruf pflanzte sich mit rasender Geschwindigkeit fort.
Schon jetzt stand fest, daß auch dieses Ereignis in die Geschichte der Stadt Plymouth eingehen würde – als eine Geschichte, bei der die Großväter noch in hundert Jahren schmunzeln würden, wenn sie sie ihren Enkeln am Kaminfeuer erzählten.
Edwin Carberry ließ seine mächtigen Fäuste kreisen, bis er auch den letzten „Revenge“-Mann von Bord gefegt hatte. Dann erst kehrte er auf sein eigenes Boot zurück.
Der letzte Widerstand der Drake-Crew schmolz rasch zusammen. Ohnehin hatten sie dem wild entschlossenen Angriff der Seewölfe und der Ribault-Crew nicht viel entgegenzusetzen gehabt. Denn für ihr Vorhaben, die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ zu versenken, hatten sie sich mit vorwiegend geräuscharmen Geräten, wie Bohrern und Sägen, ausgerüstet.
Die Enterbeile der Seewölfe und ihrer Gefährten blitzten, Ferris Tukkers Axt fand reichliche Ernte, und Batutis Morgenstern kreiste unablässig. Bootsplanken splitterten und krachten, und in rascher Folge ging ein „Revenge“-Mann nach dem anderen über Bord.
Unter dem tosenden Johlen der Zuschauer an Land blies Edwin Carberry den Einsatz schließlich ab.
Lediglich Old O’Flynn und Will Thorne schossen immer noch ihr chinesisches Feuer ab.
Die Feuerkugeln erhellten eine jämmerliche Niederlage der Männer von Drakes Flaggschiff. Nur noch vier Boote waren heil geblieben. In weitem Umkreis trieben Splitter und Planken auf dem Wasser der Bucht, und dort, wo die „Revenge“ im Halbdunkel lag, kroch eine triefendnasse Gestalt nach der anderen an Land.
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